Bildungsprogramm vermittelt Jugendlichen politische Handlungskompetenzen in Sachen Klimaschutz

ESD for 2030: KLIMA-AKTIV. Klimaschutz aktiv gestalten und politische Handlungskompetenzen entwickeln

Jugendliche sollen im Projekt als „Change Agents“ ausgebildet werden, die den gesellschaftlichen Wandel konstruktiv mitgestalten.  © Canva/Lydie_B
Jugendliche sollen im Projekt als „Change Agents“ ausgebildet werden, die den gesellschaftlichen Wandel konstruktiv mitgestalten.
Die adressierten Nachhaltigkeitsziele des Projekts. © Deutsche Bundesstiftung Umwelt / UN Global Goals
Die adressierten Nachhaltigkeitsziele des Projekts. Das Bild ist verlinkt mit der Aufzeichnung der Kurzvorstellung dieses Projekts auf der digitalen Auftaktveranstaltung zur DBU-Ausschreibung „Nachhaltigkeitsdilemmata und Umgang mit Unsicherheiten“ vom 21. Juni 2021.

Die Kurzvorstellung dieses Projekts auf der digitalen Auftaktveranstaltung zur DBU-Ausschreibung „Nachhaltigkeitsdilemmata und Umgang mit Unsicherheiten“ vom 21. Juni 2021 finden Sie auf unserem YouTube-Kanal.

 

Der Prozess einer tiefgreifenden Klimaschutz-Transformation braucht aktive „Change Agents“ bzw. lokale Akteurinnen und Akteure, die den gesellschaftlichen Wandel konstruktiv mitgestalten. Studien der Jugendforschung belegen, dass sich junge Menschen mit globalen Fragen und auch mit Umweltfragen auseinandersetzen und ihre Bereitschaft, sich politisch zu beteiligen, wächst. Gleichwohl hängen sowohl die Partizipationsbereitschaft als auch die Realisierung von sozialem und politischem Engagement von vielfältigen Faktoren wie beispielsweise dem Bildungsstand ab.

Gegenstand des Projektes ist es, Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulformen und -stufen bei der Entwicklung und Umsetzung eigener, klimapolitischer Projekte zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, politische Handlungskompetenzen zu erwerben und erproben. Das Modellprojekt wird im Landkreis Lüchow-Dannenberg an insgesamt vier weiterführenden Schulen umgesetzt. Dafür wurden neben einem Gymnasium auch zwei Gesamtschulen (mit und ohne gymnasiale Oberstufe) sowie eine Berufsbildende Schule ausgewählt.

Strahlkraft des Modellprojektes

Um eine Übertragbarkeit des Modellprojektes auch auf andere Regionen zu gewährleisten, soll der Prozess wissenschaftlich durch die Koordination am Institut für Didaktik der Demokratie (IDD) an der Leibniz Universität Hannover begleitet werden. Gleichzeitig findet eine Erarbeitung und Verbreitung didaktischer Materialien für den schulischen und außerschulischen Umweltbildungskontext statt. Beispielsweise wurde bereits ein online verfügbarer Learning-Snack erstellt und verbreitet, mit dessen Hilfe sich Schülerinnen und Schüler eigenständig oder in Begleitung einer Lehrperson Grundlagen zum Themenkomplex Klimakrise und Nachhaltigkeit erarbeiten können.

Darüber hinaus fand bereits eine Veröffentlichung von fachwissenschaftlicher Expertise in verschiedenen Kontexten statt. So wurden nicht nur Beiträge in einschlägigen Fachzeitschriften publiziert, sondern das Projekt darüber hinaus auch auf mehreren Fachtagungen vorgestellt und diskutiert. Auf diese Weise soll ein fachlicher Austausch über Ideen und Vorgehen im Projekt gewährleistet und in Verbindung mit einer Printdokumentation des Gesamtprozesses die Grundlage für Lehr-Lern-Materialien zu jugendpolitischem Klima-Engagement geschaffen werden. Ergänzend ist in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Niedersachsen der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung eine Fortbildungsveranstaltung für Lehrkräfte geplant, die mit den Schwerpunkten Bildung für nachhaltige Entwicklung, Demokratiebildung, politische Bildung und Projektlernen die Ergebnisse des Projektes für Lehrkräfte und Schulen im ganzen Land zugänglich machen soll.

 Projektziele sind:

  • Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, als Veränderungsakteurinnen und -akteure nicht nur auf der individuellen Ebene, sondern auch auf der institutionellen und der kommunalpolitischen Ebene die Transformation voranzutreiben,
  • Jugendlichen zu ermöglichen, die Potenziale und Schwierigkeiten unterschiedlicher politischer Ebenen in Bezug auf die Umsetzung bestimmter Forderungen kennenzulernen und dabei zu lernen, mit Unsicherheiten, Widerständen und auftretenden Dilemmata umzugehen,
  • mithilfe vielfältiger, auf junge Menschen angepasster Lehr- und Lernformate den Zielgruppen einen Entwicklungsprozess zu ermöglichen, das eigene Lebensumfeld als klimamündige Bürger zu gestalten und dabei Selbstwirksamkeit in Bezug auf den Klimaschutz zu erfahren,
  • die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zu schaffen, politische und gesellschaftliche Spannungen und Konflikte innerhalb der Transformationsprozesse wahrzunehmen und kooperative Lösungsansätze hierfür zu entwickeln.
  • anknüpfend auch an eigene Erfahrungswelten und unter Einbeziehung verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure den Zielgruppen die Aneignung von Urteils- und Handlungskompetenzen zu ermöglichen und die Entwicklung von Strategien und Möglichkeiten zum aktiven Handeln aus vielfältigen Dilemma-Situationen heraus zu eröffnen sowie
  • zu vermitteln, dass Kompromisse, die sich aus politischen Kontroversen ergeben, nicht als Niederlage, sondern als Teil entsprechender Prozesse zu verstehen sind.

