Einrichtung einer integrativen Umweltstation am Rothsee (Bayern)

Aktenzeichen 26553/01
Abschlussbericht:
Projektträger: Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V.Verband für Arten- und Biotopschutz (LBV)Landesgeschäftsstelle Hilpoltstein
Eisvogelweg 1
91161 Hilpoltstein
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Telefon: 09174/4775-0
Internet: https://www.lbv.de
Bundesland: Bayern
Beschreibung:
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zentrales Anliegen der Arbeit der integrativen Umweltstation ist es, auch Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Umwelt und Nachhaltigkeit zu ermöglichen und hier Strukturen und entsprechende pädagogische Angebote zu schaffen, die gemeinsames Lernen, Erleben und Arbeiten von behinderten und nicht behinderten Menschen möglich machen. Die Idee des Vorhabens ergab sich aus dem engen Kontakt des LBV mit dem Auhof, einer Einrichtung der Rummelsberger, und der Einrichtung der Regens-Wagner-Stiftung in Zell.
Wasser und Sand sind die beiden großen Themenfelder, die schwerpunktmäßig an der integrativen Station umgesetzt werden. Sie ergeben sich aus der Lage der neuen Station direkt am Ufer des Rothsees. Darüber hinaus soll das Interesse der Besucherinnen und Besucher auch auf Themen wie Schutz der Biodiversität, Klimawandel und regionale Wertschöpfung im Sinne nachhaltiger Entwicklung gelenkt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Besonderheit dieser neu zu errichtenden Station ist die Einbeziehung der Behinderteneinrichtungen in die Konzeptentwicklung von Anfang an sowie die Einbindung von Politik und Verwaltung. Bereits in der Planungsphase saßen der Träger, das Wasserwirtschaftsamt, der Zweckverband Rothsee sowie Vertreter der o. g. Behinderteneinrichtungen an einem Tisch.
Der Ansatz der pädagogischen Arbeit ist geprägt von Inhalten und Methoden der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Ein pädagogischer Arbeitskreis mit Vertretern der beiden vor Ort ansässigen Behinderteneinrichtungen, Heilpädagogen, Förderschullehrern und Umweltpädagogen ist ebenfalls von Anfang an im Planungsprozess integriert. Dadurch ist es selbstverständlich, dass Umweltstation und Gelände unter Berücksichtigung heilpädagogischer und integrativer Aspekte speziell den Bedürfnissen behinderter Menschen gerecht werden. Die pädagogische Arbeit der integrativen Umweltstation wird durch eine externe Evaluation wissenschaftlich begleitet. Es wird die Konzeption des integrativen pädagogischen Konzeptes unterstützt sowie die Zielerreichung der integrativen Angebote zum Themengebiet Wasser untersucht, um systematische Informationen zur Optimierung der Konzeption und Umsetzung zu liefern.


Ergebnisse und Diskussion

Die integrative Umweltstation Rothsee wurde im Mai 2011 in Betrieb genommen, eine einjährige Betriebszeit konnte bis zum Projektende durchgeführt werden. Die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern verlief sehr gut. Besonders die Beteiligung von Vertretern der beiden Behinderteneinrichtungen hat zum Gelingen einer ganzheitlichen integrativen Umsetzung beigetragen. Dies betrifft sowohl das Ge-bäude als auch das Außengelände, welche komplett barrierefrei errichtet wurden, sowie alle vorhandenen Bildungs- und Ausstellungsobjekte. Viele Besucher nutzten die Anlagen für eigenständige Erkundungen, darunter auch Menschen mit körperlicher, geistiger, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung. Ebenso konnten gemeinsam mit den Kooperationspartnern integrative und inklusive Veranstaltungsangebote konzipiert und erprobt werden. Ein über ein Jahr dauerndes Inklusionsprojekt zum Thema Wasser wurde extern von der e-fect eG evaluiert. Das Ergebnis, zitiert aus dem Ergebnisbericht der Evaluation von e-fect eG, Trier: Die aus unterschiedlichen Perspektiven multimethodal gewonnenen empirischen Ergebnisse belegen klar, dass die untersuchten Module zum Thema Wasser ihre Ziele erreichen, an Prinzipien der Bildung für nachhaltige Entwicklung orientiert sind und Inklusion bei den teilnehmenden Kindern fördern.
Die Veranstaltungs- und Besucherzahlen des ersten Jahres zeigen deutlich, dass das Gesamtkonzept sehr gut angenommen wird. Von Mai 2011 bis Juli 2012 fanden 443 Umweltbildungsveranstaltungen mit 10.614 Teilnehmern statt, darunter 52 Veranstaltungen für Menschen mit Handicap, wobei es sich bei letzteren auch um Inklusionsangebote, also gemeinsame Aktionen von Menschen mit und ohne Handicap, handelte. Zusätzlich waren in dem Projektzeitraum ca. 31.000 Besucher in der Umweltstation, um die Angebote zur Umweltbildung und Bildung zur nachhaltigen Entwicklung (BNE) auf eigene Faust zu erkunden. Es hat sich als positiv herausgestellt, dass die Einrichtung dort errichtet wurde, wo sich Menschen aufhalten, nämlich unmittelbar am Seeufer, neben Badestrand und Gastronomiebetrieb. Somit konnten mit der Umweltbildung und BNE neben natur- und umweltinteressierten Besuchern auch Menschen ohne vorhandenen Bezug zu diesen Themen erreicht und begeistert werden.
Trotz zweier Änderungen im Vergleich zur Antragstellung, nämlich bauliche Veränderungen am Gebäude (Wegfall des Untergeschosses, da ansonsten Mehrkosten zwecks Absicherung gegen die extremen Grundwasserschwankungen am See entstanden wären) und Verlängerung der Projektlaufzeit um ein Jahr (zur Durchführung der Evaluation des integrativen Angebots) ist das Projekt sehr erfolgreich verlaufen. Das Hauptziel, auch Menschen mit Behinderung den Zugang zu Umwelt und Nachhaltigkeit zu ermöglichen und hier Strukturen und entsprechende pädagogische Angebote zu schaffen, die gemeinsames Lernen und Erleben von behinderten und nicht behinderten Menschen möglich machen, wurde somit erreicht. Das Angebot an Veranstaltungen für ALLE, also sowohl Menschen ohne als auch mit kör-perlicher, geistiger, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung sowie psychischer Erkrankung, ist zum Alleinstellungsmerkmal der Umweltstation Rothsee geworden. Inklusionsveranstaltungen sollten dabei zwecks nachhaltiger Wirkung möglichst langfristig angelegt werden. Positiv verläuft auch der unerwartete Kontakt von Menschen mit und ohne Handicap in der Umweltstation. Die Kontaktaufnahme ist sehr niedrigschwellig, sie verläuft über einfache Teilhabe, durch den Auftritt in der Öffentlichkeit.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Es fand eine sehr intensive Pressearbeit statt. Neben Artikeln in Zeitungen gab es Veröffentlichungen in der Zeitschrift Eltern, der Mitgliederzeitschrift des LBV u. a. Eine Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse in der Zeitschrift Umweltpsychologie durch e-fect eG ist in Vorbereitung. Zudem gab es drei TV- und Radiobeiträge im Bayerischen Rundfunk. Präsentationen fanden sowohl außerhalb der Einrichtung (Arbeitskreise, Messe, Aktionstage) als auch auf dem Gelände mit Vertretern aus Politik, Verwaltung, Unternehmen und anderen Zusammenschlüssen statt. Die Umweltstation erhielt vier große Auszeichnungen: Anerkannte Umweltstation des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit, UN-Dekade Projekt BNE, Qualitätssiegel Umweltbildung.Bayern sowie Werkstatt N-Projekt.


Fazit

Das Projekt Einrichtung einer integrativen Umweltstation am Rothsee verlief sehr erfolgreich, es wird über den Projektzeitraum hinaus weitergeführt werden. Die eingeschlagene Vorgehensweise hat sich sehr bewährt. Besonders die enge Kooperation mit den beiden vor Ort ansässigen Behinderteneinrichtungen hat zum Gelingen des Projekts beigetragen. Auch die Begleitung durch eine externe Evaluation ist sehr zu empfehlen, eine langfristige Qualitätssicherung und -entwicklung ist somit gegeben. Umweltbildung bzw. BNE für Menschen mit allen Arten von Behinderungen und Menschen ohne Handicap ist bei Schaffung einer attraktiven und funktionalen Einrichtung sehr gut möglich. Die nachhaltige Wirkung von Inklusion und BNE kann dabei am besten in Langzeitprojekten erreicht werden.

Förderzeitraum: 13.05.2009 - 31.05.2012 (3 Jahre und 1 Monat)
Fördersumme: 280.000,00
Förderbereich: III.8.1
Stichworte: Jugend, Kinder, Naturschutz, UN-Dekade-Bewerbung
Publikationen: