Untersuchungen zur Fähigkeit von Seehunden (Phoca vitulina) zur Distanzabschätzung und -reproduktion ohne externe Informationsquellen

Stipendiatin/Stipendiat: Eric Maaß

Im heutigen Zeitalter übt der Mensch einen immer stärkeren Einfluss auf die Weltmeere aus. Durch Baumaßnahmen hervorgerufene Eintrübung, artifizielle Strömungen oder die wachsende Lärmbelastung können für Meeressäuger in einem auch sonst schon eher strukturlosen Lebensraum eine Belastung darstellen und die Tiere in ihrer Orientierungsfähigkeit einschränken. Dem widerspricht jedoch, dass Meeressäuger, wie z.B. die Seehunde, oftmals auch von artifiziellen Strukturen zu profitieren scheinen und ihre Population stetig steigt. Das heißt im Umkehrschluss, dass sie trotz aller anthropogener Einflüsse in ihrem Lebensraum hervorragend orientiert sind und dort sehr gut navigieren können. Es stellt sich also die Frage, welche Mechanismen die Tiere nutzen, gerade wenn Informationen der klassischen Sinnessysteme nicht genutzt werden können oder maskiert sind.

Im Rahmen meines Promotionsvorhabens möchte ich dabei mit Hilfe eines neuartigen Forschungsansatzes, der neben den klassischen Sinnessystemen auch die fundamentalen Komponenten Raum und Zeit berücksichtigt, bei der Beantwortung dieser Frage helfen. Als erste Annäherung soll dabei die Fähigkeit der Seehunde, Distanzen abschätzen und reproduzieren zu können, untersucht werden. Dafür wurde in den bisherigen Teilen des Promotionsvorhabens ein Gurtsystem mit zwei Markierungen benutzt. Diese Markierungen geben ein Distanzmusterintervall vor, welches der Seehund direkt im Anschluss in gleicher Schwimmrichtung reproduzieren soll. Dabei zeigte der Seehund im Allgemeinen eine sehr hohe Genauigkeit der Distanzreproduktion, die z.T. sogar die von Humanstudien übertrifft. Diese Genauigkeit wurde auch beibehalten, als das Tier erstmalig und dann kontinuierlich die Aufgabe mit umgekehrter Schwimmrichtung, und damit ohne bereits bekannte externe Informationen, durchführen musste.

Damit konnte zum ersten Mal die Fähigkeit zur Abschätzung verschiedener Distanzen bei Seehunden gezeigt werden. Sich nun anschließende Experimente sollen eine mögliche Anwendung der Distanzabschätzung bei der Wegintegration, sowie die Fähigkeit zur Einhaltung eines gerade Kurses, untersuchen.

Förderzeitraum:
01.12.2016 - 30.11.2019

Institut:
Universität Rostock
Institut für Biowissenschaften
Lehrstuhl für sensorische und kognitive Ökologie

Betreuer:
Prof. Dr. Guido Dehnhardt

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