Aquakulturen mariner Makroalgen: Isolierung und Anwendung von Sporulationsinhibitoren aus dem Meersalat Ulva

Stipendiatin/Stipendiat: Ralf Keßler

Die grüne Makroalge Ulva, die zur Alge des Jahres 2015 gekürt wurde, ist als Meersalat bekannt und verfügt über eine gute Anpassungsfähigkeit gegenüber unterschiedlichen Temperatur- und Salinitätsbereichen. Dies gilt insbesondere auch gegenüber abiotischen Umweltbelastungen, wie Schwermetalleintrag oder anthropogener Eutrophierung. Aus diesen Gründen besiedelt Ulva erfolgreich weltweit solche Küstengebiete, die durch extensiv genutzte Küstenbereiche hohe Belastungen haben. Saisonale Algenblüten von Ulva treten vor allem in stark eutrophierten Gewässern wie der Bucht von Qingdao (China), aber auch in der Algarve (Portugal) auf. Daher besteht auch ein hohes Forschungsinteresse an den Wachstumsbedingungen von Ulva. Neben der ökologischen Bedeutung von Ulva, wird auch diskutiert, die Alge zur Wiederaufbereitung eutrophierter (Prozess-)Abwässer (z.B. aus Fischzuchten) zu verwenden.(1) In solchen Systemen kann die Alge durch schnelle Aufnahme von Phosphor- und Stickstoffquellen, sowie Schwermetallen als Nährstofffilter dienen.(2) Die Gewinnung großer Biomassen der Alge unter kontrollierten Kulturbedingungen ist für möglichst effektive Nährstofffilter in Aquakulturen erstrebenswert. Für ein solches Vorhaben muss der spontane Wechsel des Generationszyklus und der einhergehende Biomassenverlust aufgrund von Keimzellenbildung in Kultivierungssystemen verhindert werden.
Der Vortrag stellt die Art Ulva mutabilis als Modelsystem zur Erforschung der Regulation des Generationszyklus von Diplohaplonten vor und wie diese Alge zur Optimierung von Kultivierungen eingesetzt werden könnte. U. mutabilis hat sich als idealer Modelorganismus herausgestellt, da die schnelle vegetative Vermehrung unter Laborbedingungen und die bereits bekannte Bakterienflora, die zum Wachstum von angelegten Kulturen benötigt werden, vorhanden sind.(3,4) In natura wechselt sich der diploide Sporophyt mit dem haploiden Gametophyt durch Bildung von Keimzellen ab. Bei der Gametogenese, der Keimzellbildung von Gameten, wandelt sich die Blattzelle des Gametophyten binnen drei Tagen in ein Gametangium um. Die zweigeißligen Gameten beider Geschlechtstypen schwimmen beim Austreten aus dem Keimzellbehälter zum Licht und verschmelzen zu einer Zygote, aus der ein diploider Sporophyt entsteht.(5) Die verschmolzenen weiblichen und männlichen Gameten bilden Zygoten aus, aus denen neue diploide Sporophyten entstehen. Finden die Gameten allerdings keinen Paarungspartner, bildet sich ein neuer Gametophyt. Es zeigte sich, dass die Differenzierung einer Blattzelle in ein Gametangium (Sporangium), Sporulationsinhibitoren (SI-1 und SI-2) reguliert, bzw. inhibitiert wird. Ist die Alge in einem fertilen Stadium, können beide Sporulationsinhibitoren durch Mediumwechsel und Fragmentierung entfernt werden, sodass sich innerhalb von drei Tagen die Blattzellen in Gametangien differenzieren.(6) Die darin enthaltenen Gameten bleiben im Gametangium. Die Freisetzung (Ausschwärmen) erfolgt erst durch Entfernen des Schwärminhibitors (SWI). Dies erfolgt durch einen erneuten Mediumwechsel.3 Während es sich bei dem SI-1 um ein Glykoprotein handelt, gehört der SI-2 und der SWI zu den niedermolekularen Substanzen. Einige dieser Substanzen wurden auch in artverwandten Organismen gefunden und biologisch nachgewiesen.(7)
Insbesondere stellt der analytische Prozess unter besonderer Berücksichtigung der angewandten analytisch-chemischen Methoden und der Herausforderung der sehr niedrigen Konzentration in diesem biologischen System ein interessantes Themengebiet dar. Dies soll beispielhaft am SWI in diesem biologischen System gezeigt werden. Da sich alle Substanzen unter der Nachweisgrenze analytisch-chemischer Methoden wie der Massenspektrometrie (MS) liegen, werden biologische Aktivitätstests zum Nachweis zur Hilfe genommen. Diese helfen auch in biotestgeleiteten Verfahren die Substanzen chromatographisch zu fraktionieren, anzureichern und so zu identifizieren.
Im Weiteren ist eine neue Methodik zur in situ Identifizierung metabolischer Lipidprofile in der Zellwand von U. mutabilis während der Gametogenese mittels bildgebender Matrix-unterstützter Laser-Desorption/Ionisation (MALDI) gekoppelt mit MS etabliert worden.(8,9) Mit Hilfe des MALDI-MS-Imaging soll eine visuelle Darstellung der drei tägigen Gametogenese erfolgen. Es soll dabei eine chemische Unterscheidung der Differenzierung von einer Blattzelle in ein Gametangium während der drei Tage ermöglicht werden, um die Vorgänge währenddessen besser verstehen zu können. Die Erkenntnisse, dieses in der Grundlagenforschung angesiedelten Projektes, sollen direkt auf ihre Anwendbarkeit in landbasierten Aquakulturen überprüft werden.


1 Schramm, W., 149-169 (John WIley & Sons, 1991).
2 Neori, A., Cohen, I. & Gordin, H., Botanica Marina 34, 483-489 (1991).
3 Wichard, T. & Oertel, W., Journal of Phycology 46, 248-259 (2010).
4 Spoerner, M., Wichard, T., Bachhuber, T., Stratmann, J. & Oertel, W., Journal of Phycology 48, 1433-1447 (2012).
5 Løvlie, A., Nytt. Mag. Zool. 16, 39-49 (1968).
6 Stratmann, J., Paputsoglu, G. & Oertel, W., Journal of Phycology 32, 1009-1021 (1996).
7 Vesty,E. F., Kessler,R. W, Wichard,T., Coates,J. C., Front Plant. Sci. 6, 2015
8 Zemski Berry, K. A. et al., Chemical Reviews 111, 6491-6512 (2011).
9 Vieler, A., Wilhelm, C., Goss, R., Süß, R. & Schiller, J., Chemistry and Physics of Lipids 150, 143-155 (2007)