Akustische, soziale und genetische Aspekte des Paarungssystems der einheimischen Fledermausart Myotis myotis (Großes Mausohr)

Stipendiatin/Stipendiat: Lisa Printz

Fledermäuse repräsentieren einen Großteil des Artenreichtums der Säugetiere und leisten global einen wesentlichen Beitrag in vielen Ökosystemen, z.B. Bestäubung, Samenverbreitung und Schadinsektenkontrolle. Gleichzeitig unterliegen sie einer akuten Gefährdung: in Deutschland sind alle 25 vorkommenden Fledermausarten stark bedroht und durch die Listung in Anhang IV der FFH-Richtlinien besonders geschützt. Zusätzlich wurden sie bereits als "streng geschützte Arten" in das Bundesnaturschutzgesetz übernommen (Natura 2000), jedoch verzeichnen viele Arten immer noch Populationsrückgänge. Ein Großteil der Arten sind in regionalen, nationalen und internationalen Roten Listen gefährdeter Tierarten aufgeführt und etwa die Hälfte davon gilt international als zumindest gefährdet oder ist auf der Vorwarnliste (IUCN). Die in Deutschland vorkommenden Fledermausarten sind spezialisierte Insektenfresser und exzellente Jäger. Fledermäuse fressen in einer Nacht bis zu einem Drittel ihres eigenen Körpergewichts an Insekten und gehören daher zu deren wichtigsten Prädatoren. Sie leisten essentielle Ökosystemdienste und kontrollieren nicht nur Schädlinge auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen, sondern auch Insekten, die Vektoren für humanpathogene Krankheiten sind. Lebensraumfragmentierung, veränderte Landnutzung und zunehmende anthropogene Stressoren sind dabei die größten Gefährdungsursachen für Fledermäuse. Insbesondere Arten ohne generalistische Lebensweise, einschließlich Arten der Gattung Myotis, sind dadurch stark gefährdet. Dadurch, dass das große Mausohr (Myotis myotis) neben seiner spezialisierten Jagdstrategie („gleaning“) zusätzlich noch als klassische Gebäudefledermaus zählt, ist die Art besonders betroffen und ein frühzeitiger Schutz mit zielgerichteten Maßnahmen ist notwendig, um ihren Erhalt langfristig zu sichern. Bei den bis heute gängigen Schutzmaßnahmen wird jedoch das Sozialsystem der Fledermäuse oftmals nicht berücksichtigt, welches aber einen essentiellen Teil ihres Verhaltens erklärt. Fledermäuse weisen große Variationen im Sozialsystem auf: Einige Arten leben solitär, während andere Kolonien von mehreren Millionen Individuen bilden. In den gemäßigten Zonen lässt sich die Gruppenbildung nur während des Winterschlafs, der Geburt der Jungtiere oder der Paarungszeit beobachtet. Die Komplexität des Sozialverhaltens und der sozialen Organisation von Fledermäusen ergibt sich im Wesentlichen aus der Philopatrie (Geburtsortstreue) der Weibchen, kooperativem Verhalten und sozialer Interkation zwischen Individuen einer Kolonie und beeinflusst wiederum das Paarungssystem der verschiedenen Arten. Das Verständnis des Paarungs- und Balzverhaltens ist daher entscheidend für das Verständnis des Verhaltens der Tiere und ermöglicht neue Ansätze in der Entwicklung von Schutzmaßnahmen. Das Balzverhalten von Männchen umfasst oft aufwendige und komplexe Verhaltensmuster, die mehrere Sinne, z.B. visuell, olfaktorisch oder akustisch, ansprechen. Bei Fledermäusen sind detaillierte Beschreibungen von multimodalen Balzverhaltensweisen immer noch selten, obwohl es sich um ein artenreiches Taxon handelt und die Balz einen zentralen Aspekt der erfolgreichen Reproduktion und damit des Arterhalts darstellt.

Aus diesem Grund möchte ich durch ein ganzheitliches Verständnis der Biologie des großen Mausohrs zum zielgerichteten Schutz beitragen und eine Grundlage für die Identifikation von Paarungsquartieren durch bioakustisches Monitoring schaffen.

Förderzeitraum:
01.12.2022 - 30.11.2025

Institut:
Museum für Naturkunde Berlin Leibniz-Institut Evolutions- und Biodiversitätsforschung

Betreuer:
Dr. Mirjam Knörnschild

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Publikationen:

  • The common noctule bat (Nyctalus noctula): population trends from artificial roosts and the effect of biotic and abiotic parameters on the probability of occupation.
    Printz, L., Tschapka, M., & Vogeler, A. (2021). The common noctule bat (Nyctalus noctula): population trends from artificial roosts and the effect of biotic and abiotic parameters on the probability of occupation. Journal of Urban Ecology, 7(1), juab033.