Methodische Weiterentwicklung regionalökonomischer Wirkungsanalysen des Naturtourismus in den Nationalen Naturlandschaften Deutschlands: Applikation der multi-regionalen Input-Output-Analyse

Zielsetzung & Anlass

Die Nationalen Naturlandschaften Deutschlands schützen und bewahren wertvolle Kultur- und Naturlandschaften. Neben ihrer vordergründigen Zielsetzung des Flächenschutzes präsentieren diese Schutzgebiete ästhetische und attraktive Räume, die sich touristisch nutzen und dadurch in Wert setzen lassen. Ihre Existenz sichert so einen regionalökonomischen Mehrwert und dadurch Einkommen und Beschäftigung für die lokale Bevölkerung. Das stärkt wiederum den Naturschutz, wenn eine nachhaltige Tourismusentwicklung gelingt und zum Beispiel die Wertschätzung für die Nationalen Naturlandschaften erhöht werden kann. Sich mit der Ökonomie des Naturtourismus zu beschäftigen, ist daher für die Balance zwischen Naturschutz und lokaler Wirtschaftsentwicklung unbedingt notwendig. Globale Krisen wie die Covid-19-Pandemie, der Klimawandel oder der Ukraine-Krieg verdeutlichen zudem den Konkurrenzkampf um wertvolle Flächen. Der ökonomische Nutzen von Schutzgebieten ist ein wichtiges Argument für den Schutz der Natur und der Biodiversität als Lebensgrundlage des menschlichen Daseins.

Das Vorhaben setzt sich mit den tangiblen, d. h. tatsächlichen regionalökonomischen Effekten des Naturtourismus in den Nationalen Naturlandschaften auseinander, deren Bemessung sich für das Monitoring und Management als am praktikabelsten erwiesen hat. Die regionalökonomischen Effekte sind auf drei Ebenen wirksam: Naturtouristische Leistungsanbieter vor Ort profitieren von den getätigten Ausgaben in Form von direkten Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten. Die touristische Multiplikatorwirkung setzt weitere indirekte Effekte bei den Vorleistungsbetrieben frei. Regionale Privatinvestitionen führen schließlich zu einer induzierten Konsumwirkung. Um diese Wirkungsebenen quantifizieren zu können, haben sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Methoden entwickelt. In Deutschland wurde bislang in allen Studien zu den regionalökonomischen Effekten der Nationalen Naturlandschaften die Wertschöpfungsanalyse standardmäßig eingesetzt. Die internationale Forschung arbeitet hingegen mit der detailreicheren und dadurch verlässlicheren Input-Output-Methode. Im Rahmen dieses Vorhabens wird die Methodik regionalökonomischer Wirkungsanalysen in Deutschlands Schutzgebieten weiterentwickelt, indem für die Nationalparke und UNESCO-Weltnaturerbe Niedersächsisches, Hamburgisches und Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer eine multi-regionale Input-Output-Analyse durchgeführt wird. Das multi-regionale Input-Output-Modell erlaubt eine Abbildung nationaler Vorleistungs- und Konsumeffekte, die von naturtouristischen Ausgaben in der Untersuchungsregion an der Nordseeküste ausgehen. Die Erkenntnisse werden mit gleichzeitig vorliegenden Ergebnissen von Wertschöpfungsanalysen in den drei Schutzgebietsregionen gegenübergestellt, um methodische Implikationen für das Besuchermonitoring und -management der Nationalen Naturlandschaften ableiten zu können.

Arbeitsschritte & Methoden

Die regionalökonomischen Effekte des Naturtourismus in den Nationalen Naturlandschaften werden durch folgende zentrale Formel berechnet:

Regionalökonomische Effekte = Anzahl der Besucher x Durchschnittliche Ausgaben pro Kopf x Regionalökonomische Multiplikatoren

Die Nachfrageparameter wurden im Rahmen weiterer Vorhaben (finanziert durch die Nationalparkverwaltungen Niedersächsisches und Hamburgisches Wattenmeer sowie die Nationalparkstiftung Schleswig-Holstein) ermittelt. Das Vorhaben beschäftigt sich mit dem dritten Parameter, den regionalökonomischen Multiplikatoren, die aus multi-regionalen Input-Output-Modellen abgeleitet werden. Die Input-Output-Modelle wurden vom U.S.-amerikanischen Modellierungssystem IMPLAN käuflich erworben. Mit IMPLAN-Daten arbeitet beispielsweise auch der U.S. National Park Service für seine jährlichen Berechnungen zum ökonomischen Beitrag des Park-Tourismus.

In einem ersten Schritt werden regionalökonomische Verbleiberaten auf Grundlage von Wirtschaftsdaten der amtlichen Statistik ermittelt. Diese quantifizieren die direkten Effekte in den Regionalökonomien der Untersuchungsregionen. Dazu werden die nachfrageseitigen Ausgabenkategorien der Systematik der Wirtschaftszweige angepasst.

Daraufhin folgt in einem zweiten Schritt die umfangreiche multi-regionale Input-Output-Analyse. Dazu wird zunächst das Input-Output-Modell aufbereitet. Anschließend werden die zugehörigen Multiplikatoren berechnet. Zur Plausibilitätskontrolle der IMPLAN-Daten werden Validitäts- und Sensitivitätsanalysen durchgeführt.

Der dritte Schritt berechnet die regionalökonomischen Effekte für die drei Untersuchungsregionen nach zwei Analysesträngen: 1) nach der neu eingeführten Input-Output-Analyse für die Nationalen Naturlandschaften und 2) nach der bisher angewandten Wertschöpfungsanalyse. Für das Monitoring und Management der Nationalen Naturlandschaften lassen sich durch den Vergleich der Ergebnisse methodische Implikationen formulieren.

Aktenzeichen 37724/01
Abschlussbericht:
Projektträger: Julius-Maximilians-Universität Würzburg Lehrstuhl für Geographie und Regionalforschung
Am Hubland
97074 Würzburg
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Telefon: 0931/31-85552
Internet: https://www.geographie.uni-wuerzburg.de
Bundesland: Baden-Württemberg
Förderzeitraum: 01.04.2022 - 30.09.2023 (1 Jahr und 6 Monate)
Fördersumme: 124.110,00
Förderbereich: 00
Stichworte: Naturlandschaft, Nationalpark, Schutzgebiet, Wertschöpfung
Publikationen: