05.03.2018 | Jagd ist notwendig, reicht allein aber nicht

Vorsorge Afrikanische Schweinepest: Schwarzwildjagd auf DBU-Naturerbefläche Goitzsche

Wildschweine © Andreas Lettow/piclease
Schnauze an Schnauze. Die Afrikanische Schweinepest kann direkt von Tier zu Tier, aber auch über virusbehaftete Kleidung und Gegenstände indirekt übertragen werden. Einen zugelassenen Impfstoff gibt es nicht. Noch ist die Seuche in Deutschland nicht nachgewiesen worden. Vorsorge trifft das DBU Naturerbe dennoch bereits seit mehreren Jahren.
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Nach der Jagd, Goitzsche.
 © Bundesforstbetrieb Mittelelbe
Gemeinsam mit Vertretern der angrenzenden Jagdbezirke wie die Jagdgenossenschaft Holzweißig, dem BUND, dem NABU, der Blausee-GmbH und der LMBV fand eine revierübergreifende Jagd statt. Forstdirektor Kurt-Werner Balke (Mitte) und Revierleiterin Ramona Nicklich (rechts) bei der Übergabe eines „Bruches“ an einen der 120 Jäger.
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Osnabrück. „Der aktuelle Seuchenverlauf der Afrikanischen Schweinepest in Europa und das daraus erfolgende Risiko für Deutschland machen es notwendig, dass wir auf unseren Flächen des Nationalen Naturerbes entsprechend reagieren“, sagt Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Fachlicher Leiter des DBU Naturerbes. Aktuell wurden daher auf der DBU-Naturerbefläche Goitzsche in Sachsen-Anhalt bei einer Jagd gemeinsam mit den umliegenden Jagdbezirken Holzweißig, Blausee-GmbH, BUND und der LMBV Wildschweine bejagt. „Es muss mehr getan werden, um die Viruserkrankung, an der Haus- und Wildschweine erkranken können, gar nicht erst einzuschleppen“, so Wahmhoff und verweist auf die Handlungshinweise zur Afrikanischen Schweinepest (ASP), die bereits seit 2014 auf den Liegenschaften gelten. Für die DBU-Naturerbefläche Goitzsche ist Forstdirektor Kurt-Werner Balke, DBU-Koordinator des Bundesforstbetriebs Mittelelbe, zuständig. Außerdem gehören spezielle Jagdregelungen sowie Hygienevorschriften zu den Handlungshinweisen. So ist etwa das Wegwerfen von Speiseabfällen strikt verboten – eines der größten Risiken zur Einschleppung der Seuche nach Deutschland.

Handlungshinweise zum Umgang mit Afrikanischer Schweinepest auf DBU-Naturerbeflächen

„Bereits 2013 hat das DBU Naturerbe die potenzielle Gefahr der ASP aus Polen und Weißrussland erkannt“, betont Dr. H. Otto Denstorf, Betriebsmanager beim DBU Naturerbe. „Daraufhin wurden in enger Abstimmung mit dem Friedrich-Löffler-Institut (FLI) und in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Sparte Bundesforst, die Handlungshinweise zum Umgang mit der ASP auf DBU-Naturerbeflächen 2014 in Kraft gesetzt.“ Seitdem werde auf den DBU-Naturerbeflächen noch intensiver der Dialog zwischen Jägern, Landwirten, Behörden und Naturschutzverbänden gefördert – zusammen mit der Aufklärung zur Afrikanischen Schweinepest.

Spezielle Hygienemaßnahmen bei der Jagd

So beteiligen sich das DBU Naturerbe und der Bundesforst zum Beispiel aktiv am Monitoring der ASP mit Landkreis Anhalt-Bitterfeld und arbeiten eng mit der örtlichen Veterinär- und Jagdbehörde zusammen. „Als Folge der wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden die Jagdstrategien kontinuierlich angepasst, der Umfang der Jagden nimmt zu, und die Freigaben bei Schwarzwild wurden schon sehr früh erweitert“, so Denstorf. Auf der DBU-Naturerbefläche Goitzsche fand jetzt eine Schwarzwildjagd statt, gemeinsam mit Vertretern der angrenzenden Jagdbezirke wie die Jagdgenossenschaft Holzweißig, dem  Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Blausee-GmbH und der LMBV. Die Jagdteilnehmer wurden vom Jagdleiter, Forstdirektor Balke, vorsorglich über die Seuche, die in Deutschland noch gar nicht nachgewiesen wurde, informiert und auf spezielle Hygienemaßnahmen hingewiesen. „Kein Betreten des Stalles mit Jagdkleidung, Jagdausrüstung oder Jagdhund, ist in diesem Zusammenhang eine ganz wichtige Vorbeugemaßnahme“, so Balke. Die Krankheit könne über virusbehaftete Kleidung und Gegenstände sowie Ausscheidungen indirekt übertragen werden. Würde etwa ein Jäger mit einem infizierten Wildschwein in Kontakt kommen und ohne seine Kleidung zu wechseln in einen Schweinezuchtbetrieb gehen, wäre eine Übertragung möglich. Eine Prophylaxe durch Impfung der Schweine ist nach Angaben des FLI nicht möglich, da es keinen zugelassenen Impfstoff gibt.

