Towards a mechanistic understanding of how demography, genetic differentiation and enviromental factors interact to generate the invasion dynamics of Senecio inaequidens

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Susanne Lachmuth

Die Invasion nicht heimischer Tier- und Pflanzenarten ist eine de Hauptursachen für den globalen Verlust der Biodiversität und Änderungen der Struktur und Funktion von Ökosystemen. Ziel dieses Promotionsprojekts war es, ein grundlegenderes Verständnis der Mechanismen und Prozesse zu erlangen, die die Dynamik biologischer Invasionen bestimmen. Sowohl Populationswachstum als auch Kolonisierung, und folglich die Invasionsdynamik, hängen letzten Endes von den demographischen Geburts-, Mortalitäts- und Ausbreitungsraten ab. An Hand der Invasion des Schmalblättrigen Greiskrauts Senecio inaequidens in Europa wurden beispielhaft Faktoren untersucht, die systematische Variation in den demographischen Raten invasiver Populationen erzeugen. Dies wurde durch eine Kombination verschiedener Methoden, die unter Anderem molekulargenetische Analysen, ein „Common-Garden-Experiment“ und demographische Freilanduntersuchungen umfassten, erreicht. In der Allgemeinen Einleitung dieser Arbeit wird zunächst die wachsende Erkenntnis hervorgehoben, dass anstelle von Erklärungen, die auf einzelne Faktoren abzielen, ein allgemeiner konzeptueller Rahmen benötigt wird, um der Komplexität biologischer Invasionen gerecht zu werden. Des Weiteren wird die Relevanz der Untersuchung biologischer Invasionen für die ökologische und evolutionäre Grundlagenforschung betont. Darauf aufbauend erläutere ich die oben genannte grundlegende Rolle demographischer Variation für das Verständnis und die Vorhersage biologischer Invasionen und führe grundlegende Prozesse ein, die diese Variation erzeugen. Abschließend wir die Verwendung der Invasion von S. inaequidens in Europa als Modellsystem begründet und das Konzept dieser Dissertation herausgearbeitet.In Kapitel 2 wird durch eine Kombination molekularer Analysen und historischer Daten die Existenz vier unabhängiger Expansionszentren im Untersuchungsgebiet bestätigt, die in der floristischen Literatur dokumentiert wurde. Diese unterschiedlichen Einführungsereignisse waren allerdings nicht alle gleichsam erfolgreich. Während sich die Populationen aus Mazamet (Frankreich) und Verviers (Belgien) weiträumig in Süd- und Mitteleuropa ausbreiteten, trugen die Einführungen in Calais (Frankreich) und Bremen (Deutschland) nicht maßgeblich zur Invasion im Untersuchungsgebiet bei. Dieses Ergebnis verdeutlicht, a) dass Invasivität nicht einfach eine Arteigenschaft ist, sondern Invasionen ein und der selben Art an unterschiedlichen Barrieren in den verschiedenen Invasionsphasen scheitern können; und b) dass mehrfache Einführung die Erfolgsaussichten einer Invasion vergrößert. Es wurden außerdem zwei unterschiedliche, aber überlappende, Herkunftsgebiete der genetischen Cluster die jeweils Süd- und Mitteleuropa kolonisieren identifiziert. Genetische Differenzierung bezüglich der klimatischen Ansprüche im Heimatareal in Verbindung mit, auf die Einführung folgender, Selektion von Genotypen, die am besten an das jeweilige lokale Klima angepasst waren, scheint die wahrscheinlichste Erklärung für diesen Befund. Folglich kann klimatische Differenzierung und Voranpassung der beiden Herkunftscluster als weiterer Mechanismus betrachtet werden, der die erfolgreiche Etablierung und Ausbreitung von S. inaequidens in Europa beförderte. Einführung und Etablierung hatten vermutlich eine erste Reduzierung der genetischen Diversität zur Folge. Im Verlauf der Invasion nahm diese infolge von Fernausbreitungsereignissen während der rasanten Ausbreitung weiter ab. Darauf folgender Genfluss entlang gut vernetzter Invasionsrouten wirkt dieser Entwicklung jedoch entgegen.Auf Grundlage dieser Ergebnisse und Daten zur neutral-genetischen Differenzierung sollte, mit Hilfe des in Kapitel 3 beschriebenen „Common-Garden-Experiments“, die Rolle adaptiver und nicht-adaptiver genetischer und evolutionärer Prozesse für die Herausbildung von Variation in der Reproduktions- und Konkurrenzfähigkeit zwischen den invasiven Populationen von S. inaequidens untersucht werden. Gemäß der statistischen Analysen mit so genannten „animal models“, welche in leicht abgewandelter Form aus der Quantitativgenetik übernommen wurden, können Teile der Variation bezüglich der Biomasseproduktion und Reproduktion auf neutral genetische Differenzierung zurück geführt werden. Zudem scheinen Genotypen aus konkurrenzarmen Habitaten mehr in Reproduktion zu investieren und sensitiver auf Konkurrenz zu reagieren. Beides spricht für r/K Differenzierung auf lokaler Skala. Mit Ausnahme einer Abnahme der Wahrscheinlichkeit zu blühen in genetisch verarmten Populationen, konnten augenscheinliche genetische Allee-Effekte und r/K Selektion auf großer räumlicher Skala größtenteils durch die Verwandtschaft der Populationen erklärt werden. Diese Ergebnisse untermauern, dass a) auch erfolgreiche Invasoren genetische Allee-Effekte erfahren können; b) invasive Populationen sich möglicherweise schnell an kleinskalige Umweltvariation anpassen können; und c) neutral genetische Differenzierung und damit die Invasionsgeschichte eine bedeutende Rolle für die Entstehung demographischer Variation zwischen invasiven Populationen spielen.In Kapitel 4 schließlich wird die Relevanz der in den vorangehenden Kapiteln identifizierten Mechanismen und Prozesse für die Demographie invasiver Populationen von S. inaequidens unter natürlichen Bedingungen untersucht. Demographische Größen, die im Rahmen einer groß angelegten Feldstudie in 22 europäischen Populationen erhoben wurden, wurden hinsichtlich der Auswirkungen klimatischer Bedingungen, inter-spezifischer Konkurrenz, genetischer Allee-Effekte, neutraler Populationsdifferenzierung und adaptiver Evolution in Zusammenhang mit dem Alter der Invasionen analysiert. Wachstum und Überleben scheinen vornehmlich durch großskalige klimatische Variation bestimmt zu werden, wobei warme Sommertemperaturen und milde und nasse Winter deutlich negative Effekte haben. Zudem scheinen Wachstum und Reprdokution genetischen Allee-Effekten zu unterliegen und nehmen mit zunehmendem Populationsalter ab. Letzteres deutet auf eine zunehmende Resistenz der invasierten Gemeinschaften hin. Auch neutrale Differenzierung der Populationen scheint wiederum eine Rolle bei der Entstehung von Variation bezüglich des Wachstums zu spielen. Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass invasive Populationen nicht gleichförmig und statisch sind, sondern unter natürlichen Bedingungen systematische Variation hinsichtlich demographsicher Raten aufweisen, die bei der Untersuchung und Vorhersage von Invasionsdynamiken beachtet werden muss.In der Allgemeinen Diskussion (Kapitel 5) führe ich die Ergebnisse der einzelnen Kapitel zusammen und identifiziere Forschungslücken bezüglich der Invasion von S. inaequidens in Europa. Daraufhin erarbeite ich, aufbauend auf meinen Befunden, Empfehlungen für die invasionsbiologische Forschung im Allgemeinen. Außerdem werden Beiträge dieser Dissertation zu weiteren ökologischen und evolutionären Themengebieten erläutert. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit lassen schlussfolgern, 1) dass mehrfache Einführung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine Art die verschiedenen Barrieren in den einzelnen Invasionsphasen überwindet, 2) dass mehr Aufmerksamkeit auf intra-spezifische Differenzierung innerhalb des Heimatareals gelegt werden sollte, um die Vorehrsagbarkeit der Variation in Ausbreitungsraten und der Verbreitungsgrenzen im Invasionsgebiet zu erhöhen, 3) dass schnelle lokale Anpassung im Invasionsgebiet sowohl die Anzahl besiedelter Habitate erhöhen, als auch die Auswirkungen der Invasion verstärken könnte; 4) dass neutrale Populationsdifferenzierung zu demographischer Variation beitragen kann und bei der Untersuchung adaptiver Mikroevolution berücksichtigt werden sollte; 5) dass auch bei sehr erfolgreichen invasiven Arten genetische Allee-Effekte auftreten können; 6) dass heimische Lebensgemeinschaften sich mit der Zeit an die Invasion anpassen können und die dahinter stehenden Mechanismen untersucht werden sollten. Zusammenfassend scheint biologischen Invasionen –wie den meisten anderen natürlichen Phänomenen- ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Mechanismen und Prozesse zu Grunde zu liegen, was ihre Erklärung durch Konzepte, die nur einzelne Faktoren berücksichtigen, unwahrscheinlich macht.

Förderzeitraum:
01.07.2006 - 30.06.2009

Institut:
Universität Potsdam
Institut für Biologie und Biochemie
Professur für Vegetationsökologie und Naturschutz

Betreuer:
Prof. Dr. Florian Jeltsch

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URL: https://scholar.google.de/citations?user=aw1qwE_kVjsC&hl=de