StSP Chemikalienbewertung: Effekte von Umweltschadstoffen auf das Riechsystem des Zebrabärblings und dessen davon vermittelten Verhaltensweisen

Stipendiatin/Stipendiat: Sina Volz

Fische sind in hohem Maße von ihrem Geruchssinn abhängig, da über ihn essenzielle Verhaltensweisenvermittelt werden. Das olfaktorische Epithel (OE), welches die für die Detektion von Geruchsstoffenverantwortlichen Riechneurone enthält, befindet sich in Riechgruben auf der dorsalen Seite des Kopfes.Dabei steht das OE in nahezu direktem Kontakt mit dem Umgebungswasser, wodurch es sowohl mitGeruchsstoffen als auch gelösten Schadstoffe leicht in Kontakt kommen kann. In den letzten Jahrzehntenzeigten immer mehr Studien auf, dass zahlreiche Stoffe, darunter Metalle und Pestizide, in der Lage sinddas  Riechsystem  in  umweltrelevanten  Konzentrationen  zu  schädigen  und  dadurch  wesentlicheVerhaltensweisen zu beeinträchtigen. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Effekte sind jedochnoch  weitgehend  unbekannt  und  trotz  der  zentralen  Bedeutung  des  Geruchssinns  für  Fische  findenolfaktorische Endpunkte bisher keine Berücksichtigung in der Risikobewertung von Chemikalien.  Ziel dieser Dissertation war es, den Einfluss dreier häufig verwendeter Pestizide (Chlorpyrifos, Linuronund  Permethrin)  sowie  Cadmiums  (Cd)  auf  das  Riechsystem  des  Zebrabärblings  (Danio  rerio)  zuuntersuchen.  Hierbei  sollte  ein  Beitrag  zur  Etablierung  des  Zebrabärblings  als  Modell  für  dieUntersuchung der olfaktorischen Toxizität geleistet werden. Um das Verständnis der zugrundeliegendentoxischen Wirkungsweisen einer Riechstörung zu erweitern, wurde der Einfluss von Schadstoffen aufdas Riechsystem auf verschiedenen biologischen Organisationsebenen untersucht. Mittels quantitativerreal-time  Polymerasekettenreaktion  wurde  gezeigt,  dass  Cd,  Chlorpyrifos  und  Permethrin  aufunterschiedliche  Weise  die  Expression  olfaktorischer  Markergenen  im  OE  beeinflussen.  Weiterhininduzierten  Chlorpyrifos  und  Cd  mit  Stress  assoziierte  Gene  im  OE,  während  lediglich  Cd  derenExpression  im  Riechkolben  steigerte.  Die  Analyse  von  Botenstoffen  mit  zentraler  Rolle  in  derolfaktorischen  Signaltransduktion  ergab,  dass  Linuron  die  Konzentration  von  cyclischemAdenosinmonophosphat  (cAMP)  im  OE  verringerte.  Die  Auswirkung  von  Xenobiotika  auf  dieriechvermittelte  Hormonantwort  männlicher  Zebrabärblinge  auf  das  Pheromon  Prostaglandin  F2α(PGF2α) wurde anhand des Plasmaspiegels von 11-Ketotestosteron (11-KT) bestimmt. Während sich imHinblick auf die Pestizide kein signifikanter Einfluss zeigte, wurde in zuvor mit Cd belasteten Männcheneine sinkende Tendenz der 11-KT Konzentration festgestellt. Die Untersuchung der Schreckreaktion imAnschluss an die  Belastung gegenüber  dem  jeweiligen  Schadstoff  ergab,  dass Cd  und  Chlorpyrifosdieses  essenzielle  Verhalten  signifikant  beeinträchtigten.  Während  es  in  zuvor  mit  Chlorpyrifosbelasteten Fischen nach 48 h Erholung wiederhergestellt war, war dies in gegenüber Cd exponiertenTieren nicht der Fall. Die Eignung der frühen Lebensstadien des Zebrabärblings als Alternativmodellefür  die  Studie  der  olfaktorischen  Toxizität  wurde  anhand  der  schadstoffbedingten  Effekte  auf  dieExpression  olfaktorischer  Markergene,  den  Zelltod  in  der  Riechplakode  sowie  die  riechvermittelteSchwimmaktivität beurteilt. Dabei wurden keinerlei signifikanten Veränderungen detektiert. Da bekanntist, dass sich die Wasserchemie erheblichen auf die akute Toxizität von Metallen auswirkt, wurde ihrEinfluss auf die durch Cd induzierte Inhibierung des Riechsystems überprüft. Dabei wurde ersichtlich,dass die Wasserhärte, der pH und gelöster Kohlenstoff diese maßgeblich beeinflussen.Die in dieser Doktorarbeit vorgestellte Forschung zeigte, dass Chlorpyrifos und Cd die Schreckreaktion,ein für Fische überlebenswichtiges Verhalten, stören. Die Ergebnisse der Genexpressionsstudie bekräfti-gen die Annahme, dass Cd in das OE und den Riechkolben aufgenommen wird und dort oxidativenStress verursacht. Dahingegen scheint letzterer kein vorherrschender Faktor bei der von Chlorpyrifosverursachten Riechstöung zu sein. Der nach Belastung mit Cd beobachte Abwärtstrend der Hormonant-wort auf PGF2α könnte darüber hinaus auf eine mögliche Beeinträchtigung der Fortpflanzung hinweisenund sollte künftig weiter untersucht werden. Insgesamt stellte sich der Zebrabärbling als ausgezeichneterModellorganismus für die Studie der olfaktorischen Toxizität, insbesondere hinsichtlich der Analyse derihr zugrundeliegenden Mechanismen, heraus. Allerdings konnte die Eignung der frühen Lebensstadienals alternative Testmodelle für die olfaktorische Toxizität anhand der erhobenen Daten nicht bestätigtwerden.  Die  vorliegende  Dissertation  leistete  einen  wichtigen  Beitrag  zur  Etablierung  desZebrabärblings als Modell für die Studie der olfatorischen Toxizität und verdeutlichte die Dringlichkeitder Implementierung olfaktorischer Endpunkte in die Umweltrisikobewertung von Chemikalien.

Förderzeitraum:
01.12.2014 - 28.02.2018

Institut:
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule RWTH Aachen Institut für Umweltforschung (Biologie V)

Betreuer:
Prof. Dr. Henner Hollert

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