Welche Bedeutung hat das Alter eines anthropogenen Lebensraums der Kalkmagerrasen für das Vorkommen von Pflanzenarten und die Zusammensetzung der Vegetation? Eine kulturhistorische, vegetations- und standortökologische Analyse.

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Petr Karlik

Kalkmagerrasen stehen im Zentrum des Naturschutzes in Mitteleuropa und gelten als einer der artenreichsten, aber aufgrund des starken Rückgangs im 20. Jahrhundert, ausgelöst durch die Aufgabe der Beweidung und nachfolgende Verbuschung bzw. Bewaldung oder Aufforstung, auch gefährdetsten Lebensräume Mitteleuropas

Trotz des Flächenverlustes sind aber auch regional zahlreiche neue Kalkmagerrasen aus aufgegebenen und brachgefallenen Äckern entstanden. Deshalb ist das Ziel dieser Arbeit es, den Einfluss historischer Faktoren auf die Artenvielfalt und -zusammensetzung in Kalkmagerrasen sowohl aus vegetations- und standortökologischer als auch naturschutzfachlicher Sicht zu bewerten.

Die Ergebnisse sollen nicht nur zu einem besseren Verständnis der Ursachen für das Vorkommen von Arten bzw. die Artenzusammensetzung in Kalkmagerrasen, sondern auch zu besseren Kriterien des Schutzes dieses bedrohten, auf europäischer Ebene prioritären Lebensraumes beitragen.

Es wurden insgesamt drei Gebiete bearbeitet: Schwäbische Alb (Kaltes Feld), Fränkische Alb (Kallmünz) und Böhmischer Karst (Srbsko).

Aufgrund meiner Ergebnisse könnten gute, über verschiedene Gebiete geltende Indikatorarten für historisch verschieden genutzte Flächen gefunden werden. Für die alten, kontinuierlichen Trockenrasen sind typisch Asperula cynanchica, Carex caryophyllea, Carex flacca, Filipendula vulgaris, Helianthemum nummularium s.l., Hippocrepis comosa, Prunella grandiflora und Thymus praecox s.l. Für historisch junge Rasen sind Agrimonia eupatoria, Agropyron repens, Dactylis glomerata, Potentilla reptans, Trisetum flavescens und Vicia cracca charakteristisch.

Es gibt deutliche vegetationskundliche Unterschiede zwischen den historisch alten und jungen Kalkmagerrasen. Diese Unterschiede liegen weniger in der Artenvielfalt als in der Artenzusammensetzung. Zwar kommen bedrohte Arten häufiger in den historisch alten Magerrasen vor, es gibt aber auch mehrere Ausnahmen, die fast ausschließlich in den jungen Magerrasen vorkommen. Die Ergebnisse zeigen auch, dass viele ehemalige Brachen eine unerwartet hohe Artenvielfalt aufweisen und einen großen Naturschutzwert besitzen.

Es wurden signifikante Unterschiede bei mehreren abiotischen Lebensraumparametern, insbesondere bei der Bodenreaktion und der Wasserkapazität gefunden.

Die Samenbank spiegelt die frühere Geschichte der Lokalitäten wider. Zur Renaturierung der artenreichen Trockenrasen kann die Samenbank nur beschränkt beitragen. Eine große Bedeutung hat es aber für den Artenschutz seltenen Ackerunkräuter, welche mittlerweile aus der aktuellen Vegetation weitgehend verschwunden sind.

Abschließend kann aus meinen Ergebnissen geschlossen werden, dass die historische Landnutzung der Lokalitäten als ein wichtiges Merkmal betrachten werden muss. So sollten die Ergebnisse im praktischen Arten- und Biotopschutz verwendet und auch z.B. in der Raumplanung berücksichtigt werden.