Entwicklung von ökotoxikologischen verträglichen Wirkstoffen mit örtlich und zeitlich kontrollierter Wirkung zur Eingrenzung der kollateralen Wirkungsweise von Medikamentenrückständen in der Umwelt

Stipendiatin/Stipendiat: Julia Ewert

Hintergrund

Häufig verschriebene Arzneistoffe sowie ihre Metabolite finden sich in stetig steigender Konzentration im aquatischen Ökosystem wieder. Weltweit konnten über 631 verschiedene Medikamente und deren Abbauprodukte in Oberflächengewässer, Grund- und Trinkwasser nachgewiesen werden. Zu den am häufigsten detektierbaren Medikamentrückständen gehört das synthetische Hormon Ethinylestradiol und das Analgetikum Diclofenac.

Durch kollaterale Exposition in der Umwelt treten zunehmend irreversible Entwicklungsschäden sowie Fortpflanzungsstörungen und Missbildungen bei Säugetieren, Vögeln und Fischen auf, welche einen drastischen Rückgang von betroffenen Populationen zur Folge haben.

Um die kollaterale Wirkungsweise von Medikamentenrückständen in der Umwelt einzugrenzen, bietet der Bereich der Photopharmakologie vielversprechende Ansätze. Ziel der Photopharmakologie ist es die pharmakologische Aktivität von Medikamenten durch Einwirkung von Licht örtlich und zeitlich zu kontrollieren. Dadurch wird eine wirksame Form im Menschen sowie eine automatisch unwirksam werdende Form in der Umwelt generiert.

Durch Einwirkung von Licht einer bestimmten Wellenlänge und Intensität ist es möglich, die Verbindung im Körper gezielt am Wirkort in die pharmakologisch aktive Wirkstoff-Form zu schalten. Nach der Eliminierung aus dem Organismus schaltet die Verbindung automatisch thermisch in den inaktiven Zustand zurück, wobei die Bestrahlungsintensität und Wellenlänge in der Umwelt für eine erneute Aktivierung nicht ausreichen.

Zielsetzung

Ausgehend von den umweltrelevanten Medikamente Diclofenac und 17α-Ethinylestradiol sollte die Entwicklung photoschaltbarer Diazocin-basierter Pharmakophore erfolgen, um die medizinisch-chemisch notwendigen Eigenschaften mit einer ökologischen Verträglichkeit zu kombinieren.

Basierend auf diesem Ansatz gliedert sich die Arbeit in zwei verschiedene Projekte. Das erste Teilprojekt umfasst dabei die Synthese und Charakterisierung verschiedener Diazocin-basierter Estrogenrezeptor-Modulatoren. Daneben steht die Entwicklung eines photoschaltbaren, selektiven Cyclooxygenase-2-Inhibitors in Anlehnung an das Analgetikum Diclofenac im Fokus.

Bei der Entwicklung dieser photoresponsiven Pharmakophore wird erstmals ein neues Design verwendet, bei dem die photoschaltbare Einheit direkt das Pharmakophor darstellt. Infolge des Schaltprozesses soll es zu einer drastischen strukturellen Änderung des gesamten Wirkstoffs und einer dadurch vermittelten signifikanten Kontrolle der pharmakologischen Aktivität kommen, wodurch Limitationen durch eine hohe Proteinflexibilität verringert werden.

Ergebnisse

Im Rahmen des ersten Teilprojekts konnten erfolgreich verschiedene Diazocin-basierte Estrogenrezeptor-Modulatoren synthetisiert sowie umfassend photochemisch und biologisch charakterisiert werden. Für die Verbindungen mit einer phenolischen OH-Gruppe konnte im Zellassay ein reversibel, schaltbarer signifikanter Wirkunterschied zwischen der biologisch aktiven und inaktiven Form ermittelt werden. Während das eine Photoisomer nahezu keine estrogene Aktivität aufwies, zeigte die andere Isomerenform einen deutlichen Anstieg in der Estrogenaktivität.

Im zweiten Teilprojekt konnte auf dem Weg zu verschiedenen Diazocin-basierten Cyclooxygenase-Inhibitoren verschiedene unsymmetrisch ortho-substituierte Diazocinverbindung dargestellt und charakterisiert werden.

 

Förderzeitraum:
01.12.2018 - 28.02.2022

Institut:
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Otto-Diels-Institut für Organische Chemie

Betreuer:
Prof. Dr. Rainer Herges

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Publikationen: