Entwicklung einer praxistauglichen isotopengeochemischen Methode zur Quantifizierung des Abbaus organischer Schadstoffe im Grundwasser und deren Einsatz zur Beurteilung des Selbstreinigungs-Konzepts bei der Sanierung kontaminierter Standorte

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Michaela Blessing

Komponentenspezifische Isotopenanalyse zur Aufklärung der Herkunft und des Verbleibs von organischen Schadstoffen in komplexen GrundwasserleiternAuf intensiv genutzten Industriestandorten kommt es oft zu einer hohen organischen Schadstoffbelastung in Grundwasser und Böden. Flüchtige chlorierte und aromatische Kohlenwasserstoffverbindungen, sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), gehören dabei zu den am häufigsten nachgewiesenen organischen Schadstoffen an kontaminierten Standorten. Physikalisch-chemische und biologische Abbau- und Rückhalteprozesse in der gesättigten und ungesättigten Bodenzone können dabei die Ausbreitung der Schadstoffe verlangsamen und unter günstigen Bedingungen zu einer Begrenzung der Schadstofffahne führen (?Natural Attenuation?). In-situ Prozesse, die zu einer tatsächlichen Minimierung der Schadstofffrachten führen, stellen dabei eine alternative Sanierungsstrategie dar, deren Anwendung allerdings ein gutes Prozessverständnis des Transport- und Abbauverhaltens der Schadstoffe im Untergrund voraussetzen. Die substanzspezifische Isotopenanalyse (CSIA) mittels gekoppelter Gaschromatographie-Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (GC/IRMS) stellt in der Umweltanalytik eine wertvolle Methode dar, um solche Aussagen über die Herkunft und den Verbleib von organischen Schadstoffen zu ermöglichen.Ziel der vorliegenden Arbeit war das Aufzeigen des Potentials und der Grenzen der CSIA bei der Untersuchung der Herkunft und des Verbleibs von Schadstoffen an heterogenen und komplexen Feldstandorten. Die begrenzte Empfindlichkeit derzeitiger GC/IRMS-Systeme ist häufig der limitierende Faktor beim Einsatz der CSIA in Feldstudien. Um die Empfindlichkeit zu steigern im Sinne verbesserter Nachweisgrenzen, wurden verschiedene Probenextraktions- und Probenaufgabetechniken optimiert und für den Einsatz in der CSIA evaluiert. Für eine effizientere Extraktion flüchtiger Verbindungen konnte ein kommerziell erhältliches Purge&Trap-System im Rahmen dieser Arbeit für die speziellen Anforderungen optimiert werden. Die erhaltenen Ergebnisse zeigen, dass die hier eingesetzten Probenanreicherungs- und Extraktionstechniken effizient und zuverlässig in der substanzspezifischen Isotopenanalytik angewendet werden können. In den durchgeführten Studien konnte damit an unterschiedlichen Feldstandorten das biologische Abbaupotential anhand der Rayleigh-Gleichung abgeschätzt werden. Für weniger flüchtige Verbindungen (z.B. PAK) wurde eine neue Methode evaluiert: PTV-LVI. Diese Technik basiert auf der Injektion größerer Probenmengen (large-volume injection; LVI) in einen speziellen, temperatursteuerbaren Injektor (PTV-Injektor). Für ihre Anwendung in der Isotopenanalytik wurde diese neue Technik auf Genauigkeit, Linearität, Präzision und Reproduzierbarkeit untersucht, sowie die methodenspezifische Nachweisgrenze ermittelt. Diese Injektionstechnik (PTV-LVI) ermöglicht jetzt auch für die bisher problematischen mittelflüchtigen organischen Verbindungen verlässliche d13C-Bestimmungen im Spurenkonzentrationsbereich und erweitert damit das mögliche Anwendungsspektrum der CSIA-Methode in der Umweltanalytik erheblich, wie am Beispiel eines Kreosot-kontaminierten Standorts gezeigt wird.Da bislang die Feldanwendung der CSIA auf relativ homogene Aquifer-Systeme beschränkt war, lag der Anwendungschwerpunkt der Methoden auf Feldstandorten mit komplexen Bedingungen und Kontaminationsgeschichte. Dabei konnte gezeigt werden, dass die über CSIA ermittelten d13C Werte von chlorierten Kohlenwasserstoffen, in diesem Fall Tetrachlorethen und seinen Abbauprodukten, zur Identifizierung von potentiellen Verursachern (Kontaminationsquellen) herangezogen werden können, auch wenn Bioabbau eine Rolle spielt. In einem komplexen Realfall können, wie in der Arbeit am Beispiel eines geklüfteten Festgesteinsaquifer dargelegt, d13C Werte zusammen mit geochemischen und anderen standortspezifischen Informationen zuverlässig und mit hoher statistischer Aussagekraft interpretiert werden. In einer Schadstofffahne im südlichen Bereich des Standorts wurde zudem, durch die Integration der gemessenen Konzentrations- und Isotopendaten in ein reaktives Transportmodell, das NA-Potential in diesem Teil des Aquifers quantitativ erfasst.Ausgehend von den Ergebnissen der im Rahmen dieser Arbeit bearbeiteten Standorte werden die Beschränkungen und potentielle Fallgruben der CSIA unter Realbedingungen kritisch diskutiert und Strategien vorgeschlagen, mögliche Fehlerquellen zu vermeiden. Insgesamt verdeutlichen die hier erzielten Ergebnisse, wie CSIA-Methoden zu einer erfolgreichen Standortuntersuchung, auch für komplexe Schadensfälle, beitragen können. Zudem werden künftige Untersuchungen einen hohen Nutzen aus den hier verbesserten Methoden ziehen können.

Förderzeitraum:
01.07.2004 - 30.06.2007

Institut:
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften
Lehrstuhl für Umweltmineralogie

Betreuer:
Prof. Dr. Stefan Haderlein

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