Neuer Dämmstoff aus Rohrkolben (Typha)

Typha als Dämmung für historische Fachwerkgebäude

Neuer Dämmstoff aus Rohrkolben (Typha)

Für die energetische Sanierung von Alt- und insbesondere Fachwerkbauten gelten spezielle Anforderungen an das verwendete Dämmmaterial: Hierzu zählen beispielsweise minimierte Wandstärken unter 20 cm, ein Aussteifen des Fachwerkgefüges, ein homogener, diffusionsoffener Wandaufbau sowie das schadensfreie Kombinieren mit den historischen Gefachfüllungen.

Unter der Leitung des Büros für Denkmalpflege und Baustoffentwicklung, Postmünster, gelang es nun, die Vereinbarkeit von Denkmalschutz und energetischer Nachrüstung für einen neuartigen Dämmstoff aus Typha-Platten (Rohrkolben) nachzuweisen.

Materialverträglichkeit von historischem Gebäudebestand mit Typha-Ergänzung
Materialverträglichkeit von historischem Gebäudebestand mit Typha-Ergänzung

Neuer tragfähiger Dämmstoff

Rohrkolben (Typha spec.) sind unempfindliche Sumpfpflanzen, die jedes Jahr ca. 15 Tonnen Trockenmasse pro Hektar hervorbringen (entspricht ca. 150 bis 250 m3 Baustoff). Ein faserverstärktes Stützgewebe, kombiniert mit einem weichen offenzelligen Schwammgewebe verleiht den Blättern eine hohe Statik und eine ausgezeichnete Dämmwirkung. Diese spezifischen Pflanzeneigenschaften nutzte die Firma typha technik Naturbaustoffe, Schönau, zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Bauphysik, Valley, um einen magnesitgebundenen isotropen Typha-Plattenwerkstoff zu entwickeln. Beispielgebend zum Einsatz kam die neue Typha-Platte in Nürnberg bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkgebäudes aus dem späten 17. Jahrhundert.

Durch eine Kombination von Gefach- und Innendämmung gelang es hier, bei einer Wandstärke von nur 20 cm inklusive Wandheizung einen Wärmedurchgangskoeffizienten von etwa 0,35 W/m2K zu erreichen. Zusätzlich wurde die Typha-Platte im Erdgeschoss mit Massivmauerwerk als Innendämmung eingesetzt.

Anschnitt einer Typha-Blattspitze unter dem Mikroskop
Anschnitt einer Typha-Blattspitze unter dem Mikroskop

Bauphysikalische Tauglichkeit belegt

Der Einsatz des Wandaufbaus wurde durch das IBP zunächst über eine Software simuliert und dann vor Ort überprüft. Messungen über zwei Heizperioden hinweg belegen die bauphysikalische Tauglichkeit. Mit der Typha-Dämmplatte steht daher ein Dämmmaterial zur Verfügung, das eine Reihe zusätzlicher, positiver Eigenschaften besitzt:

  • Baustoff mit einzigartiger Kombination von Trag- und Dämmeigenschaften
  • Nachwachsender Rohstoff mit sehr hoher, natürlicher Schimmelpilzresistenz
  • Guter Brand-, Schall- und sommerlicher Wärmeschutz
  • Einfache Verarbeitbarkeit mit allen gängigen Werkzeugen
  • Materialverträglichkeit bei Kontakt zur historischen Substanz
  • Relativ diffusionsoffen und kapillaraktiv
  • Energiearme Produktion
  • Rückführbarkeit in den Stoffkreislauf
Winterernte von Rohrkolben (Typha)
Umweltschonend: Winterernte von Rohrkolben (Typha)

Umwelttechnische Relevanz

Neben dem Einsatz als nachwachsender Dämmstoff können Typha-Bestände weitere Beiträge zum Umweltschutz leisten:

  • Bindung von CO2 und anderen Treibhausgasen bei Anbau auf Niedermoorböden
  • Bewirtschaftungsalternative als Dauerkultur in Moorgebieten und Flussauen
  • Reinigung von nährstoffbelastetem Oberflächenwasser
  • Ernte in den Wintermonaten, sodass die Tier-Bestände nicht gestört werden
  • Kombination mit Fischzucht auf ökologischer Basis möglich
  • Anbaufläche als Retentionsfläche für Überschwemmungsschutz geeignet

Projektthema:
Typha als Dämmung für historische Fachwerkgebäude

Projektdurchführung:
typha technik Naturbaustoffe, Schönau

E-Mail: w.theuerkorn@gmail.com
www.typhatechnik.com

Kooperationspartner:
Altstadtfreunde Nürnberg e. V.,
Nürnberg
www.altstadtfreunde-nuernberg.de

Architekturbüro Fritsch-Knodt-Klug, Nürnberg
www.fritsch-knodt-klug.de

Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP)

www.ibp.fraunhofer.de

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

www.blfd.bayern.de


AZ 27918