Ermittlung von verfahrens- und reaktionstechnischen Daten für ein innovatives Deponiegasreinigungsverfahren mittels Prozesssimulation verifiziert durch Versuche im Labor sowie an ausgewählten Deponiestandorten mit unterschiedlicher Siloxanbelastung

Stipendiatin/Stipendiat: Alisa Jovic

Deponiegas entsteht bei der anaeroben Fermentation von organischem Material in deponierten Abfällen. Die Hauptbestandteile von Deponiegas sind Methan (35 – 70 Vol.-%) und Kohlendioxid (25 – 45 Vol.-%). Der hohe Methangehalt des Gases ermöglicht dessen Nutzung als alternativen Energieträger, was die Substitution von fossilen Brennstoffen fördert und die Methanemissionen reduziert. Weltweit werden 40 - 60 Millionen Tonnen Methan pro Jahr von Deponien emittiert. Methan trägt zur globalen Klimaerwärmung bei und hat ein 21-fach stärkeres Treibhausgaspotential als Kohlendioxid.Außer den Hauptkomponenten enthält Deponiegas zahlreiche andere zumeist organische Spurenverbindugen. Neben chlor-, fluor- und schwefelhaltigen treten ebenfalls siliciumorganische Verbindungen im Spurenbereich auf, die sogenannten flüchtigen Methylsiloxane (engl. Volatile Methyl Siloxanes = VMS). Diese Siloxane bilden eine Untergruppe der Silicone und sind synthetische Verbindungen, die aus Si-O-Bindungen bestehen und an deren Siliciumatomen Methylgruppen (CH3-Gruppen) gebunden sind. Hiervon leitet sich die Bezeichnung Siloxane ab: sil(icon) + ox(ygen) + (meth)ane. VMS können linear oder zyklisch aufgebaut sein.Aufgrund ihrer nützlichen Eigenschaften wie beispielsweise hohe Druckbeständigkeit, Witterungsbeständigkeit, hohe thermische Stabilität, geringe Giftigkeit, Hydrophobie und Umweltfreundlichkeit finden sie häufig Anwendung in verschiedenen industriellen Prozessen und sind Bestandteil in einer Vielzahl von Verbraucherprodukten (u.a. Kosmetika, Reinigungs-, Wasch- und Körperpflegemittel). Als eine Konsequenz dieses Gebrauchs gelangen die VMS in deponierte Abfälle und reichern sich, wegen ihrer hohen Flüchtigkeit und wasserabweisenden Eigenschaften, während der Abfallentsorgung in der Gasphase an.Bei der Verbrennung des Deponiegases in Gasmotoren werden die enthaltenen VMS in Siliciumdioxid (SiO2) umgewandelt, welches sich im Motorraum ablagert und dort erhebliche Schäden verursacht. Die feinkristallinen Teilchen verfügen über ähnliche Eigenschaften wie Glas und ihr Niederschlag auf den Motorbauteilen bedingt deren erhöhten Verschleiß, da die Teilchen dort wie ein Schleifmittel wirken. Dies führt zu verkürzten Motorstandzeiten, häufigen Schmierölwechseln und teuren Wartungskosten. Zudem beschädigt das Siliciumdioxid irreversibel katalytisch arbeitende Abgasreinigungssysteme von Gasmotoren, so dass gesetzlich vorgeschriebene Abgasgrenzwerte nicht eingehalten werden können.Daher ist eine Abtrennung der VMS aus Deponiegas für die energetische Nutzung in Gasmotoren aus ökonomischer Sicht notwendig. Der derzeitige Stand der Technik ist die Entfernung der VMS durch Adsorption an Aktivkohle. Diese wird oft mit einer vorgeschalteten Gaskühlung kombiniert, um durch die Trocknung des wasserdampfgesättigten Deponiegases den nachfolgenden Adsorptionsvorgang zu verbessern, was allerdings höhere Betriebskosten bedingt. Ein Problem bei diesem Verfahren stellt die sogenannte konkurrierende Adsorption zwischen den VMS und anderen Spurenbestandteilen im Deponiegas dar. Bestimmte Verbindungen werden aufgrund ihrer chemischen Struktur bevorzugt an Aktivkohle adsorbiert (z. B. aromatische Verbindungen). Dadurch tritt eine deutliche Reduzierung der Beladungskapazität von Aktivkohle für VMS ein und die Standzeit der Aktivkohle verkürzt sich. Ein weiteres Problem ist die schlechte Regenerierbarkeit der beladenen Aktivkohle, da sich die Siloxane kaum wieder entfernen lassen, weshalb regelmäßig die vollständig beladene Aktivkohle thermisch entsorgt und gegen neue Aktivkohle ausgetauscht werden muss. Aus diesen Gründen ergeben sich hohe Betriebskosten, die auf den zu hohen Verbrauch an Adsorbens und die geringe Reinigungseffizienz zurückzuführen sind.Im Rahmen meiner Promotion beschäftige ich mich mit einem neuen Verfahrensansatz zur Abtrennung von flüchtigen Methylsiloxanen aus Deponiegas, um die Gasreinigung effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten, damit das energetische Potenzial von Deponiegas besser genutzt werden kann. Bei diesem Verfahren werden die VMS bei Temperaturen von 150 - 400 °C in einem Reaktor an einem Aluminiumoxid-Kontakt zu Siliciumdioxid abgebaut. Das Siliciumdioxid lagert sich auf dem Aluminiumoxid ab und wird so aus der Gasphase abgetrennt.Das Ziel des Promotionsvorhabens ist es, die Reaktionsbedingungen zu identifizieren und zu optimieren, die zu einer hohen Aktivität und Selektivität für den Methylsiloxan-Abbau an Aluminiumoxid führen. Der Verfahrensansatz wird sowohl an einer Laboranlage als auch unter realen Bedingungen in einer mobilen Feldtestanlage (1 - 2 m3 Deponiegas/h) an zwei ausgewählten Deponiestandorten untersucht. Einzelne Verfahrensparameter werden systematisch variiert, um die optimalen Reaktionsbedingungen für den Methylsiloxan-Abbau festzustellen. Wichtige Einflussgrößen für den Methylsiloxan-Abbau sind die Reaktionstemperatur, der Sauerstoffgehalt, die Verweilzeit im Reaktor und die Anwesenheit von Wasserdampf sowie weiterer Spurenverbindungen in der Gasphase. Abschließend wird auf Basis der ermittelten Daten unter Verwendung einer Simulationssoftware eine verfahrenstechnische und ökonomische Bewertung des Prozesses vorgenommen.

Förderzeitraum:
01.03.2011 - 28.02.2014

Institut:
Ruhr-Universität Bochum
Lehrstuhl für Verfahrenstechnische Transportprozesse
Institut für Thermo- und Fluiddynamik

Betreuer:
Prof. Dr. Eckhard Weidner

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