Effektivität von Agrar-Umweltmaßnahmen und Landschaftsstruktur für Biodiversität in Agrarlandschaften im Nord-Osten der EU

Stipendiatin/Stipendiat: Riho Marja

 Zusammenfassung
In meinem Projekt untersuchte ich die Wirkung der Agrar-Umweltmaßnahmen in Estland auf die Biodiversität. Ich untersuchte landwirtschaftliche Betriebe, die sich in ihrer Bewirtschaftungsintensität unterscheiden: ökologische Landbaubetriebe mit sehr strikten Auflagen, umweltfreundliche Betriebe mit intermediären Auflagen und als Kontrolle konventionelle Betriebe mit wenigen Auflagen. Das Projekt ist in zwei Studien unterteilt:
1) die Wirkung der Agrar-Umweltmaßnahmen in Estland auf die Biodiversität (2010–2012);
2) die Änderung der Wirkung der Agrar-Umweltmaßnahmen auf die Artenreichtum und Abundanz von Hummeln und Vögeln (2006–2013) in Estland während der acht Untersuchungsjahre.
Die Biodiversität profitiert von kontrolliertem ökologischen Landbau. Generell weisen alle untersuchten Variablen der Biodiversität (Dichte der Blütenpflanzen, Artenreichtum und Abundanz von Hummeln und Vögeln) im ökologischen Landbau signifikant höhere Werte auf als in den konventionellen Landwirtschafts betrieben.
Unsere Ergebnisse zeigten auch, dass Hummeln von umweltfreundlichem Management profitierten. Dieses völlig neue Resultat hat insbesondere hinsichtlich des weltweiten Bestäuberrückgangs eine große Bedeutung. Unsere erste Studie zeigt erstmals Alternativen zum ökologischen Landbau in Nordost-Europa auf.


Einleitung
Die Artenvielfalt in der Europäischen Agrarlandschaft ist seit mindestens 5 Jahrzehnten rückläufig (Stoate et al., 2009; Potts et al., 2010; Tscharntke et al., 2012). Seit den achtziger Jahren (1980) wurde beispielsweise der Verlust von dreihundert Millionen Vögeln aus Agrarlandschaften festgestellt (Birdlife, 2012).
Der Grunddafür ist Wachstums der Weltbevölkerung. Die Weltbevölkerung umfasste beim Jahreswechsel 2014 rund sieben Milliarden Menschen. Daher brauchen wir mehr Nahrung, worunter die Agrobidiversität leidet (Vickery et al., 2014). Die wichtigsten Gründe für das Abnehmen der Biodiversität in der Agrarlandschaft sind die Zunahme des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln, sowie sind Änderungen der Landnutzung und Verlust von Wiesen, sowie Technisierung: heutzutage werden keine Pferde mehr eingesetzt, sondern Traktoren und andere technische Geräte. Weiterhin führt der Verlust von Landschaftselementen zu Verlust von Futter- und Nistplätze (wie zum Beispiel von Gräben, Hecken und Bäumen) (Donald et al., 2006; Butler et al., 2007; Gill et al., 2012).
Die Lösung für dieses problem könnten Agrar–umweltmaßnahmen sein. Agrar-umweltmaßnahmen können die Landwirte dazu anhalten, die Artenvielfalt auf ihrem Ackerland zu schützen. Den Landwirten wird dabei Geld gezahlt, damit sie zum Beispiel Blühstreifen am Feld anlegen oder den Einsatz von Pestiziden reduzieren. Auf diese Weise wird versucht, Biodiversität zu erhalten und ihren Rückgang zu stoppen (European Commission, 2005; Kleijn et., 2011).
In meinem Projekt untersuchte ich die Wirkung der Agrar–umweltmaßnahmen in Estland auf die Biodiversität. Ich untersuchte landwirtschaftliche Bestriebe, die sich in Ihrer Bewirtschaftungsintensität unterscheiden: ökologische Landbaubetriebe mit sehr strikten Auflagen, umweltfreundliche Betriebe mit intermediären Auflagen und als Kontrolle konventionelle Betriebe mit wenigen Auflagen. Das Projekt ist in zwei Studien unterteilt:
1) die Wirkung der Agrar-Umweltmaßnahmen in Estland auf die Biodiversität (2010–2012);
2) die Änderung der Wirkung der Agrar-Umweltmaßnahmen auf die Artenreichtum und Abundanz von Hummeln und Vögeln (2006–2013) in Estland während der acht Untersuchungsjahre.
Folgendes gibt einen kurzen Überblick über meine Projektarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen und deren Ergebnisse.

