Genetische Einflüsse allochthoner Wasserfrösche auf endemische Wasserfroschpopulationen (R. esculenta-Komplex)

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Torsten Ohst

Der Handel mit gebietsfremden (allochthonen) Wasserfröschen, insbesondere zu kulinarischen Zwecken, hat in vielen Ländern Europas zu Faunenverfälschungen geführt, da immer wieder importierte Frösche ausgesetzt wurden und wohl auch heute noch werden. Die Verbreitung solcher Tiere stellt ein bisher wenig beachtetes Gefährdungspotential für die einheimische Wasserfroschfauna dar. Die ausgesetzten Individuen stammen meist aus Südosteuropa und Anatolien. Allochthone Wasserfrösche konkurrieren nicht nur mit einheimischen Tieren um Ressourcen, sie bilden auch aus genetischer Sicht eine ernstzunehmende Bedrohung der Bestände, da zwischen allochthonen und autochthonen Wasserfroscharten keine bzw. nur sehr eingeschränkte prä- und postzygote Isolations-mechanismen ausgeprägt sind. Aus Paarungen zwischen endemischen Wasserfröschen und eingeschleppten Tieren gehen häufig fertile Hybriden hervor, wodurch Introgressionen allochthoner Gene in den endemischen Genpool möglich werden. Morphologisch sind allochthone Wasserfrösche nicht von autochthonen zu unterschieden. Erst durch den Einsatz molekularer Methoden ist es möglich, die Art- bzw. Formzugehörig-keit korrekt zu identifizieren. Die große Masse der Gewebeproben wurde in der Bundesrepublik entlang des Rheins gesammelt, dazu kommen einige aus der Westschweiz und Frankreich. Im Rahmen dieser Arbeit wurden bereits die mitochondrialen (mt) Genotypen von mehr als 450 DNA-Proben bestimmt. An Hand der DNA-Sequenzen wurde überraschender Weise die großflächige Verbreitung eines Genotyps festgestellt, der typisch für eine bisher nur aus Italien bekannte Art (Rana bergeri) ist. Der Anteil der mitochondrialen allochthonen Genotypen beträgt 25 % wenn nur die anatolischen- und südosteuropäischen Formen in Betracht gezogen werden. Wenn auch die Tiere mit dem mt-Genotypen der italienischen Form (R. bergeri) als ursprünglich anthropogen verschleppt angesehen werden, steigt der Anteil auf 56 %. Von den im Ruhrtal beprobten Tieren wiesen knapp 90 % einen mt-Genotypen auf, der ursprünglich nur auf dem Balkan verbreitet war. Neben den mt-Genotypen wird auch eine Region der Kern - DNA untersucht. Dabei zeigte sich, dass mehr als die Hälfte der beprobten Tiere einen heterozygoten Zustand in der sequenzierten Region aufweist, was die Auswertung erheblich erschwert. Bis jetzt zeichnet sich ab, dass wenn die Kern ? DNA zugrunde gelegt wird, der Anteil allochthoner Formen deutlich niedriger ausfällt. Da aber erst ein kleiner Teil der Proben auf den Kern ? Genotyp hin untersucht wurde, könnten die Zahl noch wesentlich ansteigen. Ebenso könnten viele allochthone Genotypen nur im heterozygoten Zustand auftreten. Weiterhin soll durch Aufzuchtsexperimente die ökologische Plastizität von autochthonen und allochthonen Individuen sowie der F1-Hybriden aus Kreuzungen: autochthon x allochthon, unter naturnahen Bedingungen vergleichend analysiert werden. Die dafür erforderlichen Kreuzungsexperimente wurden zwischen einheimischen R. ridibunda und anatolischen Wasserfröschen (R. cf. bedriagae) durchgeführt. Nach den ersten Ergebnissen scheinen die Hybriden keine reduzierte Überlebenswahrscheinlichkeit zu haben. Die erhöhte Entwicklungsgeschwindigkeit der Hybriden kann eventuell durch den Heterosiseffekt erklärt werden.

Förderzeitraum:
01.06.2003 - 31.05.2006

Institut:
Humboldt-Universität zu Berlin
Museum für Naturkunde
Institut für Systematische Zoologie

Betreuer:
Prof. Dr. Ulrich Zeller

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