Wildtiermanagement auf DBU-Fläche Goitzsche wirkt

Bei der eigens einberufenen Schwarzwildjagd fanden sich am 13. Januar auf dem Sportplatz in der Parkstraße in Bitterfeld rund 120 Jäger, etwa 50 Treiber und Hundeführer sowie vier Durchgehhundegruppen mit jeweils vier bis sechs Hunden ein. Der Jagdleiter ging auf die ASP-Handlungshinweise ein und informierte über Einzelheiten für einen sicheren Ablauf der Jagd. Anfahrtstrecken der Schützen, Sicherheitsbereiche, Schwerpunktbereiche der Treibergruppen und Hundeführer, Sicherstellung der Nachsuchen bis zum Transport des erlegten Wildes wurden festgelegt und durch die Revierleiterin Ramona Nicklich koordiniert. Pro 100 Hektar wurden vier Wildschweine erlegt. Denstorf: „Der kontinuierliche Anstieg der erlegten Wildschweine des DBU Naturerbes macht deutlich, dass unser Wildtiermanagement wirkt und wir unseren Beitrag zur Verringerung der Schwarzwildbestände deutschlandweit leisten, um die Gefahr der Ausbreitung der ASP durch Schwarzwild in der Bundesrepublik zu senken.“ Im Vergleich zu 2016 habe sich die Anzahl der erlegten Wildschweine auf den DBU-Naturerbeflächen um circa 30 Prozent erhöht. Forstdirektor Balke kündigte in seiner Abschlußrede an, mindestens zwei weitere Jagden im Herbst und eine Jagd im Januar 2019 folgen zu lassen.

Menschen vermutlich größte Gefahr für Einschleppung nach Deutschland

Das FLI warnt inzwischen vor einem hohen Risiko für eine Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland. „Für Haus- und Wildschweine ist die Krankheit hochansteckend und endet meist nach kurzer Zeit tödlich. Menschen sind nicht gefährdet“, so Wahmhoff. ASP kann direkt von Tier zu Tier übertragen werden, also auch bei Kontakt beispielsweise zwischen infizierten Wildschweinen und Hausschweinen in Freilandhaltung. Doch auch durch verarbeitete infizierte Fleischprodukte zum Beispiel aus Osteuropa werden die Viren weiter verbreitet. „Vermutlich sind ungewollt wir Menschen die größte Gefahr für eine Einschleppung“, so Wahmhoff. Es reiche ein achtlos weggeworfenes Wurstbrot mit virulentem Fleisch aus Osteuropa, das ein hiesiges Wildschwein am Straßenrand verzehrt, um die Seuche nach Deutschland zu bringen. Daher ist es strikt verboten, Speiseabfälle auf den DBU-Naturerbeflächen wegzuwerfen.

DBU-Tochter stellt sich der besonderen Verantwortung und fördert den Dialog

„Wir stellen uns – sowohl was Vorsorge als auch mögliche Bekämpfung der Seuche angeht – der besonderen Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit“, erklärt Wahmhoff. Darüber hinaus sei das DBU Naturerbe in einem ständigen Dialog mit benachbarten Jägern und Landwirten, um sie über das Wildtiermanagement mit Schwerpunkt Schwarzwild zu informieren. Die Bundesforstbetriebe seien in den Austausch als wichtige Multiplikatoren voll eingebunden.

Bundesweit auf 69.000 Hektar Fläche vielfältige Lebensräume bewahren

Die DBU-Tochter versteht sich als Treuhänderin des Nationalen Naturerbes für nachfolgende Generationen. Auf den insgesamt rund 69.000 Hektar – größtenteils ehemalige Militärflächen – sollen offene Lebensräume mit seltenen Tier- und Pflanzenarten durch Pflege bewahrt, Wälder möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung überlassen, artenarme Forste zu naturnahen Wäldern umgewandelt und Feuchtgebiete sowie Gewässer ökologisch aufgewertet oder erhalten werden.