Methoden
Erste Studie
Die Daten über Hummeln und Vögel wurden im Rahmen des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums im Zeitraum 2010-2012 erhoben. Ich habe die Daten über zwei Regionen verwendet: intensiv genutzte Landwirtschaft in Zentral-Estland und extensiv genutzte im Süd-Estland. In jeder Region hatten wir 33 Betriebe: 11 mit ökologischem Landbau; 11 mit umweltfreundlicher Bewirtschaftung und 11 mit konventioneller Landwirtschaft (d.h. Landwirte, die nicht an Agrarumweltmaßnahmen teilnahmen). Wir haben Transekt beobachtung (Bibby et al., 1992) verwendet. Ich habe Lineare gemischte Modelle und Redundanz-Analysen gemacht (Pinheiro et al., 2013, Oksanen et al., 2013).
Zweite Studie
Hier haben wir alle verfügbaren Daten zur Biodiversität der Hummeln und Vögel in einer meta-analyse untersucht(R Development Core Team, 2013). Die Daten stammen aus den Jahren 2006 bis 2013. Diese Methode erlaubt es, alle Daten zusammen zu analysieren (in Einzel-Analysen).


Ergebnisse und Diskussionen

Erste Studie
Anbausysteme
Wir haben festgestellt, dass die Artenvielfalt deutlich vom kontrollierten ökologischen Landbau profitiert. Generell wiesen alle untersuchten Variablen der Biodiversität (Dichte der Blütenpflanzen, Artenreichtum und Abundanz von Hummeln und Vögeln) in ökologischen Landbaubetrieben signifikant höhere Werte auf als in konventionellen Landwirtschaftsbetrieben. Dies bedeutet, dass ökologisch Landwirtschaft auf europäischer Ebene unbedingt gestärkt werden sollte, da die Biodiversität in landwirtschaftlichen Gebieten dadurch stark gefördert werden könnte. Ein weiteres Zurückgehen der Biodiversität kann so verlangsamt oder aufgehalten werden. Zusätzliche Unterstützung für den ökologischen Landbau ist daher notwendig. Unsere Ergebnisse zeigten auch, dass Hummeln von umweltfreundlichem Management profitierten. Dieses völlig neue Resultat hat insbesondere im Hinblick auf den weltweiten Bestäuberrückgang große Bedeutung.
Landschaftsstruktur
Die Struktur der Landschaft hatte einen zusätzlichen, direkten Effekt auf die Biodiversität in Agrarlandschaften. So waren zum Beispiel Pflanzendichte sowie Artenreichtum und -zusammensetzung von Hummeln und Vögeln signifikant höher in Südestland (strukturreiche Landschaft) als in Mittelestland (homogene Landschaft), was darauf hindeutet, dass die biologische Vielfalt von einer komplexen Landschaftsstruktur profitiert.
Agrarlandschaften mit komplexen Landschaftselementen (wie zum Beispiel Gräben, Hecken und Bäumen), hoher Nutzpflanzendiversität sowie gemischten landwirtschaftlichen Betrieben (zum Beispiel eine Kombination aus Ackerbau und Tierhaltung) sind deshalb für die Biodiversität im Landwirtschaftlichen Raum äusserst wichtig und daher zu schützen.

Zweite Studie
Der Effekt von ökologischem Landbau auf Vögel war positiv und stärker als der der umweltfreundlichen Betriebe. Die Effekte der Agrarumweltmaßnahmen sind mit der Zeit (2006–2009, Periode I und 2010–2013, Periode II) zurückgegangen.
Für Hummeln hatten sowohl Management als auch Zeitspanne einen positiven Einfluss auf die Diversität (2006–2009, Periode I und 2010–2013, Periode II). Der Management-Effekt gewinnt über die Zeit mehr Bedeutung, daher sollten diese Agrarumweltmaßnahmen fortgesetzt werden. Hummeln profitieren mehr von den Agrarumweltmaßnahmen als Vögel. Weiterhin fanden wir, dass der Einfluss des ökologischen Landbaus stärker in intensiv bewirtschafteten Landschaften war als in extensiv bewirtschafteten Landschaften.

 

 

 

Förderzeitraum:
01.02.2013 - 31.01.2014

Institut:
Georg-August-Universität GöttingenDepartment für Nutzpflanzenwissenschaften

Betreuer:
Prof. Dr. Teja Tscharntke

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