Untersuchungen des Komplexschadens der Rotblühenden Rosskastanie (Aesculus x carnea) und der Weißblühenden Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) zur Beurteilung der Verkehrssicherheit von Bäumen im städtischen Raum

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Annika Müller-Navarra

Grundsätzlich sind alle Baumeigentümer für die Verkehrssicherheit ihrer Bäume zuständig. Somit haben auch Städte die Pflicht, nach Beurteilung ihrer „Stadtbäume“, bei Bedarf die verkehrssicherheitserhaltende Maßnahmen einzuleiten oder die Verkehrssicherheit wieder herzustellen. Die Beurteilung eines Baumes setzt voraus, Schadsymptome und Schaderreger zu kennen und deren Aggressionspotential einschätzen zu können.
Für die Beurteilung der Verkehrssicherheit von Kastanien im städtischen Raum, die von der neuen Kastanienkomplexkrankheit betroffen sind, fehlen jedoch noch grundlegende Kenntnisse über die beteiligten Schaderreger. Die Basidiomyceten Austernseitling (Pleurotus ostreatus) und Samtfußrübling (Flammulina velutipes) sowie das Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi gelten als Hauptverursacher der Schadsymptome. Das Bakterium wird als Primärschädling eingestuft und ist verantwortlich für schwarze Leckstellen auf der Rinde, Kambiumschäden und Rindenrisse sowie abgestorbene Kronenteile. Die Basidiomyceten verursachen einen weißfäule ähnlichen Holzabbau, der die Bruchsicherheit der Kastanien herabsetzt und somit die Verkehrssicherheit gefährdet. Die Beteiligung der Pilze an der Komplexkrankheit wird durch Pilzfruchtkörper angezeigt. Weitere Basidiomyceten, dessen Fruchtkörper weniger auffallend sind, sind der Violette Knorpelschichtpilz (Chondrostereum purpureum) und der Angebrannte Rauchporling (Bjerkandera adusta), dessen Beteiligung an der Weißfäule nicht auszuschließen ist. Besonders problematisch bei dieser Komplexkrankheit ist, dass die Weißfäule vergleichsweise rasch im Baum voranschreitet und dies bei den beteiligten Basidiomyceten bislang nicht zu erwarten war. Die Krankheit breitet sich vom Westen Deutschlands in Nordöstliche Richtung und auch in den Süden aus. Eine Verbreitung der Komplexkrankheit in ganz Europa ist wahrscheinlich.
Durch eine Kombination von molekularbiologischen, mikrobiologischen und physikalischen Methoden werden die Eigenschaften der Komplexkrankheit untersucht. Die molekularbiologische Identifikation der Schaderreger erfolgt über deren DNS. Um das Verfahren der Polymerasekettenreaktion (PCR) zu beschleunigen, wird eine Multiplex-PCR entwickelt. Diese ermöglicht die Identifikation der Basidiomyceten mittels taxonspezifischer Primer in einer PCR. In Dual- und Multiplexkulturen wird in vitro die gegenseitige Beeinflussung der beteiligten Mikroorganismen zu einander beobachtet. Der Masseverlust und die Biege- und Bruchfestigkeit des weißfaulen Holzes werden ebenfalls ermittelt. Der Verlust der Biege- und Bruchfestigkeit abgebauten Holzes gibt Aufschluss über das Gefährdungspotential der Komplexkrankheit für betroffene Kastanien. Das Gefährdungspotential wird zusätzlich durch Inokulationsversuche am lebenden Baum durch die Ausbreitung der inokulierten Pilze in axialer, tangentialer und radialer Richtung in der Sprossachse beschrieben.
Ergebnisse aus den Dual- und Multiplexkulturen zeigen eine synergistische Wirkung der beteiligten Mikroorganismen aufeinander. Auch der Masseverlust, welcher in Abbauversuchen ermittelt wurde, erhöht sich bei einer parallelen Inkubation von P. ostreatus und F. velutipes. Diese Ergebnisse weisen auf ein erhöhtes Verkehrssicherheitsrisiko für Kastanien hin, das von der Komplexkrankheit ausgeht.
 

Förderzeitraum:
01.01.2014 - 31.01.2018

Institut:
Universität Hamburg
Fachbereich Biologie
Zentrum Holzwirtschaft

Betreuer:
Prof. Dr. Elisabeth Magel

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Publikationen: