Populationsgenetische Untersuchungen zur Erfolgskontrolle von ex situ-Schutzprogrammen in Zoologischen Gärten am Beispiel der Wildkatze (Felis silvestris) und ihrer nächsten Verwandten

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Kathrin A. Kaltwaßer

In den letzten Jahren ist die Anzahl bedrohter Arten, die auf ex situ-Schutzprogramme angewiesen sind, deutlich gestiegen. Bislang wurde die Effizienz von ex situ-Zuchtprogrammen allerdings selten systematisch untersucht. Ziel dieser Arbeit war es zunächst den aktuellen Wissensstand zu den Auswirkungen der ex situ-Zucht auf die genetische Vielfalt bedrohter Arten zusammen zu fassen. Hierbei sollte geklärt werden ob die selbst gesetzten Ziele des Weltverbandes der Zoos und Aquarien (WAZA) in rezenten Zoopopulationen erreicht werden. Bei dieser Auswertung publizierter Daten stellte sich heraus, dass eine Zucht in Gefangenschaft auf Dauer zu einem Verlust der genetischen Vielfalt führt, dass diesem Effekt allerdings durch ein sorgfältiges Management der Zuchtpopulation entgegengewirkt werden kann. Die Daten legen nahe, dass es Grenzwerte für die Zahl der Gründer (15) und die Größe der Zuchtpopulation (100) gibt, mit deren Erreichen Inzucht minimiert und ein vergleichsweise hohes Maß genetischer Vielfalt erhalten werden kann. Es zeigte sich aber auch, dass noch viel Forschungsbedarf in Bezug auf die genetischen Auswirkungen von ex situ-Zucht besteht. Vor allem der Vergleich zwischen der Zuchtpopulation und natürlichen Wildpopulationen ist von elementarer Bedeutung um die Effizienz und den Erfolg von Zuchtprogrammen bewerten zu können. Auch zeigte sich, dass es zusätzlichen Forschungsbedarf bezüglich genetischer Anpassungen an die Bedingungen in Gefangenschaft gibt, was die vermehrte Nutzung von nicht-neutralen genetischen Markern nahe legt. Zudem sollte verstärkt eine Übertragung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die praktische Anwendung im Zoo erfolgen (z. B. in Bezug auf die Artenzusammensetzung oder die Managementstrategien). Die Untersuchungen an der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris) zeigen, dass es im Laufe der Haltung in Zoos vermutlich mehrfach zu Hybridisierung mit Hauskatzen oder zur Aufnahme von Hybriden kam. Lediglich ein Drittel der Zuchtpopulation wies den mitochondrialen Haplotyp auf, der auch in wilden Populationen zu finden ist und kann daher für eine weitere Zucht empfohlen werden. Dies macht die Aufnahme von zusätzlichen Individuen aus den Wildpopulationen zu einer nötigen Voraussetzung zur effektiven Erhaltung der genetischen Diversität dieser Art. Von weiteren Wiederansiedelungen mit Tieren aus der ex situ Zucht ist generell abzuraten, da sich die Europäische Wildkatze inzwischen wieder auf natürlichem Wege ausbreitet. Die genetischen Daten liefern in diesem Fall einen wichtigen Grundstock für die Etablierung eines Zuchtbuches. Eine Analyse der derzeitigen Haltungsbedingungen für diese Art zeigte, dass die Haltungsstandards die gesetzlichen Mindestanforderungen weit übertreffen. Allerdings zeigte ein Vergleich mit den Empfehlungen aus der Verhaltensforschung bei Kleinkatzen, dass vor allem in Bezug auf den Kontakt zu den Pflegern und der Fütterung noch Verbesserungspotenzial besteht.Die genetischen Untersuchungen an der ex situ-Population der Arabischen Sandkatze (Felis margarita harrisoni) zeigen, dass trotz einer stärkeren Bedrohung, weniger Gründertieren und einer kleineren Zuchtpopulation bei dieser Art ein hohes Maß an genetischer Diversität erhalten werden konnte. Die Daten legen nahe, dass die 18 Gründer für dieses Zuchtprogramm eine hohe genetische Diversität eingebracht haben und nicht näher mit einander verwandt waren. Zudem zeigt dieses Beispiel dass genetische Untersuchungen auch bei Populationen mit detaillierten Zuchtbuchdaten sehr sinnvoll sein können, da ein Fehler in den Zuchtbuchdaten nachgewiesen werden konnte. Die genetischen Daten bestätigen zudem die Ergebnisse zu den Grenzwerten für die Anzahl der Gründer und die Größe der Zuchtpopulation. Insgesamt scheinen ex situ-Zuchtprogramme durchaus geeignet zu sein um die genetische Vielfalt bedrohter Arten zu erhalten. Wichtig ist eine ausreichend große Zahl genetisch variabler Gründer und ein sorgsames Zuchtmanagement. Allerdings lässt sich langfristig aufgrund der kleinen Populationsgrößen Inzucht und der Verlust genetischer Vielfalt in Zoopopulationen nicht vermeiden. Die Fallbeispiele untermalen den großen Nutzen den genetische Untersuchungen für die Kontrolle und Verbesserung von Erhaltungszuchtprogrammen haben.

Förderzeitraum:
01.12.2007 - 30.11.2010

Institut:
Universität Trier
Fachbereich VI - Biogeographie

Betreuer:
Prof. Dr. Axel Hochkirch

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