Acidität und Puffersysteme saurer Tagebauseen sowie Maßnahmen zu ihrer Neutralisierung und ph-Stabilisierung

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Oliver Totsche

In meinem Forschungsvorhaben geht es um die Therapiemöglichkeiten für Seen, die als Folge von Tagebauaktivitäten (Pyritoxidation) extrem versauert sind (pH 2 - 3,5). Nur sehr wenige spezialisierte Organismen sind in der Lage, diese Seen aufgrund der extremen abiotischen Faktoren als Lebensraum zu nutzen. Die Nahrungsnetze sind dementsprechend einfach aufgebaut. Durch den extremen Chemismus ist die Nutzbarkeit von Tagebauseen, z.B. als Badegewässer eher kritisch zu bewerten, wobei allerdings balneologische Studien noch ausstehen. Eine Nutzung zur Trinkwassergewinnung oder zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Nutzflächen, sowie eine fischereiliche Nutzung ist aufgrund der extremen chemischen Eigenschaften ausgeschlossen.Zur Neutralisierung dieser extrem sauren Tagebauseen gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: einen chemischen und einen biologischen. Beim chemischen Verfahren setzt man dem Wasser alkalisch wirkende Stoffe wie Kalk oder Natronlauge zu. Der biologische Therapieansatz setzt auf die Umkehrung der Versauerungsprozesse, also auf die Reduktion von dreiwertigem Eisen und Sulfat durch Mikroorganismen. Beide Verfahren sollen in diesem Forschungsvorhaben zu einer neuartigen, kombinierten Therapiestrategie verbunden werden, da die bisherigen Verfahren beide gravierende Nachteile besitzen.Beim rein chemischen Therapieansatz werden die zugegebenen alkalisch wirkenden Stoffe durch ständig neu zufließendes saures Grund- und Sickerwasser aufgebraucht. Dies hat eine rasche Wiederversauerung zur Folge. Bei der biologischen Therapiemethode wird die mikrobielle Eisen- und Sulfatreduktion durch die extrem niedrigen pH-Werte gehemmt. Außerdem hängt sie von einer ausreichenden Substratverfügbarkeit für die Mikroorganismen ab. Diese soll langfristig durch eine gesteigerte Primärproduktion gesichert werden. Die Primärproduzenten müssen in den Tagebauseen aber mit einer starken Nährstoffknappheit fertig werden. Kohlenstoff ist aufgrund des niedrigen pH-Wertes und Phosphor aufgrund der hohen Eisenkonzentration im Wasser nur in sehr geringen Konzentrationen vorhanden. Bei der kombinierten Therapiestrategie sollen die Vorteile beider Ansätze vereinigt werden. Dabei soll das Wasser zuerst rein chemisch neutralisiert und daraufhin mit Nährstoffen eutrophiert werden. Die chemische Neutralisation soll bessere Lebensbedingungen für die Primärproduzenten und die Eisen- und Sulfatreduzierer bewirken. Die darauf folgende Eutrophierung soll als Initialzündung für die biologische Alkalisierung dienen, welche dann eine Wiederversauerung durch zufließendes saures Grund- und Sickerwasser verhindern soll. In einer Literaturstudie werden unterschiedliche Neutralisierungsverfahren und -ansätze gesammelt und deren Vor- und Nachteile hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf extrem saure Tagebauseen diskutiert. In Vorversuchen sollen unterschiedliche Stoffe zur chemischen Neutralisierung getestet werden. Bei diesen Vorversuchen hat sich gezeigt, dass die gemessenen Titrationskurven nicht mit den modellierten Kurven übereinstimmen. Aufgrund dieser Beobachtung wurden die Puffersysteme des Tagebauseewassers untersucht. Daraus ist ein eigenes Projekt im Rahmen meiner Promotion entstanden.Im Hauptversuch soll die kombinierte Therapiestrategie getestet werden. Der Versuch wird im Labor in 60-Liter Mesokosmen durchgeführt. Die zwei Meter hohen Mesokosmen enthalten Originalwasser und Originalsediment aus einem sauren Tagebausee. Zusätzlich bot sich mir die Gelegenheit, in Zusammenarbeit mit anderen Projekten einen Enclosureversuch in einem Tagebausee durchzuführen.

Förderzeitraum:
01.06.2001 - 31.05.2004

Institut:
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Biologie
Arbeitsgruppe für Gewässer- und Stressökologie

Betreuer:
Prof. Dr. Christian E.W. Steinberg

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