Hydromechanische Modellierung potenzieller geothermischer Rotliegend-Reservoire

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Christiane Schneider-Löbens

Die Rotliegend-Vulkanite aus dem Norddeutschen Becken (NDB) sind in jüngster Zeit stärker in den Fokus geothermischer Betrachtung gerückt. Ein wichtiger Meilenstein war das Forschungsprojekt Groß Schönebeck, bei dem wider Erwarten die Vulkanite als sekundärer Zielhorizont die besten Voraussetzungen für eine geothermische Erschließung boten. Über die hydraulisch/mechanischen Eigenschaften der Vulkanite im Untergrund ist jedoch kaum etwas bekannt und auch die Oberflächenäquivalente sind hinsichtlich geothermisch relevanter Parameter weitgehend unerforscht. Aus den positiven Erfahrungen des Standorts Schönebeck entstand die Motivation einer umfangreichen Analyse der Rotliegend-Vulkanite mit Blick auf eine tiefengeothermische Nutzung. Es wurden thermische, felsmechanische und petrophysikalische Untersuchungen von sieben Oberflächenäquivalenten durchgeführt; drei der Oberflächengesteine sowie zwei Tiefenbohrungen wurden ferner hinsichtlich auftretender Kluftmuster analysiert. Die Daten fungieren als Eingangsparameter für hydraulische sowie hydromechanische numerische Modellierungen zur Potenzialabschätzung und zum Prozessverständnis.

Die thermische Analyse der Gesteine ergab eine hohe Wärmeleitfähigkeit für die quarzreichen und dichten Vulkanitvarietäten. Durch die Wärmekapazität und die Reservoirtemperatur wurde das technische Strompotenzial für die Eruptionsstadien ermittelt. Das größte Potenzial liegt im explosiven Ignimbritstadium und im Post-Ignimbritstadium und wird auf einen Wert geschätzt, der allein dem 20-fachen des deutschen Jahresstromverbrauchs entspricht. Regional betrachtet ist das größte Potenzial bei Standortwahl im zentralen östlichen NDB zu erwarten.

Die untersuchten Vulkanite sind überwiegend dicht und erfordern Stimulationsmaßnahmen für eine erfolgreiche Erschließung. Auch die stärker porösen Tuffe erreichen nicht die erforderliche Matrixpermeabilität für einen Porenleiter. Triaxiale Druckversuche unter in-situ Spannungsbedingungen haben jedoch gezeigt, dass es nur bedingt möglich ist, Risse im intakten Gestein zu erzeugen. Man ist folglich auf eine gestörte Kruste, also Klüfte im Gestein angewiesen. Sowohl die Oberflächengesteine als auch die Vulkanite im Untergrund sind nachweislich geklüftet. Das tektonische Grundmuster beschreibt Klüfte, die NW-SE bis NNW-SSE sowie NE-SW bis NNE-SSW orientiert sind und dabei steil einfallen. Die Scherfestigkeitskriterien der Kluftflächen liegen deutlich unterhalb derer für das intakte Gestein, so dass die Bedingung für eine
Aktivierung der Klüfte im Spannungsfeld des NDB positiv bewertet wird.

Die Kluftdaten wurden zum Zwecke numerischer Modellierungen in diskrete Kluftnetzwerkmodelle überführt. Hydraulische Modellierungen ergaben eine bevorzugte Fließrichtung in NW-SE. Die mit der Tiefe zunehmende Kluftschließung führt zu einer Durchlässigkeit, die für eine geothermische Nutzung nicht ausreichend ist, das Gestein muss hydraulisch stimuliert werden. Eine Stimulation der Kluftflächen zur Steigerung der Fließrate wurde mittels hydromechanischer Modellierungen erfolgreich dargestellt. Die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Stimulation sind die Geometrie des Kluftsystems und die Orientierung des Spannungsfelds. Aufgrund der überwiegend vertikalen Kluftflächen im Vulkanit und der hohen Vertikalspannung im tiefengeothermischen Reservoir wird eine Erschließung über das Multiriss-Konzept empfohlen. Durch den in der vorliegenden Arbeit dargestellten methodischen Ansatz kann mittels repräsentativer Eingangsparameter für einen Standort entsprechend der notwendige Injektionsdruck sowie die Art und Intensität der Verformung
der Kluftflächen für eine hydraulische Stimulation prognostiziert werden.

Förderzeitraum:
01.06.2010 - 31.05.2013

Institut:
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Geowissenschaften

Betreuer:
Prof. Dr. Siegfried Siegesmund

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