01.08.2022 | „Blume des Jahres“ trägt eine Beere

Einbeere wächst im DBU Naturerbe Kaarzer Holz – Bestände gehen zurück

Einbeere - Blume des Jahres 2022 © Udo Steinhaeuser/ Loki Schmidt Stiftung
Die Einbeere ist die „Blume des Jahres 2022“. Sie liebt alte, naturnahe Wälder wie im DBU Naturerbe Reiterswiesen.
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Einbeere - Blume des Jahres 2022  © Udo Steinhaeuser/ Loki Schmidt Stiftung
Die Einbeere wächst auch auf der rund 310 Hektar großen DBU-Naturerbefläche Reiterswiesen. Der Wald dort soll langfristig sich selbst überlassen werden und sich natürlich entwickeln. Er bietet den passenden Lebensraum für die „Blume des Jahres 2022“.
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Sternberg. Die kleine Waldblume liebt schattige Plätze mit ausreichend Feuchtigkeit. Ihre Bestände gehen vielerorts zurück, da naturnahe Feuchtwälder immer seltener werden. Im Kaarzer Holz, einer Fläche der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), dem DBU Naturerbe, im Landkreis Ludwigslust-Parchim wächst die „Blume des Jahres 2022“ noch: die vierblättrige Einbeere. Mit ihrer Wahl hat die Loki Schmidt Stiftung zum Schutz dieser Pflanze und ihres artenreichen Lebensraumes – dem alten, wilden und naturnahen Wald – aufgerufen.

‚Blume des Jahres 2022‘ liebt schattige Waldstandorte mit alten Bäumen

Die Einbeere ist gerade jetzt im Hochsommer gut zu erkennen: Die bis zu 30 Zentimeter große Pflanze hat vier Laubblätter unter der mittig sitzenden Frucht. Eine einzige schwarze oder dunkelblaue Beere thront quasi über der Pflanze. Einbeere – der Name ist Programm. Zeitgleich mit Heidelbeeren reift die Frucht zwischen Juli und September heran. Für den Menschen ist die glänzende Beere allerdings giftig. Mäuse und andere Waldtiere fressen die Beere jedoch und verbreiten sie mit ihren Ausscheidungen. Die Einbeere wächst oft in Gruppen, da sie sich wie Buschwindröschen vor allem unterirdisch über Erdsprossen, sogenannte Rhizome, ausbreitet. Mehrere überirdische Pflanzen können so unter dem Boden miteinander verbunden sein. Die einzelnen Triebe sind Klone, die genetisch identisch sind. Über die Rhizome und die einzige Beere kann sich die ‚Blume des Jahres‘ allerdings nur langsam vermehren – in einem Jahr überbrückt sie so oft nur weniger als 30 cm. Sie bevorzugt einen langlebigen, natürlichen Laubwald mit konstanten, stetig feuchten, Bedingungen. Klimawandel, Trockenheit und Bodenverwundungen durch schwere Maschinen machen der Einbeere zu schaffen.

Belting: „Wir brauchen mehr Wasser in der Landschaft“

Die ‚Blume des Jahres 2022‘ kommt vor allem in Hartholz-Auenwäldern, feuchten Buchenwäldern, Erlen-Eschenwäldern und Erlenbruchwäldern vor. Sie bevorzugt feuchte, nährstoffreiche Böden und zeigt hohe Grundwasserstände und Sickerwasser an. „Viele Böden in Deutschland werden über Gräben entwässert, um sie wirtschaftlich besser nutzen zu können“, erklärt Dr. Charlotte Seifert, Koordinatorin für die DBU Naturerbe-Entwicklungsplanung. Da naturnahe, feuchte Wälder immer seltener werden, ist die Einbeere in mehreren Bundesländern Norddeutschlands mittlerweile eine gefährdete Pflanzenart. Der Wald im DBU Naturerbe soll langfristig sich selbst überlassen werden und sich natürlich entwickeln – auch im Kaarzer Holz. „Im Zuge des Klimawandels werden Hitzewellen und Dürren zukünftig viel häufiger vorkommen. Wenn wir unsere feuchten Lebensräume erhalten wollen, müssen wir dafür sorgen, dass mehr Wasser in der Landschaft bleibt“, meint Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe. Verstärkt setze das DBU Naturerbe auf seinen 71 Flächen in zehn Bundesländern mit insgesamt rund 70.000 Hektar darauf, Feuchtgebiete zu renaturieren und möglichst wiederzuvernässen.

Kaarzer Holz: vom militärischen Übungsplatz zum Nationalen Naturerbe

Die rund 2.800 Hektar große DBU-Naturerbefläche Kaarzer Holz zählt zum Naturraum Sternberger Seenlandschaft. Bis 1970 wurde das Waldgebiet forstwirtschaftlich genutzt. Anschließend, von 1972 bis 1990, diente die Fläche als Standortübungsplatz Dabel–Demen zur Stationierung einer „Beweglichen Raketentechnischen Basis“ und einer Raketenbrigade der Nationalen Volksarmee. Nach der Wende übte von 1992 bis 2006 ein Panzerartilleriebataillon der Bundeswehr auf dem Gelände. In dem Gebiet 20 Kilometer östlich des Schweriner Sees konnte sich der Wald über viele Jahre ungestört entwickeln, da das dichte Laubdach des geschlossenen Waldgebietes als natürliche Tarnung für die während des Kalten Krieges hier stationierte Raketenbasis erwünscht war. Es kommen vor allem Kiefern, aber auch Eichen und Buchen vor. Heute gehört die Fläche zum Nationalen Naturerbe – und damit zu einer Flächenkulisse von insgesamt rund 164.000 Hektar, die der Bund dem Naturschutz gewidmet und beispielsweise an Stiftungen wie der DBU übertragen hat.