Aktenzeichen | 23687/01 |
Abschlussbericht: | |
Projektträger: | Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften
Professur Naturschutz und Landschaftsökologie
Tennenbacher Str. 4 79106 Freiburg weitere Projekte aus der Umgebung |
Telefon: | 0761/203-3634 |
Internet: | https://www.landespflege-freiburg.de |
Bundesland: | Baden-Württemberg |
Beschreibung: | Zielsetzung und Anlass des Vorhabens Historische Trockenmauerweinberge sind eindrucksvolle Dokumente menschlichen Gestaltungswillens und der Geschichte des Weinbaus. Zudem bieten sie Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. In den vergangenen Jahrzehnten wandelte man sie auf Grund ihrer ungünstigen betriebswirtschaftlichen Situation in ertragreichere Produktionsflächen um oder gab ihre Nutzung dort auf, wo eine Flurneuord-nung nicht möglich war. Nur ein bescheidener Teil wird heute noch in traditioneller Weise bewirtschaftet, so dass er seinen historischen Charakter behielt. Das Ziel des Vorhabens bestand darin, einen Leitfaden für den Erhalt historischer Terrassenweinberge gemeinsam mit Winzern, der Denkmalpflege, dem Natur-schutz, der Politik und Verbänden zu erarbeiten. Darüber hinaus sollte das Bewusstsein von Nutzern und Schützern für ihre hohen kulturellen, ästhetischen, sozialen, ökonomischen und naturwissenschaftlich begründeten Werte geweckt und gestärkt werden. Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas transdisziplinäre Forschungskonzept gliederte sich in sieben Arbeitsschritte: Landschaftsanalyse Modul I und II (Dokumentation des Landschaftswandels, Kartierung baulicher Strukturen und der Vegetation, Erarbeitung von Trockenmauer- und Treppentypologien, Analyse des Entwässerungssystems, Definition von Bewertungskriterien), Erhebung des Meinungsbildes von Jugendlichen sowie von Experten des Weinbaus (elf Personen) und -handels (vier Personen), Politikfeldanalyse, Leitfadenentwicklung/ Abschlusskonferenz. Die Arbeiten waren in verschiedene Ansätze der Akteursbeteiligung, der Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit eingebettet. Angewendet wurden Methoden der historischen Geographie, der empirischen Sozialforschung und teilweise der Vegetationsökologie. Um die Übertragbarkeit auf andere Trockenmauerweinberge sicherzustellen, wurden sechs Weinberge mit unterschiedlicher geologischer Ausgangssituation, Geschichte und gegenwärtigen Nutzung in Südwestdeutschland und der Schweiz untersucht. Die Erhebung des Meinungsbildes von Jugendlichen (127 Befragte) hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Heimatlandschaft und deren Schutzwürdigkeit wurde in zwei Weinbaugemeinden durchgeführt (Roßwag/ Enzkreis und Pfaffenweiler/ Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, beide Baden-Württemberg). In Roßwag entspricht die Landschaft weitgehend dem traditionellen Bild. Pfaffenweiler ist dagegen ausschließlich von flurbereinigten Weinbergen umgeben. Dieser Arbeitsschritt sollte klären, ob und wie die unterschiedliche Landschaftsqualität das Meinungsbild der Jugendlichen beeinflusst und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Ergebnisse und Diskussion Wenn auch die Fläche der historischen Weinbaukulturlandschaft in jüngerer Zeit stark abgenommen hat, blieben bis heute einige ausgesprochen vielfältige Terrassenweinberge erhalten. Deren Diversität wird in den unterschiedlichen Gesamtanlagen, den Mauern und Treppen, der speziellen Wasserableitung sowie der Flora und Vegetation deutlich. In den untersuchten Weinbergen wurden elf Treppentypen und zwei grundsätzliche Muster der Wasserableitung angetroffen. Die Mauertypen variieren sehr stark. Sie hängen vom verwendeten Steinmaterial, dem Erbauer und den gewählten Konstruktionsmethoden ab. Ihre Typisie-rung erlaubt Rückschlüsse auf die Entstehung, die (ehemaligen) Besitzverhältnisse und die Entwicklungs-geschichte der Terrassenweinberge. Die Erhebung des Meinungsbildes der Jugendlichen zeigte, dass die Befragten, die Weinbergslandschaft, die sie umgibt, gut kennen und differenziert wahrnehmen. Sie schätzen die Schönheit und Eigenart der historischen Terrassenweinberge. Gleichzeitig benennen sie die anstrengende Handarbeit und die höheren Produktionskosten als limitierende Faktoren ihrer Erhaltung. In den Einstellungen der Jugendlichen aus den zwei Orten wurden signifikante Unterschiede festgestellt, die auf die landschaftliche Qualität der Rebberge zurückgeführt werden können. So führen etwa die Vielfalt und damit das größere Erlebnispotenzial der Landschaft um Roßwag zu einem deutlich größeren Interesse an ihrer Bewahrung und der Sicherung der traditionellen Landnutzung. In den Experteninterviews standen die Motivation der Befragten zur Nutzung der Terrassenweinberge, die Verbindung von landschaftlicher Quali-tät und Weinmarketing sowie potenzielle Ansätze der Erhaltung von historischen Rebflächen im Zentrum. Es bestand einhellige Meinung darüber, dass Terrassenweinberge, soweit sie das standörtliche Potenzial zur Erzeugung von hochwertigen Weinen mitbringen, zu Orten der Produktion von Spitzenweinen werden müssen. Schönheit und Eigenart der Landschaft, naturnahe An- und schonende Ausbaumethoden sowie die Persönlichkeit des Winzers wurden als Schlüsselfaktoren eines nachhaltigen Weinmarketings genannt. Das ökonomische Potenzial der Terrassenweinberge sowie die Wahrnehmung ihres sozio-kulturellen Wertes und das damit verbundene Heimatgefühl sind für die Winzerinnen und Winzer die wichtigste Triebkraft zur Bewirtschaftung der historischen Lagen. Die Breite der Ergebnisse bildete die Grundlage für die Ausarbeitung des Leitfadens zum Erhalt der histori-schen Terrassenweinberge. Er gibt einen ausführlichen Überblick über die prägenden Elemente historischer Terrassenweinberge (bauliche Strukturen, Elemente der natürlichen Geländemorphologie, Flora und Vegetation). Er erläutert die Effektivität der Nutzung von natürlichen Ressourcen durch frühere Winzerge-nerationen und stellt die Terrassenlagen als Ergebnis des Zusammenspiels von natürlichen Bedingungen und sozialen Verhältnissen vor. In seinem Hauptteil werden Kriterien zur Bewertung historischer Terrassenweinberge aus Sicht der Denkmalpflege und des Natur-schutzes formuliert, Methoden zur Erfassung, Sanierung und Pflege vorgestellt und diskutiert sowie Instrumente (finanzielle, ordnungsrechtliche, planerische, organisatorische, informationelle) zu ihrer Erhaltung aufgezeigt. Die Zusammenfassung der Hintergründe, Methoden und Ergebnisse eines Fallbeispiels (Castellberg-Pro-jekt, Ballrechten-Dottingen, Südbaden) veranschaulicht die im Leitfaden präsentierten Strategien. Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation Das Projekt war und ist in der Öffentlichkeit in verschiedenen Formen präsent. Neben einem zweisprachi-gen Faltblatt (deutsch/englisch) wurde eine Projekthomepage (http://www.landespflege-freiburg.de/HistorischeWeinberge/index.html) entwickelt. Ziele, Methodik und Ergebnisse wurden in Vorträ-gen national und international präsentiert sowie in Fachpublikationen veröffentlicht. Für die Bevölkerung in den Untersuchungsgemeinden wurden Weinbergsführungen und Gesprächsabende angeboten. Zusätzlich wurden zwei Fachtagungen (2007 & 2008) ausgerichtet, die sich an breite Interessensgruppen wandten. Weiterhin erfolgten Beratungen im Bereich der Trockenmauer- und Weinbergssanierung auf kommunaler sowie auf Länderebene. Zur Vermittlung der Werte von historischen Terrassenweinbergen wurden denkmal- und landschaftspädagogische Konzepte erarbeitet (Führungen zum Tag des offenen Denkmals, Tro-ckenmauerbau mit Kindern, Trockenmauerpatenschaften, Entwicklung von zwei Unterrichtsmodulen, Durchführung einer Projektwoche zum Thema Lebensraum Weinberg für Grundschüler, Entwicklung und Durchführung des Projekts Kinder als Nachwuchswinzer, Einrichtung einer Kultur-Infoline am Castellberg in Ballrechten-Dottingen/Südbaden). Der Leitfaden zur Erhaltung historischer Terrassenweinberge wird im Jahr 2011 in der Schriftenreihe Culterra des Instituts für Landespflege erscheinen. Fazit Wenn es darum geht, historische Terrassenlagen in Wert zusetzen, sind integrative und transdisziplinäre Ansätze, wie sie im Projekt Historische Weinberge verfolgt wurden, notwendig. Die Beteiligung ver-schiedener Stakeholder ermöglichte die Formulierung eines praxisnahen Erhaltungsleitfadens für Tro-ckenmauerweinberge und förderte die Sensibilisierung von Nutzern und Schützern für deren Werte. |
Förderzeitraum: | 22.06.2006 - 31.10.2010 (4 Jahre und 4 Monate) |
Fördersumme: | 224.212,00 |
Förderbereich: | III.9.2 |
Stichworte: | Kulturlandschaft |
Publikationen: |