Prädiktoren der Einstellung von Schülerinnen und Schülern in Bezug auf Wildnis und Verwilderung in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von Vorstellungen und Migrationshintergrund

Stipendiatin/Stipendiat: Alma Reinboth

Wildnis ist in den vergangenen Jahren immer präsenter als Thema im fachlichen Naturschutzdiskurs und der breiten Öffentlichkeitsarbeit geworden. Da das Zulassen von Eigendynamiken in Wildnis- und Verwilderungsgebieten in jeder Hinsicht ergebnisoffen ist, können diese auf den Menschen wenig ästhetisch, ungepflegt oder gar verwahrlost wirken. Für die gelingende Etablierung sind jedoch auch der Rückhalt und die Unterstützung aus der Bevölkerung von essentieller Wichtigkeit. Deswegen haben viele Träger von wilden oder verwildernden Flächen, wie Nationalparke oder auch die Naturerbe-Tochter der DBU, in ihren Aufgaben und Zielen verankert, dass ausgewählte Flächen für Besucher und Anwohner über vielfältige Angebote zugänglich gemacht werden (DBU Naturerbe o.J.; BMUB 2009, S. 2554). Hierüber soll nicht nur ein Verständnis für die naturschutzfachlichen Ziele der Träger geschaffen werden, sondern auch Begeisterung für heimische Natur und ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber dieser gefördert werden (DBU Naturerbe o.J.). Für Bildungsprozesse jeglicher Art ist es nach konstruktivistischer Sicht von enormer Wichtigkeit, sich über die individuellen Vorstellungen und Einstellungen der jeweiligen Zielgruppe zum Lerngegenstand bewusst zu sein, um einen Konzeptwechsel von Alltagsvorstellungen hin zu fachwissenschaftlichen Vorstellungen erreichen zu können (Ziegler 2007, S. 94).

Bisherige Untersuchungen zu Einstellungen und Vorstellungen der Bevölkerung zu Wildnis waren jedoch vorrangig auf Erwachsene fokussiert und berücksichtigten nicht den Migrationshintergrund. In Anbetracht der Diversifizierung der Bevölkerungsstruktur von Deutschland und dem großen Anteil von Kindern und Jugendlichen als Umweltbildungszielgruppe erweist sich dies als eine entscheidende Forschungslücke, die mit dem hier vorgestellten Forschungsvorhaben geschlossen werden soll. Forschungsziel ist es demnach, die Prädiktoren der Einstellung von Schülerinnen und Schülern in Bezug auf Wildnis und Verwilderung in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung ihrer Vorstellungen und des Migrationshintergrundes zu untersuchen. Des Weiteren soll ein zielgruppenspezifisches, interdisziplinäres und kultursensibles Bildungskonzept zu den Themen Wildnis und Verwilderung entwickelt werden.

Bei der empirischen Untersuchung handelt es sich um eine bundesweite, quantitative Fragebogenerhebung an Schulen. Es wird angestrebt einen Stichprobenumfang zwischen 750 und 1000 Versuchspersonen zu erreichen. Da der Einfluss des Migrationshintergrunds eine wichtige Komponente des Forschungsvorhabens ist, sollte eine Gleichverteilung von Probanden mit und ohne Migrationshintergrund erfolgen. Laut aktuellem Recherchestand wird für die Beantwortung der Forschungsfragen die Verwendung eines bereits erprobten und evaluierten Untersuchungsinstruments aus der Schweiz für besonders geeignet erachtet (Bauer 2005). Es wird erwartet, dass aufgrund der abweichenden Stichprobenzusammensetzung sprachliche wie auch inhaltliche Anpassungen sowie Validitätsprüfungen bei dem Untersuchungsinstrument vorgenommen werden müssen. Eine Auswertung der erhobenen Daten soll über das Statistikprogramm SPSS erfolgen und neben Faktorenanalysen und deskriptiven Analyseverfahren vor allem auf Regressionsanalysen zurückgreifen.
Die gewonnen Ergebnisse sollen anschließend Anhaltspunkte dafür liefern, welche Faktoren der Lernenden bei der Entwicklung von Bildungskonzepten berücksichtigt werden sollten. Das zu entwickelnde Bildungskonzept soll dem Anspruch eines ganzheitlich, systemischen Zugangs mit hohem Potential für emotionales Erleben im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gerecht werden. Da die Themen Wildnis und Verwilderung eine hohe Multiperspektivität aufweisen, soll auch das Konzept fächerübergreifend und interdisziplinär ausgelegt sein. Basierend auf den empirischen Ergebnissen zu kulturell bedingten Unterschieden bei den Vor- und Einstellungen zu Wildnis, soll dem Migrationshintergrund eine besondere Bedeutung bei der Ausgestaltung des Konzepts zugemessen werden. So soll der Mehrwert kultureller Diversität erfahrbar gemacht und interkulturelle Dialoge initiiert werden.

Literatur:

Bauer, Nicole (2005): Für und wider Wildnis. Soziale Dimensionen einer aktuellen gesellschaftlichen Debatte. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt.

BMUB (29.07.2009): Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege, 2542-2579.

DBU Naturerbe: Die Ziele und Aufgaben der DBU Naturerbe. Online verfügbar unter https://www.dbu.de/2619.html.

Ziegler, Christine (2007): Partizipation der Schüler im naturwissenschaftlichen Fachunterricht. 1. Aufl. Leverkusen: Budrich, Barbara (Studien zur Bildungsgangforschung, Bd. 19).

Förderzeitraum:
01.12.2017 - 31.07.2021

Institut:
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Institut für Biologie Institutsbereich Didaktik und Biologie

Betreuer:
Prof. Dr. Martin Lindner

E-Mail: E-Mail schreiben

Publikationen:

  • Mobile hands-on molecular biological methods coming into the classroom. Analysis of DNA at school.
    Reinboth, A., Kricheldorf, K., Peterson, A. (2017). Mobile hands-on molecular biological methods coming into the classroom. Analysis of DNA at school. In: Rusek, M. et. al.(Hrsg.). Project-Based Education in Science Education XIV. Faculty of Education, Charles University.