 Mehr als 30 Workshops und Exkursionen

Im Zuge des auf drei Jahren angesetzten Projektes steht, neben der Entwicklung und dem Ausloten von kooperativen und kollaborativen Strategien, auch die Einbeziehung von unterstützenden Akteurinnen und Akteuren aus Zivilgesellschaft, Verwaltung, Politik und/oder Wirtschaft im Fokus. Kinder und Jugendliche sollen im Rahmen des Projektes Kompetenzen stärken und erwerben, die es ihnen erlauben, Unsicherheiten in Transformationsprozessen auszuhalten (Frustrationstoleranz, Ambiguitätstoleranz). Für klimapolitische Dilemma-Situationen sollen Urteile über verschiedene Handlungsmöglichkeiten erarbeitet und partizipativ in konkrete Klimaschutzaktivitäten übersetzt werden. Das Projekt soll dabei in fünf Phasen – begleitet durch mehr als 30 Workshops und Exkursionen – eingeteilt werden:

  • Analyse der Themenfelder, Interessenlage und Politikfelder (Phase 1),
  • Identifizierung von Dilemmata sowie Planung von Klimaschutz-Projekten (Phase 2),
  • Umsetzung der ausgewählten Klimaschutz-Projekte (Phase 3),
  • Reflektion der Lern- und Partizipationserfahrungen (Phase 4) sowie
  • Vorbereitung einer Verstetigung des jugendpolitischen Klima-Projekts in Schule und sozialem Nahraum (Phase 5).

Im ersten Schuljahr fanden bereits insgesamt 13 Workshops in den vier Gruppen sowie zwei gemeinsame Großveranstaltungen mit mehreren Gruppen statt. Dafür wurden didaktische Materialien entwickelt, die den Schülerinnen und Schülern einen inhaltlichen Einstieg in den Themenkomplex Klimakrise und Nachhaltigkeit ermöglichten und die Grundlage für die selbstbestimmte Auswahl der konkreten Themen für ihre Projekte schufen. Im weiteren Verlauf wurden die Workshops als Begleitung bei der Planung und Umsetzung der Projekte gestaltet. Im Fokus standen dabei eine auf die Interessen der jeweiligen Gruppe ausgerichtete inhaltliche Vertiefung, eine Diskussion von Dilemmata und Widersprüchen, die sich im jeweiligen Thema unweigerlich ergeben, sowie eine Reflexion der Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler. Die Großveranstaltungen wurden für Aus- und Rückblicke genutzt und dafür, die Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Schulen miteinander in Austausch zu bringen und zu vernetzen.

Die zu behandelnden Themen werden von den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst gewählt. Die Schülerinnen und Schüler haben dabei ganz unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Eine Gruppe setzt sich ausgehend von der Forderung, eine kostenfreie Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu ermöglichen, mit Aspekten der Mobilitätswende auseinander und steht dafür unter anderem mit der Mobilitätsagentur des Landkreises in Kontakt. Eine andere Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, mit der Pflanzung von Obstbäumen zur Nachhaltigkeit ihrer Schule beizutragen, und tauschte sich dafür bereits mit einem lokalen Streuobstwiesen-Verein über die ökosystemische Einbindung von Obstbäumen und die Bewirtschaftung einer solchen Wiese als Solidarische Landwirtschaft aus. Eine dritte Gruppe betrachtet das hohe Müllaufkommen auf ihrem Schulhof als großes Problem und entwickelt deshalb ein Projekt, um ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen und das Müllaufkommen an ihrer Schule zu verringern. Die vierte Gruppe besteht aus jungen Landwirtinnen und Landwirten in Ausbildung. Ihnen ist es besonders wichtig, eine landwirtschaftliche Perspektive auf Klimakrise und Klimaschutz in die Öffentlichkeit zu tragen und mit anderen in Austausch darüber zu kommen. Dafür hat die Gruppe bereits einen Instagram-Kanal erstellt.

Die Themenschwerpunkte greifen die Interessenlagen der Kinder und Jugendlichen auf und bieten einen guten Resonanzraum für eine kritische Reflexion eigener Verhaltensweisen und für die Entwicklung neuer Handlungsstrategien. Mögliche Dilemma-Situationen bei Entscheidungen im Lebensalltag der Zielgruppen und Optionen für den konstruktiven Umgang damit können anschaulich vermittelt und in konkreten Aktionen, die von den Jugendlichen selbst gestaltet und durchgeführt werden, erprobt und angewendet werden. Durch die Einbindung weiterer wichtiger Institutionen wie u. a. das Kultusministerium Niedersachsen, die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung, Landesverband Nds., oder die Universität Kassel bietet das Projekt insgesamt sehr gute Möglichkeiten zur Verankerung und Verstetigung von jugendpolitischen Initiativen im Klimaschutz.

 

Projektdurchführung:
Leibniz Universität Hannover Institut für Didaktik der Demokratie
30167 Hannover
www.idd.uni-hannover.de/de/forschung/projekte/klima-aktiv/

DBU-AZ: 35600/91

Förderzeitraum: Januar 2021 – Dezember 2023

Stand: 15.07.2021