Residential Relocation - A Window of Opportunity for Interventions to Change Travel Behaviour?

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Ines Thronicker

Der Pkw ist seit Jahrzehnten das mit Abstand am häufigsten benutzte Verkehrsmittel privater Haushalte. Seine massenhafte Nutzung führt zu enormen kurz- und langfristigen lokalen und globalen Belastungen für Umwelt, Mensch und Gesellschaft. Städtische Schrumpfungsphänomene beschleunigen die Zunahme des Pkw-Verkehrs zusätzlich.Für die Förderung nachhaltiger Mobilität steht ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Verfügung, wobei sich gut akzeptierte und kostengünstige "weiche" Maßnahmen allerdings häufig als wenig wirksam erweisen. Müssen Personen jedoch ihr Verkehrsverhalten neu organisieren, beispielsweise aufgrund eines Wohnumzugs, können "weiche" Maßnahmen beachtliche Effekte erzielen. Neu zugezogene BürgerInnen, die ein Informationspaket und Gratisticket für den Öffentlichen Verkehr erhielten, nutzten diesen im Anschluss an die Maßnahme häufiger als NeubürgerInnen, die nichts erhielten.In den wenigen verfügbaren Untersuchungen bleiben allerdings wichtige Fragen unbeantwortet. Die Promotionsarbeit möchte die Übertragbarkeit bisheriger Studienergebnisse auf eine von Schrumpfung betroffene ostdeutsche Großstadt überprüfen. Insbesondere sollen die Frage nach dem idealen Zeitpunkt einer derartigen Intervention beantwortet sowie der spezifische Einfluss von Intervention und Umzug auf das individuelle Verkehrsverhalten untersucht werden.In einem Feldexperiment wurden Umzügler und alteingesessene BürgerInnen der Stadt Leipzig mehrfach unter anderem zu ihrem Mobilitätsverhalten und gegebenenfalls zu umzugsrelevanten Aspekten befragt werden. Zwischen den Befragungen erhielt sowohl ein Teil der Umzügler als auch ein Teil der Alteingesessenen ein Mobilitätspaket mit mobilitätsbezogenen Stadtteilinformationen sowie Anreizen zur Nutzung alternativer Verkehrsformen. Einige Umzügler erhielten die Intervention kurz vor, andere kurz nach ihrem Umzug.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie überschauend lässt sich feststellen, dass prinzipiell ein beachtliches Interesse an dem Mobilitätspaket sowohl bei Umzüglern als auch bei ansässigen Bürgern besteht (50% aller Teilnehmer), besonders bei Personen, die aktuell Änderungen in ihrem Leben erfahren oder die bereits den Öffentlichen Verkehr oder das Fahrrad benutzen. Das Interesse an dem Paket spiegelt sich mit 10% aller Personen, die ein Mobilitätspaket erhielten, allerdings nur ansatzweise in der Nutzung der Schnupperangebote wieder. Betrachtet man allerdings die Bewertung des Pakets, zeigt sich, dass nur zwei Drittel der Teilnehmer die Informationen für nützlich oder teilweise nützlich halten, und nur ein Drittel derer, die Schnupperangebote erhielten, diese für sinnvoll oder teilweise sinnvoll erachteten. Ein Einfluss des Mobilitätspakets auf das tatsächliche oder beabsichtigte Verkehrsverhalten ließ sich für keine der Teilnehmergruppen feststellen, d.h. weder für den Umzug selbst noch für den Zeitpunkt der Paketzustellung im Umzugsprozess ließ sich in der vorliegenden Studie eine Bedeutung bezüglich der Wirkung des Mobilitätspakets erkennen. Zugleich konnte die hohe Bedeutung mobilitätsrelevanter Kriterien für Umzügler bei der Wahl des neuen Wohnorts aufgezeigt werden.
Für die Praxis bedeuten die Ergebnisse, dass mit dem kommunikationsorientierten und „weichen“ Instrument eines Mobilitätspakets zwar kaum Personen erreicht werden können, die eine sehr hohe Auto-Affinität zeigen, dass es aber für Personen, die Änderungen in ihrem Leben erfahren und die bereits eine Offenheit für die Verkehrsmittelalternativen aufweisen, ein hohes Potenzial hat. Unabdingbar für einen Erfolg ist dann jedoch eine unter den Beteiligten, aber auch im Hinblick auf übergreifende kommunalpolitische Ziele abgestimmte, vorausschauende und vor allem sinnvolle Gestaltung und Umsetzung des Mobilitätspakets und der Nutzungsanreize.

 

Förderzeitraum:
01.11.2007 - 30.06.2012

Institut:
Technische Universität Dresden
Fakultät Verkehrswissenschaften
Lehrstuhl für Verkehrspsychologie

Betreuer:
Prof. Dr. Bernhard Schlag

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