Die Effektivität des Schmetterlingsschutzes durch das Natura 2000 Netzwerk

Stipendiatin/Stipendiat: Stanislav Rada

Naturschutzgebiete werden als Kernelement des Arten- und Biodiversitätsschutzes angesehen. Trotzdem ist ihre tatsächliche Effektivität über lange Zeitspannen hinweg schlecht bekannt. Der Schwerpunkt der Naturschutzpolitik in der Europäischen Union liegt auf dem Schutzgebietsnetz Natura 2000. In meinem Projekt habe ich die Effektivität des Naturschutzes im Natura 2000 Netzwerk in Deutschland ausgewertet. Meine Modellgruppe waren die Tagfalter – eine der am besten erforschten Insektengruppen in Europa mit anerkanntem Indikationsvermögen.
Ich benutzte die Daten aus dem Tagfalter-Monitoring Deutschland. Diese Daten wurden von Freiwilligen bei wöchentlichen Begehungen entlang festgelegter Strecken (Transekte) erfasst. Bundesweit gibt es viele Transekte mit bis zu 10-jährigen Beobach-tungsreihen. Für die Analyse wählte ich 246 Transekte aus, die eine Beobachtungsreihe von 5 bis 10 Jahren aufwiesen. Mit Hilfe von GIS Software wertete ich aus, ob die Tran-sekte innerhalb oder außerhalb der Natura 2000 Schutzgebiete liegen und auch wie weit entfernt sie vom nächsten Schutzgebiet liegen. Für den nächsten Schritt benutzte ich Daten über das Vorkommen von 134 Tagfalterarten. Auf Grundlage dieser Daten berechnete ich für jedes Transekt und jedes Jahr die Biodiversitätsmaße: Artenreichtum, funktionale Diversität und phylogenetische Diversität. Mit Hilfe verschiedener statistischer Modelle analysierte ich die zeitliche Entwicklung dieser drei Biodiversitätsindizes innerhalb und außerhalb von Natura 2000- Gebieten. Zudem wurde untersucht, ob die Entfernung eines Transektes zum nächstgelegenen Natura 2000-Gebiet einen Einfluss auf die Entwicklung der Diversitätsindizes hat. Die Transektlänge wurde als Kovariable einbezogen, um den Effekt variabler Transektlängen zu korrigieren. Insgesamt wurden sechs Modelle gerechnet. Die benutzten Modelle waren „Lineare Gemischte Modelle“ (LMM) und „Generalisierte Lineare Gemischte Modelle“ (GLMM). Alle Berechnungen und statistischen Modellierungen durchgeführte ich mit Hilfe der Software R.
Die Ergebnisse zeigten einen Rückgang aller Biodiversitätsindizes über die Zeit. Der modellierte Rückgang des Artenreichtums betrug 1.5 Tagfalterarten pro 10 Jahre (von 19.5 auf 18 Arten im Durchschnitt). Die Biodiversitätsindizes waren höher innerhalb von Natura 2000 Schutzgebieten, was heißt, dass die Schutzgebiete gut ausgewählt wurden. Allerdings fand ich keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Rückgang der Diversität innerhalb und außerhalb der Natura 2000 Gebiete. Das bedeutet, dass das Natura 2000 Netzwerk zwar durch eine höhere Diversität gekennzeichnet ist, aber nicht effizient genug ist, den allgegenwärtigen Biodiversitätsverlust zu stoppen. Die verschiedenen Modellvarianten zeigten gleiche Trends, jedoch war die Entfernung ein besserer Prediktor für die Entwicklung der Diversitätsindizes als die Klassifizierung „innerhalb/außerhalb“ eines Schutzgebietes. Dieses zusätzliche Ergebnis deutet darauf hin, dass es einen positiven Effekt von Natura 2000 Gebieten auch außerhalb deren Grenzen gibt und dass Natura 2000 Gebiete eine Funktion als Kerngebiete besitzen. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass das Natura 2000 Netzwerk einen Beitrag für den Naturschutz leistet, aber nicht effektiv genug ist, den Biodiversitätsverlust zu verhindern. Das kann durch unzureichendes Management der Gebiete oder auch andere großräumig wirkende Einflussfaktoren, z. B. Änderungen der Landschaft oder des Klimas, bedingt sein.

Förderzeitraum:
01.02.2015 - 31.07.2015

Institut:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ Leiter Tierökologie und sozialökologische Forschung Department Biozönoseforschung

Betreuer:
Prof. Dr. Josef Settele

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