Ein chemisch-analytischer Ansatz zum Langzeit-Monitoring von Hummeln in Agrarlandschaften durch die Analyse kohlenwasserstoffhaltiger Fußabdrücke auf den Corollen von Blütenpflanzen

Stipendiatin/Stipendiat: Christopher Bause

Die Bestäubung durch Wildbienen ist von herausragender Bedeutung für heimische Wildpflanzen und die Sicherstellung des Ertrags sowie der Ertragsqualität wichtiger Kulturpflanzen, eine Leistung, die von der Honigbiene allein nicht erbracht werden kann. Wildbienen sind jedoch stark rückläufig: rund 57 % der etwa 550 Arten in Deutschland stehen mittlerweile auf der Roten Liste. Eine verbesserte Kenntnis von Ausmaß und Dynamik des Rückgangs sind Voraussetzungen für die Ursachenforschung und damit für den Schutz der bedrohten Wildbienen. Ein zuverlässiges, ausreichend repliziertes Langzeit-Monitoring wird jedoch durch den enormen Zeitaufwand, der hierfür nötig ist, erschwert. In meinem Promotionsprojekt möchte ich eine chemisch basierte Methode weiterentwickeln und validieren, die es ermöglicht, eine wichtige Gruppe der Wildbienen, die Hummeln, mit deutlich geringerem Zeitaufwand zu monitoren. Hummeln hinterlassen beim Blütenbesuch artspezifische, chemische Rückstände ihrer Cuticula auf den Kronblättern von Blütenpflanzen. Diese "Fußabdrücke" bestehen aus langkettigen, z.T. ungesättigten Kohlenwasserstoffen (unsaturated hydrocarbons: UHCs) und akkumulieren aufgrund ihrer Schwerflüchtigkeit weitgehend verlustfrei auf den Corollen von Blüten. Die Hummelsubstanzen werden mit Lösungsmitteln aus Blütenproben extrahiert und mittels Gaschromatographie, gekoppelt mit Massenspektrometrie (GC/MS), identifiziert und quantifiziert. Die UHC-Isomere lassen in ihrer Qualität und Quantität Rückschlüsse auf Art und Anzahl blütenbesuchender Hummeln zu. Durch die kumulative Natur der Fußabdrücke können bei einmaliger Probennahme von Blüten, je nach Blühdauer, die Hummelbesuche mehrerer Tage erfasst werden. Die Fußabdruck-Methode ist im Vergleich zum klassischen Monitoring bedeutend weniger zeitaufwändig und ermöglicht die zeitgleiche Untersuchung zahlreicher Lokalitäten. Zudem ist die Analyse per GC/MS verhältnismäßig kostengünstig. In meinem Promotionsprojekt sollen folgende konkrete Ziele erreicht werden:

1. Die Etablierung von ca. 5-6 häufigen, hummelbesuchten Pflanzenarten als Untersuchungsarten für die Fußabdruck-Methode.

2. Die Erfassung der saisonalen und zwischenjährlichen Hummelbesuchsvariabilität auf diesen Pflanzen als Testlauf eines chemisch-basierten Langzeit-Monitorings.

3. Der Einsatz der Methode zum Vergleich des Hummelbesuchs zwischen Lokalitäten als Ansatz für eine Ursachenforschung des Hummelrückgangs.

Die Promotion wird am "Lehrstuhl für Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere" (Ruhr-Universität Bochum) durchgeführt und ist konzeptionell und logistisch an das vom BMU geförderte Verbundprojekt BienABest angelehnt. Dieses wird vom VDI und der Universität Ulm (Prof. Dr. Ayasse) geleitet. Das Verbundprojekt hat zum Ziel, den drastischen Rückgang der heimischen Wildbienendiversität zu verstehen und Schutzmaßnahmen zu entwickeln, diesen aufzuhalten. Im Herbst 2017 wurden bundesweit 180 Monitoringflächen etabliert, die neben einer eigenen Versuchsfläche im Botanischen Garten Bochum für meine Arbeit mitgenutzt werden können. Dies ermöglicht im Laufe der drei Promotionsjahre nicht nur eine ausreichend replizierte Validierung des chemisch basierten Monitorings über die Zeit. Durch den Vergleich der Hummelfußabdrücke auf verschiedenen Flächentypen kann, unter Einbeziehung wichtiger ökologischer Daten, zudem ein Schritt Richtung Ursachenforschung des Wildbienensterbens getan werden. Die Kooperation mit BienABest erlaubt darüber hinaus durch den Vergleich mit klassischen Zensusdaten einen unabhängigen Test der zu etablierenden Fußabdruck-Methode. Mit der Etablierung mehrerer für die Methode nutzbarer Pflanzenarten und eines methodologischen Qualitätsmanagements bzgl. standardisierter Probennahme und Analyse per GC/MS, möchte ich einen wertvollen Beitrag zu künftigen Aufgaben im Bereichdes Langzeit-Monitorings von Hummeln leisten.

 

Ferner soll im Rahmen meiner Arbeit auch ein Beitrag zur Entwicklung weiterer alternativer Monitoring-Methoden geleistet werden, die auf klassisch morphologischen Grundlagen basieren. Hierzu wird eine Evaluierung des bestandsschonenden Wildbienen-Monitorings von BienABest durchgeführt. Dieses Monitoring beruht im Wesentlichen auf einer Lebendbestimmung von Wildbienen im Feld. Da die Lebend-Bestimmbarkeit von Wildbienen nach wie vor von einigen Experten angezweifelt wird, ist es notwendig, die Ergebnisse der Lebendbestimmung auf ihre Genauigkeit hin zu überprüfen. Durch ein bestandsschonendes Monitoring werden wesentlich weniger reproduktive Individuen von Wildbienen der Natur entnommen, was sich nicht nur positiv auf die ohnehin schon vielerorts gefährdeten Populationen auswirken kann. Darüber hinaus kann auch eine mögliche Ergebnis-Verzerrung im Monitoring durch regelmäßige und längerfristige Entnahme von Tieren gemindert werden. Eine positive Beurteilung der Bestimmungs-Qualität der Lebendbestimmung von Wildbienen kann helfen, mehr fachliche Akzeptanz für diese neue Methode zu schaffen, sodass künftig mehr bestandsschonende Biodiversitätserfassungen möglich werden.

Förderzeitraum:
01.07.2018 - 30.11.2021

Institut:
Ruhr-Universität Bochum (RUB) Lehrstuhl für Evolutionsökologie und Biodiversität

Betreuer:
Dr. Thomas Eltz

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Publikationen: