Halboffene Korridore - ein neues Modell für den Naturschutz? Eine Untersuchung an flugunfähigen Laufkäfern im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide

Stipendiatin/Stipendiat: Britta Eggers

Fragmentierung von Lebensräumen durch z.B. Straßen, Siedlungs- und Industriebaumaßnahmen ist einer der häufigsten Gründe für den Artenrückgang. Ehemals zusammenhängende Lebensräume werden auf kleine Resthabitate beschränkt, so dass individuenärmere Subpopulationen geschaffen werden, die voneinander getrennt sind. Besonders stenotope und flugunfähige Arten sind davon betroffen. Maßnahmen des Naturschutzes ? z.B. Ausbreitungskorridore ? sollen stenotopen dispersionsschwachen Tieren die Ausbreitung in isolierte Lebensräume ermöglichen und wiederherstellen. Problematisch ist allerdings, dass Korridore nicht nur die Fragmentierung zweier Habitat-Patches aufheben, sondern das umliegende andersartige Habitat ihrerseits trennen. Es werden entweder Korridore geschaffen die z.B. Waldflächen verbinden oder die Konnektivität von Heideflächen fördern sollen. So wirken die neu geschaffenen Verbindungen von z.B. Heideflächen möglicherweise selbst trennend für die angrenzenden Waldflächen.Meine Untersuchung befasst sich mit einer neuen Art von Korridoren, die in dieser Form noch nicht erforscht wurde. Halboffene Korridore mit einer Mischung aus Wald- und Heidevegetation sollen die Konnektivität beider Lebensräume (Wald und Heide) fördern. Ziel dieser Untersuchung ist es, zu überprüfen, ob halboffene Korridore von stenotopen flugunfähigen Laufkäfern (Heide- und Waldarten) zur Ausbreitung genutzt werden können. Die Ergebnisse könnten weitreichende Konsequenzen für den praktischen Naturschutz haben. Mit populationsbiologischen Methoden, wie Fang-Wiederfang-Versuche, Barber-Fallen und Enclosures möchte ich untersuchen, ob Laufkäfer in den halboffenen Korridor hinein bzw. durch ihn durch laufen, ob auch strenger stenotope Arten ihn nutzen und ob sie die Fähigkeit haben im halboffenen Korridor zu überwintern können.Nach ersten Auswertungen der Fang-Wiederfang-Versuche kann ich nachweisen, dass Heidelaufkäfer (hier: Poecilus lepidus) in der Lage sind, in einen halboffenen Korridor hinein zu laufen. Auch die beiden untersuchten Waldarten (Carabus violaceus und Abax parallelepipedus) können den halboffenen Korridor durchqueren. Mit den Daten der Fang-Wiederfang-Versuche möchte ich eine Modellierung mit dem Programm DISPERS rechnen. Bei der Modellierung sollen die Daten aus den Fang-Wiederfang-Experimenten mit einem Simulationsmodell verglichen werden. Es besteht ebenso die Möglichkeit, mit diesem Programm zeitliche Simulationen zu berechnen, also z.B. vorauszusagen, wie sich die Populationen bei veränderter Landschaft in den nächsten Jahren verhalten werden und wie ein möglichst perfekter halboffener Korridor aussehen sollte.Besonders seltene Arten können nicht mit der Fang-Wiederfang-Methode untersucht werden, da die Populationsgrößen zu gering sind. So erlauben die Ergebnisse, die ich mit Hilfe der Barber-Fallen erwarte, Aussagen darüber, ob auch besonders stenotope Arten die Korridore nutzen, oder ob diese Arten auf ihre eigentlichen Lebensräume beschränkt bleiben. Das Vorkommen strenger stenotoper Arten konnte ich mittels Totfangfallen im Korridor feststellen. Gut 15700 Individuen aus insgesamt 104 Arten konnte ich bestimmen, darunter einige Arten der Roten Liste wie z.B. Cicindela sylvatica, Carabus nitens und Badister unipustulatus. In diesem Projekt sollen also mehrere freilandökologische Methoden mit einer individuenbasierten Modellierung kombiniert werden, um Aussagen über die Effektivität der zu untersuchenden Korridortypen zu erhalten.

Förderzeitraum:
01.06.2006 - 31.05.2009

Institut:
Universität Lüneburg
Institut für Ökologie
Fachbereich Umweltwissenschaften

Betreuer:
Prof. Dr. Thorsten Aßmann

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