StSP Forschung auf DBU-Naturerbeflächen: Vitalität der Besenheide (Calluna vulgaris) in trockenen Zwergstrauchheiden entlang von Klima-, Struktur- und Diversitätsgradienten im norddeutschen Tiefland

Stipendiatin/Stipendiat: Jenny Schellenberg

Trockene, von der Besenheide (Calluna vulgaris) dominierte Zwergstrauchheiden sind bedeutende, schützenswerte Lebensräume im gesamten norddeutschen Tiefland. Sie entsprechen den Lebensraumtypen 2310 (Trockene Sandheiden mit Calluna und Genista) und 4030 (Europäische trockene Heiden) des Anhangs I der FFH-Richtlinie (Dir. 92/43/EEC) der Europäischen Union.

Sie sind Resultate historischer Heidebauernwirtschaft oder militärischer Nutzung. Zur langfristigen Erhaltung der Offenlandlebensräume sind Maßnahmen wie Mahd, Beweidung oder Feuer notwendig, um die Sukzession zu Laubmischwäldern zu verhindern.

Die norddeutschen Heiden unterscheiden sich voneinander hinsichtlich ihrer Entstehungsgeschichte sowie in klimatischer, edaphischer, floristischer und faunistischer Hinsicht. Vom Nordwesten Niedersachsens bis zum Norden Sachsens verläuft ein ozeanisch-subkontinentaler Klimagradient. Die Schlüsselart der trockenen Heiden, Calluna vulgaris, hat einen atlantischen Verbreitungsschwerpunkt, sie ist damit im Südosten des norddeutschen Flachlandes nicht mehr in ihrem Hauptareal. Besonders die Sommertrockenheit im subkontinentalen Klimabereich verursacht eine Abnahme ihrer vegetativen und generativen Regenerationsfähigkeit. Kann sich die Besenheide nicht mehr ausreichend regenerieren, ist der gesamte Heidelebensraum gefährdet. Diese Gefahr mit den gängigen Methoden der Bewertung des Erhaltungszustandes im Rahmen des FFH-Monitorings abzuschätzen, ist sehr ungenau. Hierbei wird das Alter der Besenheide über habituell-physiognomische Wuchsphasen (nach GIMINGHAM 1972: Pionier-, Aufbau-, Optimal- und Degenerationsphase) bestimmt. In der Praxis kann die Ableitung des Alters aus den Wuchsphasen jedoch in die Irre führen, weil die Pflanze durch Regeneration aus dem Wurzelstock und über sich adventiv bewurzelnde Äste vermeintlich einer jüngeren Wuchsphase angehört. Damit nimmt die Gefahr zu, nach Pflegeeingriffen Altersphase und Regenerationsfähigkeit falsch einzuschätzen. Ist zusätzlich durch Trockenereignisse im Sommer und Spätsommer die Blüte, der Samenansatz und die Samenkeimung beeinträchtigt, kann es zu einer Überalterung und zum Zusammenbruch des Besenheidebestandes kommen. Wichtig für die Einschätzung des Entwicklungspotenzials eines Heidebestandes ist es daher, das genaue Alter der Pflanzen und das Ausmaß der Vitalitätsminderung mit zunehmendem Alter und bei zunehmend subkontinentalem Klimaeinfluss zu kennen.
Auf vielen der in den letzten Jahren der Naturerbe GmbH übertragenen Flächen befinden sich Heidelebensräume im subatlantisch-subkontinentalem Klimabereich, die während der militärischen Vornutzung entstanden sind und nach Nutzungsaufgabe nun entweder der Sukzession überlassen oder offen gehalten werden sollen. Es ist unklar, ob sich die Pflegemaßnahmen, die sich bisher für die atlantischen Heiden bewährt haben, für die subkontinentalen Heiden eignen. Zudem unterliegen viele der ehemaligen militräischen Flächen inzwischen einem gewissen Pflegedefizit. Das geplante Forschungsprojekt ist daher von großer Aktualität und Bedeutung für die Erhaltung der Heidelebensräume auf DBU-Naturerbeflächen.


In 18 norddeutschen Heidelebensräumen wurden in den Jahren 2013/2014 umfangreiche Vitalitäts-, Diversitäts- und Strukturparameter auf insgesamt 352 Probeflächen erhoben und untersucht.
Darunter befinden sich sowohl große, kulturhistorisch bedeutsame Flächen („Lüneburger Heide“) als auch große aktiv militärisch genutzte (z.B. NATO-Truppenübungsplatz Bergen, WTD 91 Schießplatz Meppen) und zahlreiche ehemalige militärische Liegenschaften („Kyritz-Ruppiner Heide“, „Marienfließ“ u.a.) unterschiedlicher Größe.
Im Fokus der Untersuchungen stehen Beziehungen zwischen dem Alter der Besenheide und ihrer Fähigkeit zur vegetativen und generativen Regeneration bei zunehmendem subkontinentalem Klimaeinfluss. Hierfür wurden von über 1800 Individuen die Anzahl der Wuchsringe an definierten Schnittstellen gezählt, um das Alter zu bestimmen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Untersuchung von Zusammenhängen zwischen der Vitalität von Calluna vulgaris und variierenden strukturellen Parametern wie Gehölzdeckung, Offensand-, Gras- und Kryptogamenanteilen. Die Ergebnisse sollen zu Empfehlungen führen, wie die Vitalität des Besenheidebestandes über Indikatoren ermittelt und so die Regenerations- und Entwicklungsfähigkeit besser abgeschätzt werden kann.
Ziel ist es, mit der Berücksichtigung der Vitalität und des Alters der Besenheide entlang des West-Ost-Klimagradienten eine biologisch, ökologisch und naturschutzfachlich differenzierte Betrachtung der norddeutschen Heidelebensräume zu begründen und dies in neuen Leitbildern und entsprechenden Pflegezielen und -methoden zum Ausdruck zu bringen. Die Arbeit trägt daher dazu bei, die östlichen Heidelebensräume des norddeutschen Tieflandes auf Dauer zu erhalten und den Fortbestand vitaler Besenheidebestände in den ausgedehnten Heiden der Naturerbeflächen zu sichern.

Förderzeitraum:
01.11.2012 - 31.12.2015

Institut:
Georg-August-Universität GöttingenAlbrecht-von-Haller Institut für Pflanzenwissenschaften

Betreuer:
Prof. Dr. Erwin Bergmeier

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