Auswirkungen von umweltrelevanten Pestizidmischungen und Produktformulierungen auf deutsche Froschlurche (Amphibien: Anura)

Stipendiatin/Stipendiat: Dr. Elena Adams

Amphibien repräsentieren eine weltweit verbreitete Vertebratenklasse mit einer enormen Diversität. Seit Jahrzehnten können globale Rückgänge der Amphibienpopulationen festgestellt werden und sieben der 21 in Deutschland heimischen Amphibienarten gelten als gefährdet. Für diese negative Entwicklung ist unter anderem der Eintrag von Pestiziden in die Habitate von Amphibien verantwortlich. Daher hat die Risikobewertung von Pestiziden gegenüber Amphibien eine besondere Relevanz für deren nachhaltigen Schutz.

Obwohl in der Vergangenheit in zahlreichen Studien negative Auswirkungen von Pestiziden auf Froschlurche nachgewiesen wurden, sind Amphibien bis heute keine Standardtestorganismen in Risikobewertungsverfahren von Pestiziden. Stellvertretend werden die Toxizitätsdaten von Fischen, Vögeln und Säugetieren genutzt. Dadurch werden jedoch nicht die charakteristischen Besonderheiten der Amphibien wie z. B. die permeable Haut, der zweiphasige Lebenszyklus und die biochemischen Vorgänge der Metamorphose betrachtet. Durch diese mangelhafte Berücksichtigung können negative Einflüsse auf Amphibienpopulationen durch den Eintrag von Pestiziden nicht ausgeschlossen werden. Zur Gewährleistung eines nachhaltigen Risikobewertungsverfahrens ist es also von hoher Dringlichkeit, zahlreiche ungeklärte Fragen hinsichtlich der Toxizität von Pestiziden gegenüber Amphibien zu klären.

Die Zusammensetzung von Beistoffen (Additive) und aktiven Wirkstoffen in Pestizidformulierungen spielt hinsichtlich der Toxizität gegenüber Amphibien eine wichtige Rolle. Aufgrund der geringen Datengrundlage kann jedoch nicht sicher gesagt werden, warum Formulierungen verschiedener Zusammensetzung unterschiedliche Effekte bei Amphibien hervorrufen und welchen Beitrag die Additive leisten.

Ein weiteres Problem in ökotoxikologischen aquatischen Amphibientests für die Risikobewertung von Pestiziden ist die häufige Nutzung tropischer Spezies (v.a. Xenopus laevis). Jedoch kann diese Spezies aufgrund spezifischer Hautparameter und physiologischer Anpassungen toleranter gegenüber verschiedenen Umweltchemikalien sein, wodurch eine höhere Sensitivität von deutschen Spezies nicht ausgeschlossen werden kann. Für eine nachhaltige Risikobewertung ist daher die Identifizierung der Sensitivitäten deutscher Amphibien gegenüber für Mitteleuropa relevanten Pestiziden unabdingbar.

Des Weiteren ist die Gesetzgebung auf die Regulierung einzelner Pestizide begrenzt, obwohl die Mehrheit der Chemikalien in komplexen Gemischen in der Umwelt vorkommt. Diese Pestizidcocktails können auch bei Amphibien zu synergistischen Wechselwirkungen und somit zu akuten aber auch subletalen, chronischen Effekten führen. In bisherigen Mischungstoxizitätsstudien standen lediglich akute, aquatische Effekte im Fokus. Bei Amphibien kann allerdings ein zeitliches und räumliches Zusammentreffen zwischen Pestizidapplikationen sowohl in aquatischen als auch terrestrischen Habitaten auftreten. Daher werden Daten benötigt, die die chronische Toxizität von Pestiziden gegenüber Amphibien vom larvalen bis zum adulten Stadium in beiden exponierten Habitaten beschreiben.

In Laborakutstudien soll in diesem Promotionsvorhaben untersucht werden, wie Additive in Pestizidformulierungen die Toxizität gegenüber aquatischen und terrestrischen Stadien des Grasfrosches beeinflussen. Außerdem werden aquatische Spezies-Sensitivitäts-Verteilungen für deutsche Froschlurche und verschiedene Pestizidklassen erstellt. Zur Untersuchung der Auswirkungen einer langfristigen Exposition der aquatischen und terrestrischen Stadien des Grasfrosches gegenüber umweltrelevanten Pestizidmischungen soll ein Langzeit-Freilandversuch durchgeführt werden.

Die Ergebnisse des Promotionsvorhabens werden das Risikobewertungsverfahren von Pestiziden auf nationaler und EU-Ebene unterstützen und zu einem nachhaltigen Schutz von Amphibienpopulationen beitragen.

 

Förderzeitraum:
01.01.2018 - 30.09.2020

Institut:
Universität Koblenz-Landau
Institut für Umweltwissenschaften

Betreuer:
Dr. Carsten Brühl

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