Geophysikalische 4Dx4-Phasen Untersuchungen von instabilen Permafrost-Felswänden an Standorten mit hochalpiner Infrastrukturbebauung

Stipendiatin/Stipendiat: Maike Offer

Die Degradation des alpinen Permafrosts wirkt sich negativ auf die Stabilität steiler Felswände aus und stellt damit ein hohes Gefährdungspotential für hochalpine Infrastruktur dar. Zudem erfordert die anhaltende Zunahme des Bergtourismus und die steigende Exposition und Verwundbarkeit des Menschen ein quantitatives Monitoring dieser hochgradig klimawandelsensiblen Umwelt. Insbesondere sind detaillierte Kenntnisse über den Wasser- und Eisgehalt des Permafrost-Systems erforderlich, um die Sicherheit und Langlebigkeit von hochalpinen Infrastrukturen zu gewährleisten.

In diesem wissenschaftlichen Projekt schlagen wir ein neues 4-Phasen-Modell (4-PM) für porositäts-armes Permafrost-Felsgestein vor, wobei die geringe Porosität eine Schlüsseleigenschaft der meisten derzeit stark gefährdeten Felswände ist. Das Modell wird in der Lage sein, die Zusammensetzung des Hanges, nämlich Fels, Wasser, Luft und Eis, zu identifizieren und deren Veränderungen in der Zeit zu erkennen. Die Anwendung dieses Modells wird auf der Grundlage von Messungen des elektrischen Widerstands und der seismischen Wellenausbreitungsgeschwindigkeit an vier international relevanten Studienstandorten erfolgen: Zugspitze-Kamm (DE), Zugspitze-Gipfel (DE), Kitzsteinhorn (AT) und Steintälli (CH). An drei dieser Standorte werden wir bestehende Installationen und geophysikalische Untersuchungen der letzten zwei Jahrzehnte nutzen, sowie die Kalibrierung der entsprechenden Lithologien im Labor. Des Weiteren wird eine hochmoderne geophysikalische 3D-Messung neu entwickelt und über dem Gipfel der Zugspitze und der Kitzsteinhorn-Nordwand mit parallelen Messtransekten in der Nähe der Seilbahnstationen installiert, die uns eine flächendeckende Untersuchung des gebäudenahen Felsuntergrundes ermöglicht. Aufgrund dieses weltweit einzigartigen Datensatzes von geophysikalischen 2D/3D-Messungen werden wir unser neu entwickeltes 4-PM auf eine zeitliche Skala (4Dx4-PM) von Monaten bis hin zu Jahrzehnten erweitern, um inter- und intra-annuelle Veränderungen des Eis- und Wassergehaltes zu entschlüsseln. Anschließend wird das 4Dx4-PM in Verbindung mit kürzlich veröffentlichten thermischen Modellen und direkten Temperaturmessungen entlang von Bohrlöchern, sowie an der Oberfläche, validiert und ausgewertet.

Darüber hinaus werden wir den kombinierten Effekt von anthropogener, zyklischer Belastung und steigenden Felstemperaturen auf das mechanische Regime untersuchen. Zum ersten Mal werden wir temperaturkontrollierte zyklische Einaxial- und Triaxialverusche an Gesteinsmassen durchführen. Die gewonnenen Ergebnisse der Spannungs-Dehnungs-Kurven und der Anzahl der Zyklen bis zum Versagen werden in das 4Dx4-PM übertragen, um die plastisch-elastischen Verformungen und das Ermüdungsverhalten der jeweiligen Gefrier- und Erwärmungstrajektorien vorherzusagen. Damit kann die langfristige Zuverlässigkeit der hochalpinen Infrastruktur beurteilt und das Gefährdungspotenzial zukünftiger Destabilisierungsprozesse identifiziert werden.