Urwälder in (Mittel)Europa – Verantwortung übernehmen für das Europäische Naturerbe (Urwald-Verantwortung)

Projekt aus der internationalen Förderung

AZ 37524 Urwald © Alexander Bittner, Deutsche Bundesstiftung Umwelt
AZ 37524 Baumstumpf Urwald © Alexander Bittner, Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Gegenstand und Ziele des Projektes

Die Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg fokussiert im Vorhaben in Kooperation mit weiteren Partnern aus den Bereichen Wissenschaft und -Zivilgesellschaft Maßnahmen zum Schutz der letzten großflächigen europäischen Urwälder in Rumänien (Karpaten). Schwerpunkte sind die Bereiche Identifizierung und Dokumentation von rumänischen Urwäldern in der Karpaten-Region sowie Capacity-Building und touristische Wertschöpfung. Damit soll ein wichtiger Beitrag zur Sicherung dieses europäischen Naturerbes geleistet werden. Das Projekt soll beispielgebende Impulse im Urwaldschutz geben und Best-Practice-Empfehlungen für notwendiges Engagement auch anderen Akteuren bereitstellen.

Die letzten großflächigen mitteleuropäischen Urwälder in den Karpaten spielen als geschlossener Landschaftsraum für den europäischen Waldnaturschutz und für den Schutz von Quellpopulationen der Großkarnivoren eine zentrale Rolle. Initiativen, die auf einer regionalen Ebene Wildnisgebiete in regionale Wertschöpfungskonzepte, beispielsweise im Bereich des nachhaltigen Tourismus einbinden, erlauben eine alternative Wertschöpfung zur forstwirtschaftlichen Nutzung dieser alten und Urwälder. Hilfestellungen für rumänische Akteure bei der Umsetzung und Förderung nachhaltiger Projekte, die nicht die einzigartigen ökologischen Qualitäten gefährden, sollen gleichfalls über das Vorhaben gleistet werden.

Mit folgenden Maßnahmen sollen die Projektziele erreicht werden:

  • Identifizierung und Kartierung ökologisch und wissenschaftlich besonders wichtiger Urwaldgebiete als Vorschläge zur Aufnahme in einen Nationalen Katalog der Urwälder und Quasi-Urwälder für Rumänien. Es soll eine Fläche von bis zu 2 000 Hektar bislang nicht hinreichend dokumentierter Urwälder identifiziert, kartiert und inventarisiert und gemeldet werden.
  • Organisation und Durchführung von Methodenworkshops (Capacity-Building) zur Kartierung und zum Monitoring von (Ur-)Waldrefugien. Es soll gelingen, forstlich/ökologisch kompetente rumänische Wissenschaftler:innen mit dem methodischen Know-how auszustatten, um Kartierungen und Studien für Urwaldgebiete über den Projektzeitraum hinaus selbstständig durchführen zu können. Mindestens zehn Wissenschaftler:innen sollen auch mit technischem Know-how zur Identifikation und zum Monitoring von illegalen Eingriffen in Schutzgebiete vertraut gemacht werden. In Rumänien mangelt es sowohl an Basiswissen, insbesondere aber auch an den Voraussetzungen, um moderne Geräte einsetzen (u. a. digitale Messgeräte und Drohnen) und Datenquellen wie Satellitendaten auswerten und in Beziehung zu Felddaten setzen zu können.
  • Identifikation regionaler Wertschöpfungsoptionen für Kommunen/ländliche Regionen auf Basis von Urwäldern. Es bedarf konkreter Beispiele, die auf einer regionalen Ebene Wildnisgebiete in regionale Wertschöpfungskonzepte einbinden. Es ist nicht hinreichend, wenn beeindruckende Wälder nur wenigen Spezialist:innen zugänglich sind. Entsprechend sollen rumänischen Akteuren Hilfestellungen für die Umsetzung von nachhaltigen touristischen Konzepten bereitgestellt werden. In zwei Talgemeinschaften sollen gemeinsam mit lokalen Akteur:innen neue Wertschöpfungsmodelle identifiziert und in mindestens einer der Talgemeinschaften Best-Practice-Ansätze konzipiert werden.
  • Transfer & Öffentlichkeitsarbeit soll u. a. über die Durchführung analoger wie digitaler Workshops zum Aufbau entsprechender Kapazitäten befördert werden. Erfahrungen aus deutschen und österreichischen Wildnisgebieten werden über Kooperationen mit dortigen Fachexpert:innen berücksichtigt. Projektergebnisse werden kontinuierlich Fachmedien zur Verfügung gestellt und auch wissenschaftlich publiziert.

 

Innovation und Modellhaftigkeit des Projektes

Die Projektinhalte fokussieren ein Thema von herausragender Bedeutung auf europäischer Ebene, da der größte Teil der letzten europäischen Urwälder in der Karpatenregion lokalisiert ist. Die Maßnahmen sind geeignet, um im Bereich des Schutzes alter und Urwälder in den rumänischen Karpaten signifikante Wirkung zu erzielen. Im Vorhaben werden Fortbildungsinhalte fokussiert, die bislang in Rumänien noch nicht hinreichend Berücksichtigung erfahren (insb. in den Bereichen Kartierung, Monitoring, Fernerkundung). Auch werden neue gesetzliche Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene wie EU-rechtliche Aspekte vermittelt. Hinsichtlich regionaler Wertschöpfungsoptionen für Kommunen/ländliche Regionen auf Basis der zu schützenden Urwälder sollen neue Konzepte gemeinsam mit Talgemeinschaften entwickelt und prioritäre Maßnahmen zur Förderung der Tourism Capacity identifiziert werden. Lokale/regionale Akteur:innen/Stake­holder:innen werden in die Durchführung von Praxisworkshops aktiv eingebunden, wobei auch die Durchführung von konkreten Praxiserprobungen mit lokalen Akteur:innen vorgesehen ist, um alternative Nutzungsperspektiven des Waldes erfahrbar zu machen. In Workshops und Fachdiskussionen wird den Themen Wertschöpfung/Regionalent­wicklung somit Raum gegeben und Erfahrungen aus deutschen und österreichischen Wildnisgebieten aktiv eingebunden. Mit diesem Vorhaben und einem DBU-geförderten Vorläuferprojekt (AZ 34044) gelingt es, insgesamt über 7 000 ha alte und Urwälder zu untersuchen und deren Meldung an den Nationalen Katalog der Urwälder und Quasi-Urwälder in Rumänien zu realisieren.

 

Besondere Aspekte des Projektes

Das Gesamtvorhaben zeigt auf, wie Maßnahmen zur Inventarisierung von alten und Urwäldern in die Überführung von Waldökosystemen in einen Schutzstatus münden und zu neuen Formen einer nachhaltigeren Wertschöpfung führen können. Hierüber kann die Akzeptanz von Maßnahmen zum Schutz von Waldökosystemen in Gesellschaft, aber auch Politik und Administration in Rumänien befördert werden. Zeitgleich liefert das Vorhaben ein Modell, welches ggf. auch in anderen MOE-Ländern adaptiert werden könnte.

 

Förderthema: FT 11: Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung in Nutzlandschaften und Schutzgebieten

Kooperationspartner:

Wirkungsorte: Baden-Württemberg und Rumänien

Förderzeitraum: Oktober 2021 bis April 2024

Projektkosten: Gesamtvolumen: 149 540 Euro, Förderung durch DBU: 124 540 Euro

DBU-AZ: 37524


Stand: 20.05.2022