Umwelt-, denkmal- und sicherheitsgerechter Umgang mit Schweinfurter Grün - Modellhafte innovative Maßnahmen zur Konfliktlösung im Schnittbereich von Denk- und Umweltschutz

Zielsetzung & Anlass

Das hochgiftige historische Pigment Schweinfurter Grün kommt in einer Vielzahl von Denkmalobjekten an verschiedensten Stellen, meist in der Wandgestaltung, gelegentlich aber auch an mobilen Ausstat-tungsstücken vor. Es herrscht große Unsicherheit, wie mit diesen Stoff unter gleichzeitiger Berücksichti-gung aller modernen Denkmal-, Sicherheits- und Umweltkriterien umgegangen werden sollte. Schon für die Identifikation des Pigmentstoffs besteht Aufklärungsbedarf. Das Projekt soll zu vielen dieser Fragen Antworten liefern und Lösungswege anbieten.

Arbeitsschritte & Methoden

Das Projekt ist in fünf Arbeitspakete untergliedert.
AP 1 Recherchen, Verbreitung, Objekte, Stand des Wissens
Schweinfurter Grün ist einerseits als Pigment bekannt sowie auch seine Entstehungs- und Wirtschafts-geschichte. Da Schweinfurter Grün als Pigment schon lange nicht mehr hergestellt und verbreitet werden darf wurde versucht noch Gebinde des Pigmentes für weitergehende Untersuchungen zu finden.
AP 2 Analysen/Tests und Empfehlungen
Die aktuell möglichen und mehr oder weniger in diesem Fachbereich einfach verfügbaren Analyseme-thoden werden in Hinblick auf Ihre Eignung zur Identifikation von Schweinfurter Grün insbesondere an Analysenmaterial aus oder im Denkmal evaluiert. Die Methoden werden erfasst, erklärt und Vor- sowie Nachteile im Bezug auf die Eignung dargelegt. Ergänzend werden eigene Untersuchungen durchgeführt.
AP3 Untersuchungen zu gasförmigen Arsens u.a. durch Pilzwachstum
Durch Laborexperimente und chemische Berechnungen sowohl an Tapetenmaterial als auch mit Präpa-raten aus Reinproben werden die biotischen und abiotischen Prozesse, die zur Bildung der gasförmigen Arsenspezies Arsenwasserstoff und Trimethylarsin führen nachvollzogen.
AP 4 Verbreitung Ergebnisse, Veröffentlichung siehe nächste Seite
AP 5 Projektmanagement letztes Arbeitspake

Ergebnisse & Diskussion

Vor Beginn des Projektes zeigte sich vielfältig immer wieder eine ausgeprägte Verunsicherung bei den verantwortlichen Beteiligten, die durch einen Befund von Schweinfurter Grün an ihrem Objekt damit um-zugehen hatten. Durch die im Projekt erarbeiteten Arbeitsschritte und die neuen Kompetenzen der Pro-jektbearbeiter wurde es möglich, diese aktuell „Betroffenen“ durch Vermittlung des aktuellen Wissens, durch gezielte Fragestellungen und durch angepasste Hilfestellungen diese große Unsicherheit zu neh-men und Schritte, die einen Erhalt möglich machen lassen, vorgeschlagen. Auch für notwendige Rück-bauarbeiten wurden Hilfestellungen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und Arbeitsgänge, die weitestgehend denkmalgerecht sind, gegeben.
Zwar gibt es keine immer gleiche Universallösung für alle Fälle, aber nun gibt es vorgeschlagene Hand-lungsschritte, wie das Thema anzugehen ist. Die Bereitschaft das Vorgehen so zu wählen ist nicht an al-len Baustellen gleichermaßen vorhanden.

