Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen in Konsumprodukten - Charakterisierung von PFAS und deren Freisetzungspotenzial mittels hochauflösender Massenspektrometrie in Kombination mit radikalbasierten Oxidationsverfahren

Stipendiatin/Stipendiat: Jonathan Zweigle

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) sind eine vielfältige Stoffklasse anthropogener Chemikalien. Ihre perfluorierten Ketten verleihen ihnen einzigartige Merkmale wie wasser-, öl- und schmutzabweisende Eigenschaften sowie thermische Stabilität. Daraus resultiert eine äußert vielfältige Nutzung, welche von Konsumgütern, wie z.B Lebensmittelkontaktmaterialien über typische Haushaltsgegenstände bis hin zur industriellen Produktion reicht.

Durch ihre weite Verbreitung wurden PFAS in den letzten Jahrzehnten überall in der Umwelt und im Blut der Mehrheit der menschlichen Bevölkerung detektiert. Besonders Perfluoralkylsäuren (PFAA), dazu zählen die bekannten Vertreter PFOA und PFOS, sind ubiquitär. Infolge ihrer hohen Persistenz, Bioakkumulation und Toxizität sind langkettige Vertreter und bekannte Präkursoren (Vorläuferverbindungen) dieser Substanzklasse weitläufig reguliert. 

Problematischer Weise sind jedoch weiterhin viele PFAS Produkte, die der Klasse der PFAA generell ähnlich sind in Anwendung und es werden ständig neue entwickelt (aktuell sind 4730 Einzelverbindungen bekannt). Die große Mehrheit dieser PFAS enthalten perfluorierte Seitenketten weshalb deren Nutzung unweigerlich zur Bildung persistenter Endprodukte führt. Der Abbau der Substanzen und die damit verbundene Bildung der persistenten Transformationsprodukten kann einerseits während deren Anwendung, aber auch nach deren Eintrag in die Umwelt passieren. 

Aktuell wurde von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit eine drastische Senkung der zulässigen PFAS Aufnahmemenge veranlasst, weiterhin sind weitläufige Beschränkungen von Seite deutscher Behörden in Planung. Trotzdem besteht über die Exposition über Konsumprodukte wie z.B Lebensmittelkontaktmaterialien noch immer große Unsicherheit. Der unbekannte Anteil an organischem Fluor in diversen Proben deutet auf einen nicht unwesentlichen Anteil bislang nicht identifizierter PFAS hin. Angesichts der Komplexität und der äußerst unzureichenden Datenlage zur Zusammensetzung aktuell verwendeter PFAS und der Tatsache, dass die Einzelstoffanalytik hier an ihre Grenzen stößt ist die Entwicklung neuer Messmethoden essenziell.

Das Promotionsvorhaben soll dazu beitragen die mangelhafte Datenlage zu Identität und Verwendung verschiedener PFAS in ausgewählten Konsumprodukten zu verbessern und eine Abschätzung über Bildung von persistenten PFAA aus Konsumgütern und Umweltproben gewährleisten. Dies ist in besonderem Interesse da verbotene langkettige PFAS in Produkten oft durch unbekannte und schwer detektierbare Ersatzstoffe ersetzt wurden, welche in unbekannten Ausmaß zur Gesamtexposition beitragen.

Um die Relevanz von Konsumprodukten besser zu verstehen soll eine Methode zur Bildung von PFAA und anderen perfluorierten Transformationsprodukten mittels radikalbasierter Oxidation (Photokatalyse mit Titandioxid) in Kombination mit Non-target-Screening (NTS) entwickelt und auf relevante Konsumprodukten wie z.B Lebensmittelkontaktmaterialien und Textilien angewandt werden. Dadurch können unbekannte PFAS (welche oft nicht messbar sind) und deren Potenzial zur Bildung persistenter Transformationsprodukte identifiziert werden um die Bedeutung für die Exposition des Menschen und der Umwelt besser zu verstehen.

Im ersten Schritt wird mit Modellsubstanzen und repräsentativen Probenmatrizes die Methodik optimiert. Dafür wird die Photokatalyse mit Titandioxid auf die Bildung von persistenten perfluorierten Transformationsprodukten optimiert. Das kann beispielsweise mit einem bekannten Präkursor für PFAA untersucht und optimiert werden, sodass im Idealfall durch Oxidation der Präkursor quantitativ zu stabilem Endprodukt umgesetzt wird. Nach Optimierung werden Probenextrakte aber auch Konsumprodukte selbst oxidativ behandelt, um nicht messbare Präkursoren zu oxidieren und deren persistente Endprodukte (meist PFAA) damit erfassbar zu machen. Speziell auf PFAS zugeschnittenes NTS, welches beispielsweise die Kendrick-Massenanalyse nutzt, soll vor und nach Oxidation genutzt werden um Präkursoren und deren Transformationsprodukte zu identifizieren. Mit moderner Datenanalyse von hochauflösenden massenspektrometrischen Daten können über zu- und abnehmende Signale etwaige Präkursoren und deren Transformationsprodukte verknüpft werden.

Nach der erfolgreichen Entwicklung einer robusten Methode soll für eine Reihe an Konsumprodukten deren Kontamination mit PFAS bereitgestellt werden. Damit kann ein Beitrag geleistet werden die Verwendung und Verbreitung von persistenten toxischen Chemikalien aufzuzeigen und besser zu verstehen.

Förderzeitraum:
01.07.2021 - 30.06.2024

Institut:
Universität Tübingen FB Geowissenschaften AG Umweltanalytik

Betreuer:
Prof. Dr. Christian Zwiener

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Publikationen: