Projekt 37853/01

Bilanzierung großflächiger Wildnisgebiete in Deutschland

Projektdurchführung

Heinz Sielmann Stiftung Geschäftsbereich Biodiversität
Gut Herbigshagen
37115 Duderstadt

Zielsetzung

Wildnisgebiete sind große, zusammenhängende Landschaften, in denen sich die Natur nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln kann. Neben natürlichen Lebensräumen kann Wildnis auch auf ehemaligen Bergbau- und Militärflächen entstehen. Wildnisgebiete leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt, dem Klima- und Hochwasserschutz, zu Wissenschaft und Forschung sowie Bildung und Naturerleben. Die Bundesregierung hatte sich mit der 2007 verabschiedeten Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 auf zwei Prozent der deutschen Landesfläche großflächige (d.h. in der Regel mindestens 1.000 Hektar umfassende) Wildnisgebiete auszuweisen.

Politik, öffentliche Verwaltungen von Bund und Ländern sowie Nicht-Regierungs-Organisationen haben sich in den letzten Jahren verstärkt für mehr Wildnis eingesetzt. Dabei stand aber vor allem das ebenfalls in der NBS verankerte NWE5-Ziel (Naturwaldentwicklung auf fünf Prozent der Waldfläche in Deutschland) im Mittelpunkt der Bemühungen. Beim NWE5-Ziel können auch sehr kleine Flächen ab 0,3 Hektar angerechnet werden – weshalb sich dieses Ziel einfacher umsetzen lässt.

Neben den Kernzonen von Nationalparken und Biosphärenreservaten gibt es bundesweit weitere großflächige Wildnisgebiete - darunter auch ab 1.000 Hektar große NWE5-Flächen. Bisher fehlt jedoch eine bundesweit einheitliche Bilanzierung. Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass bisher nur auf rund 0,6 - 0,7 Prozent der Landesfläche großflächige Wildnisgebiete existieren und das 2-Prozent-Wildnisziel damit deutlich verfehlt wurde.

Ziel des Gemeinschaftsprojektes der Heinz Sielmann Stiftung, der Naturstiftung David und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt ist es, alle bundesweit bestehenden, gesicherten und geplanten Gebiete zu recherchieren und zu bilanzieren. Darüber hinaus werden auch konkrete potenzielle Gebiete, die einen Beitrag zur Erreichung des 2-Prozent-Wildnisziels leisten können, identifiziert. Die Projektpartnerinnen verfolgen somit als übergeordnetes Ziel, konkrete Wege zu mehr großflächigen Wildnisgebieten in Deutschland aufzuzeigen und auch das Bewusstsein sowie die Notwendigkeit für diese zu schärfen.

Die Projektergebnisse tragen konkret dazu bei, den Weg zu mehr Wildnis und letztendlich zum Erreichen der Ziele der Bundesregierung aufzuzeigen. Wenn Bund, Länder sowie beteiligte Akteure das identifizierte Potenzial nutzen und weitere Wildnisgebiete langfristig sichern, ist dies ein Gewinn für Mensch und Natur. Denn großflächige Landschaften, in denen allein die Natur Regie führt, sind in Zeiten von Artensterben, Klimawandel und Pandemien von elementarer Bedeutung.

Arbeitsschritte

Mit dem Projekt wird erstmalig der Umsetzungsstand des 2-Prozent-Wildnisziels aus der Nationalen Biodiversitätsstrategie bilanziert.

Arbeitsschritte:

1. Recherche Gebiete
Im ersten Schritt erfolgt eine bundesweite Recherche aller großflächigen bestehenden, gesicherten und geplanten Wildnisgebiete. Dabei werden auch konkrete potenzielle Gebiete in den Fokus genommen. Richtwert ist eine Mindestflächengröße von 1.000 Hektar; 500 Hektar gelten für Flussauen, Küsten- und Moorlebensräume. Kernzonen von Nationalparken und Biosphärenreservaten gehen dabei auch mit geringerer Größe in die Bilanzierung ein. Weiterhin werden Arrondierungsflächen ab einer Größe von 100 Hektar recherchiert. Die Datenabfrage findet sowohl über öffentliche Datenbanken als auch über persönliche Anfragen an zuständige Stellen und über eine Überprüfung von Gesetzes- und Verordnungstexten statt.

2. Erfassung relevanter Daten
Neben der Größe werden weitere Parameter zu den Flächen aufgenommen. Dies erfolgt analog der Qualitätskriterien von BMUV/BfN/Landesfachbehörden sowie weiteren Kriterien, die für die Erfassung und Auswertung der Flächen relevant sind, z. B. Haupt-Lebensraumtypen, Eigentumsverhältnisse, etc. Alle Daten werden systematisiert erfasst und in ein GIS zur Datenanalyse und Flächenabfrage eingebunden.

3. GIS-Analyse
Mithilfe von GIS-Abfragen können verschiedene Auswertungen der unter 1. erfassten Flächen und ihren zugehörigen Kriterien vorgenommen werden. Neben der Abfrage „fixer“ Qualitätskriterien wie rechtlicher Sicherung, der Durchführung von Wildbestandsregulierung/Fischerei oder dem Anteil bereits geschützter Fläche im Gebiet werden auch Kriterien geprüft, deren Erfassung und Analyse vielschichtiger ist, wie beispielsweise die Zerschneidungsdichte. Hierbei werden unterschiedliche Szenarien geprüft und bilanziert.

4. Bilanz
Es folgt eine Soll-Ist-Analyse der Projektergebnisse mit den Zielen der NBS (2 Prozent großflächige Wildnisgebiete an der Landesfläche Deutschlands), differenziert nach bestehenden, gesicherten, geplanten und potenziellen Wildnisgebieten, sowie Gebieten mit Erweiterungspotential. Die Art der Datenhaltung und die Datenabfrage mithilfe eines GIS lassen es zu, dass darüber hinaus flexible Bilanzierungen mit unterschiedlichen Fragestellungen erstellt werden können.

5. Standard-Entwicklung
Auf den Erkenntnissen des Prozesses aufbauend erfolgt die Entwicklung eines Recherche-Akquise-Bewertungs-Standards zur Analyse künftiger Kandidaten für Wildnisgebiete und zur Verstetigung der Bilanzierung durch die Projektpartner.

6. Vorschläge zur Weiterentwicklung von Kriterien und Prozessabläufen
Sofern erforderlich, werden fallweise Vorschläge zur Weiterentwicklung von Kriterien und Arbeitsabläufen, die zur Identifikation und Bewertung von Gebieten dienen, unterbreitet.

Öffentlichkeitsarbeit

Fortlaufend mit Schwerpunkt zum Ende des Projektes werden die Ergebnisse -unter strenger Beachtung des zugesagten Datenschutzes für Datenzuliefernde- auf der Internetseite der Initiative „Wildnis in Deutschland“ www.wildnis-in-deutschland.de (inkl. der Vorstellung neu identifizierter Wildnisgebiete auf der Gebietskarte), im Newsletter der Initiative sowie auf der jährlich stattfindenden „Wildnis im Dialog“-Tagung präsentiert.

Übersicht

Fördersumme

112.591,00 €

Förderzeitraum

01.03.2022 - 31.10.2024

Bundesland

Bundesrepublik Deutschland

Schlagwörter

Bundesrepublik Deutschland
Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation
Umwelttechnik