Weiterführende Informationen/Links:
Handlungsleitfaden zum Umgang mit historischen Grünfassungen bei Verdacht auf Schweinfurter Grün

Öffentlichkeitsarbeit

Im Projekt waren mehrstufige differenzierte Öffentlichkeitsaktivitäten zu erarbeiten. Denn die Herausfor-derungen im Umgang mit Schweinfurter Grün werden einerseits unterschätzt, gelegentlich aber auch überschätzt. Zunächst gilt es das Bewusstsein, dass das historische Pigment in Wandfassungen vor-kommen kann, bei denen, die an solchen Objekten arbeiten, weiterhin stark zu schärfen. Sollte der Ver-dacht aufkommen, muss sich zwingend eine Analyse anschließen. Belastbare naturwissenschaftliche Analysen an Wandfassungen bei restauratorischen Befunduntersuchungen sind noch nicht selbstver-ständlich etabliert. Im Fall des Schweinfurter Grüns geht es dabei neben der Denkmalrelevanz zusätzlich um Gesundheitsaspekte. Das Projekt trägt seinen Teil dazu bei, dieses Bewusstsein weiter zu entwi-ckeln. So wurde erreicht, dass der Arbeitsausschuss Arbeitssicherheit des Verbandes der Restauratoren (VDR) das Thema aufgenommen und Informationen zur Aufklärung auf seine Webseite gestellt hat.
Auf der als online-Konferenz von St. Augustin aus ausgerichteten Tagung „Fokus Gefahrstoffe“, eine Gemeinschaftsveranstaltung der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) und des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), wurde 29. Juni 2021 ein Vortrag gehalten: „Schweinfurter Grün: arsenhaltiges Farbpigment in historischen Gebäuden“.
Am 19. Januar 2022 wurde in Präsenz ein Vortrag: Arsen in historischen Wandfarben Schweinfurter Grün, Problembenennung Fragen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und zum Erhalt auf dem DCONex Fachkongress: Schadstoffmanagement, Abbruch - Analyse - Entsorgung - Sanierung - Prävention in Essen gehalten.
Das Thema Schweinfurter Grün wurde an der BTU Cottbus in Lehrveranstaltungen zum Studiengang "Forensic Sciences and Engineering" aufgenommen: Module Forensische Untersuchungs- und Analyse-verfahren 1 und 2 (Module 11183 und 11184) im Modulkatalog der BTU. Auch am Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Otto-Friedrich-Universität Bamberg wurde das Thema in die Lehre mit eingetragen.

Fazit

Schweinfurter Grün ist ein historisches hochgiftiges Pigment, das immer noch und immer wieder in Denkmalen und Kulturgutobjekten aus dem 19. Jahrhundert gefunden wird. Dabei sind mehrere Be-obachtungstränge interessant:
i) Unwissenheit führt in seltenen Fällen dazu, dass ein romantisierendes historisches Verständnis völlig unterschätzt welche Giftstoffe historischen Objekten sein können. Beispielsweise bei der „Rettung“ von Denkmalen aus dem 19. Jh durch engagierte Laien werden häufig in Eigenleistung staubintensive Sanie-rungsarbeiten durchgeführt ohne die Gesundheits- und Umweltgefährdung, die dabei entsteht, auch nur zu erahnen. Die Aufklärung geht somit über das Adressat an Fachleute hinaus.
ii) Die Geschichte von Schweinfurter Grün ist ein wesentlicher Mosaikstein in der Entwicklung des mo-dernen Umweltverständnisses. Die ersten wichtigen und wesentlichen Schritte im Zusammenspiel und zum Teil Wechselspiel zwischen Medizin, Naturwissenschaften, Industrie und staatlichen Institutionen wurden im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert an dem Industrie und Wirtschaftsprodukt Schweinfurter Grün und seiner Anwendung bis hin zur endgültigen Durchsetzung seines Verbots entwi-ckelt. Im Projekt konnten wichtige neue Erkenntnisse zu Schweinfurter Grün und damit verbundene Risi-ken gewonnen werden. Dennoch sind eine ganze Reihe von Aspekten beispielsweise seiner Reaktionen in der Umwelt bis heute nicht ausreichend erforscht und somit ein aktuelles Desiderat.

Aktenzeichen 35408/01
Abschlussbericht:
Projektträger: Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. (IDK)
Schlossplatz 1
01067 Dresden
weitere Projekte aus der Umgebung
Telefon: +4935148435101
Internet: https://www.idk-info.de
Bundesland: Sachsen
Beschreibung:
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das hochgiftige historische Pigment Schweinfurter Grün kommt in einer Vielzahl von Denkmalobjekten an verschiedensten Stellen, meist in der Wandgestaltung, gelegentlich aber auch an mobilen Ausstattungsstücken vor. Es herrscht große Unsicherheit, wie mit diesen Stoff unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller modernen Denkmal-, Sicherheits- und Umweltkriterien umgegangen werden sollte. Schon für die Identifikation des Pigmentstoffs besteht Aufklärungsbedarf. Das Projekt soll zu vielen dieser Fragen Antworten liefern und Lösungswege anbieten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt ist in fünf Arbeitspakete untergliedert:
AP 1 Recherchen, Verbreitung, Objekte, Stand des Wissens
Schweinfurter Grün ist einerseits als Pigment bekannt sowie auch seine Entstehungs- und Wirtschaftsgeschichte. Da Schweinfurter Grün als Pigment schon lange nicht mehr hergestellt und verbreitet werden darf, wurde versucht, noch Gebinde des Pigments für weitergehende Untersuchungen zu finden.
AP 2 Analysen/Tests und Empfehlungen
Die aktuell möglichen und mehr oder weniger in diesem Fachbereich einfach verfügbaren Analysemethoden werden im Hinblick auf Ihre Eignung zur Identifikation von Schweinfurter Grün insbesondere an Analysenmaterial aus oder im Denkmal evaluiert. Die Methoden werden erfasst, erklärt und Vor- sowie Nachteile im Bezug auf die Eignung dargelegt. Ergänzend werden eigene Untersuchungen durchgeführt.
AP3 Untersuchungen zu gasförmigen Arsens u.a. durch Pilzwachstum
Durch Laborexperimente und chemische Berechnungen sowohl an Tapetenmaterial als auch mit Präparaten aus Reinproben werden die biotischen und abiotischen Prozesse, die zur Bildung der gasförmigen Arsenspezies Arsenwasserstoff und Trimethylarsin führen nachvollzogen.
Die Prozesse sind komplex und können ausschließlich unter
AP 4 Verbreitung Ergebnisse, Veröffentlichung
AP 5 Projektmanagement letztes Arbeitspaket kommuniziert werden.


Ergebnisse und Diskussion

Vor Beginn des Projektes zeigte sich vielfältig immer eine ausgeprägte Verunsicherung bei „Betroffenen“, hier: Beteiligten, die durch einen Befund von Schweinfurter Grün in ihrem Verantwortungsbereich damit umzugehen hatten. Durch die im Projekt erarbeiteten Arbeitsschritte und die neuen Kompetenzen der Projektbearbeiter wurde es schnell möglich, diese aktuell „Beteiligten“ durch Vermittlung des aktuellen Wissens, durch gezielte Fragestellungen und durch angepasst Hilfestellungen diese große Unsicherheit zu nehmen und die Schritte, die einen Erhalt möglich machen lassen, vorgeschlagen. Auch für notwendige
Rückbauarbeiten wurden Hilfestellungen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und Arbeitsgänge, die weitestgehend denkmalgerecht sind gegeben. Zwar gibt es keine immer gleiche Universallösung für alle Fälle, aber nun gibt es vorgeschlagene Handlungsschritte,
wie das Thema anzugehen ist. Die Bereitschaft, das Vorgehen so zu wählen, ist nicht an allen
Baustellen gleichmäßig vorhanden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Projekt waren mehrstufige differenzierte Öffentlichkeitsaktivitäten zu erarbeiten. Denn die Herausforderungen im Umgang mit Schweinfurter Grün werden einerseits unterschätzt, gelegentlich aber auch überschätzt. Zunächst gilt es, das Bewusstsein, dass das historische Pigment in Wandfassungen vorkommen kann, und bei denen, die an solchen Objekten arbeiten, stark zu schärfen. Sollte der Verdacht aufkommen, muss sich zwingend eine Analyse anschließen. Analysen an Wandfassungen bei restauratorischen Befunduntersuchungen sind noch nicht selbstverständlich etabliert. Im Fall des Schweinfurter
Grüns geht es neben der Denkmalrelevanz zusätzlich um Gesundheitsaspekte. Das Projekt trägt seinen Teil dazu bei, dieses Bewusstsein weiterzuentwickeln.
So wurde erreicht, dass der Arbeitsausschuss Arbeitssicherheit des Verbandes der Restauratoren (VDR) das Thema aufgenommen und Informationen zur Aufklärung auf seine Webseite gestellt hat.
Auf der als Online-Konferenz von St. Augustin aus ausgerichteten Tagung „Fokus Gefahrstoffe“, eine Gemeinschaftsveranstaltung der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) und des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), wurde am 29. Juni 2021 ein Vortrag gehalten: „Schweinfurter Grün: Arsenhaltiges Farbpigment in historischen Gebäuden“.
Am 19. Januar 2022 wurde in Präsenz ein Vortrag: Arsen in historischen Wandfarben Schweinfurter Grün, Problembenennung Fragen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und zum Erhalt auf dem DCONex Fachkongress: Schadstoffmanagement, Abbruch - Analyse - Entsorgung - Sanierung - Prävention in Essen gehalten.
Das Thema Schweinfurter Grün wurde an der BTU Cottbus in Lehrveranstaltungen zum Studiengang "Forensic Sciences and Engineering" aufgenommen: Module Forensische Untersuchungs- und Analyseverfahren 1 und 2 (Module 11183 und 11184) im Modulkatalog der BTU.
Auch am Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Otto-Friedrich-Universität Bamberg wurde das Thema in die Lehre mit eingetragen.


Fazit

Schweinfurter Grün ist ein historisches hochgiftiges Pigment, das immer noch und immer wieder in Denkmalen und Kulturgutobjekten aus dem 19. Jahrhundert gefunden wird. Dabei sind mehrere Beobachtungstränge interessant:
i) Unwissenheit führt in einigen Fällen dazu, dass ein romantisierendes historisches Verständnis völlig unterschätzt, welche Giftstoffe an "alten Sachen" sein können und auch hier im Umgang besondere Kenntnisse erforderlich sind. Beispielsweise bei der „Rettung“ von (Guts-)Häusern aus dem 19. Jh durch engagierte Laien werden häufig in Eigenleistung stauintensive Sanierungsarbeiten durchgeführt ohne die Gesundheits- und Umweltgefährdung, die dabei entsteht, auch nur zu erahnen.
ii) Die Geschichte von Schweinfurter Grün ist ein wesentlicher Mosaikstein in der Entwicklung des modernen Umweltverständnisses. Die ersten wichtigen und wesentlichen Schritte im Zusammenspiel und zum Teil Wechselspiel zwischen Medizin, Naturwissenschaften, Industrie und staatlichen Institutionen wurden im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert an dem Industrie und Wirtschaftsprodukt Schweinfurter Grün und seiner Anwendung bis hin zur endgültigen Durchsetzung seines Verbots entwickelt. Dennoch sind eine ganze Reihe von Aspekten beispielsweise seiner Reaktionen in der Umwelt bis heute nicht ausreichend erforscht und somit ein aktuelles Desiderat.

Förderzeitraum: 17.12.2019 - 17.12.2022 (3 Jahre)
Fördersumme: 124.985,00
Förderbereich: 12
Stichworte: Pigment, Kulturgüter, Dekontamination, Arsen, Präventive Konservierung, Putz
Publikationen: