Veränderungen der Heuschreckenfauna in den Naturschutzgebieten Siebengebirge und Rodderberg in 50 Jahren: Empfehlungen für ein fachgerechtes Naturschutzmanagement vor dem Hintergrund des Landnutzungs- und Klimawandels

Stipendiatin/Stipendiat: Marc Schendzielorz

Den Schwerpunkt meines Dissertationsprojektes bildet eine Wiederholungsuntersuchung der Heuschreckenvorkommen in Zusammenhang mit den mikroklimatischen Verhältnissen an 172 Standorten, welche vor rund 50 Jahren in den Naturschutzgebieten Siebengebirge und Rodderberg untersucht worden sind und in Form einer exzellenten Datengrundlage zur Verfügung stehen.

Um die gesamte heutige Spannweite des Mikroklimas im Untersuchungsgebiet und dessen zukünftige Potenziale für Heuschreckengemeinschaften auch unter Einbezug verschiedener Klimaszenarien zu erfassen, werden weitere klimatische Extremstandorte beider NSGs sowie ihrer Umgebung in die Untersuchung einbezogen. Eine weitere Kernaufgabe bildet ein Vergleich von Offenlandflächen, welche im Rahmendes Biotopmanagements der Biologischen Stationen entweder beweidet, gemäht oder aus Kapazitätsgründen nicht gepflegt werden können. Diese werden anhand ihrer Heuschreckendiversitäten mit deren funktionellen Eigenschaften und insbesondere dem Auftreten gefährdeter Arten bewertet und auf ihren Nutzen für diese Insektengruppe hinuntersucht.

Die Freilanduntersuchung wird zur Auswertung durch eine datenbankgestützte Zusammenführung weiterer Ressourcen in Form von Heuschreckennachweisender Region und ihrer Umgebung seit dem Jahr 1972 und der Ermittlung lokaler und überregionaler Klimadaten ergänzt. Neben der empirischen Analyse der Veränderungen von Heuschreckengemeinschaften innerhalb der NSGs, wird im Rahmen der Dissertation eine Metaanalyse zum Thema „Einfluss von Dürreperioden und Trockenstress auf Insektenpopulationen und -gemeinschaften“ durchgeführt, mit dem Fokus auf die managementbedingte Verstärkung oder Abpufferung dieser Einflüsse. In diesem Zusammenhang können Taxon-spezifische Analysen durchgeführt werden (z.B. für Heuschrecken, Schmetterlinge, Laufkäfer oder andere naturschutzrelevante Taxa). Kenntnisse um generell wirkende Muster unterschiedlicher Managementformen vor dem Hintergrund von Dürre und Trockenheit auf Insekten werden als Empfehlungen für den Insektenschutz im Untersuchungsgebiet abgeleitet.

Die Heuschreckenuntersuchung bietet kombiniert mit der Metaanalyse die Möglichkeit der Diskussion von Faktoren, die sich im Laufe der Zeit geändert haben und sich mit dem Hinzukommen oder dem Verschwinden von Arten sowie der Veränderung der Heuschreckenfauna allgemein in Beziehung setzen lassen. Ferner ermöglichen die Ergebnisse die Ableitung von Schutzkonzepten insbesondere für seltene oder gefährdete Spezies in Form eines auf deren Bedürfnisse angepassten Managements der in den beiden NSGs sowie deren Umfeld vorherrschenden Landnutzungstypen und naturräumlich vergleichbarer Gebiete. Zur nachhaltigen und langfristigen Förderung der Heuschreckenfauna können Konzepten zur, für seltene/bedrohte Spezies überlebensnotwendigen, Wiedervernetzung wertvoller Offenlandhabitate getroffen und Empfehlungen für den forstwirtschaftlichen Umgang mit Kalamitätenflächen auf der Habitat- und Landschaftsebene der NSGs formuliert werden. Über die Anwendung von Klimamodellen vor dem Hintergrund verschiedener Klimaszenarien können Zukunftsprognosen für das UG getroffen werden, mit deren Hilfe auch Aussagen zur terminlichen Optimierung des jeweiligen Managements einzelner Standorte möglich werden.

Die Ergebnisse dieser Dissertation werden aufgrund ihrer ausgesprochen angewandten Fragestellungen zum Verständnis dazu beitragen, wie der praktische Naturschutz in Deutschland auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen reagieren kann, um insbesondere bedrohte Heuschreckenarten, aber auch die Biodiversität allgemein, zu schützen. Die Freilanduntersuchungen werden Antworten auf wichtige Fragen im Naturschutz geben, etwa, wie Klimaveränderungen zu Habitatveränderungen von Heuschrecken führen, oder welche Ersatzhabitate für Arten entstehen, wenn Landnutzungsänderungen eintreten, beispielsweise durch das Verbot der Kahlschlagswirtschaft oder die Verbrachung der Landschaft aufgrund von Nutzungsaufgabe.

Förderzeitraum:
01.01.2023 - 31.12.2025

Institut:
Universität Trier Europäisches Tourismus Institut (ETI) GmbH Fachbereich VI - Biogeographie

Betreuer:
Prof. Dr. Axel Hochkirch

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