Habitatmodellierung von invasiven Neophyten

Stipendiatin/Stipendiat: Petra Gasparovicova

Aufgrund der steigenden Anzahl von biologischen Invasionen weltweit und den damit einhergehenden Folgen weist das Thema „invasive Arten“ nicht nur einen hoch interessanten, interdisziplinären Charakter auf, sondern ist zugleich ein Top-Thema internationaler Forschung geworden. Als Biologische Invasion bezeichnet man die Ausbreitung einer Art in einem Gebiet, in dem sie nicht heimisch ist. Verwendet wird der Begriff insbesondere bei durch den Menschen eingeschleppten Arten, die die angestammten Ökosysteme deutlich verändern und zur Verdrängung anderer Arten führen. Invasive Neophyten sind die Pflanzenarten, die in einem bestimmten Gebiet nicht einheimisch sind und die erst nach 1492 (die Entdeckung Amerikas) unter direkter oder indirekter Mithilfe des Menschen in dieses Gebiet gelangt sind und hier wild leben oder gelebt haben. Im Naturschutz werden die gebietsfremden Arten als invasiv bezeichnet, die unerwünschten Auswirkungen auf andere Arten, Lebensgemeinschaften oder Biotope haben. Neben diesen ökologischen Schäden entstehen auch erhebliche negative ökonomische Auswirkungen und einige der neuen Arten schädigen die menschliche Gesundheit.

Die Art Staudenknöteriche (Fallopia) gehört zu den invasiven Pflanzen in Europa, gilt als eine der wichtigsten neophytischen Problempflanzen und ist verbreitet in Deutschland und in der Slowakei. Unter dem Begriff Staudenknöteriche werden bei uns der häufig vorkommende Japanische Staudenknöterich (Japan-Knöterich, Fallopia japonica), der nicht ganz so häufigen Sachalin-Staudenknöterich (Fallopia sachalinensis) und eine Kreuzung der beiden Arten, der Böhmische Staudenknöterich (Fallopia x bohemica) zusammengefasst. Das natürliche Areal von F. japonica umfasst Japan, China und Korea, jenes von F. sachalinensis schließt daran nördlich an. Die Hybride F. x bohemica wurde erst in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in Europa entdeckt und zum ersten Mal 1983 von Chrtek und Chrtková aus Böhmen beschrieben. Die beiden wurden im 19. Jahrhundert als Zier- und Viehfutterpflanzen nach Mitteleuropa eingeführt. Diese Art ist an Ufern, in leichten feuchten Auwäldern, Fluren und Ruderalstellen verbreitet. Gegen die Fallopia-Arten sind in Europa vielfältige Bekämpfungsmaßnahmen entwickelt und erprobt worden. Die Bekämpfung erfordert Kosten für Maßnahmen und diese Pflanzen verursachen große ökonomische Schäden. Zum Beispiel, die Kosten zur Eliminierung Fallopia-Arten wurden in Südwestdeutschland mit 2.800 Euro pro Hektar ermittelt. Der erste und wichtigste Schritt bei der Bekämpfung ist die Prävention. Früherkennung von Invasionen und schnelle, koordinierte Reaktionen sind erforderlich, um Arten zu beseitigen oder einzudämmen, bevor sie zu verbreitet werden und die Kontrolle technisch und finanziell unmöglich wird.

Die geeignete Methode zur Früherkennung von Invasionen ist Habitatmodellierung. Die Habitatmodelle (Species Distribution Models –SDMs) beschreiben funktionale Zusammenhänge der Beziehung zwischen Organismen und ihrem Lebensraum und quantifizieren die Qualität von Habitaten aus der Sicht dieser Organismen. Es handelt sich hierbei um prädiktive statistische Modelle. Ein Modell entsteht zwar meistens in einem iterativen Prozess, dennoch kann man 5 logische Schritte unterscheiden: konzeptionelle Formulierung, statistische Formulierung, Anpassung des Modells, Vorhersage und schließlich Evaluierung. Für die Habitatmodellierung gibt es heute eine Vielzahl unterschiedlicher Techniken verfügbar und es gibt auch verschiedene Software und WerkzeugeSämtliche Arbeiten wurden mit Hilfe des GIS-Programms QGIS und des Statistikprogramms R ausgeführt. Für R Programm wurde neben den zusätzlichen Erweiterungen verwendet. R ist eine Open-Source-Software sowie eine flexible Programmiersprache für statistische Datenanalyse und Grafikerstellung.

Wir haben daher Umweltvariablen aus der Geodatanbank aus dem Institut für Landschaftsökologie der Slowakischen Akademie der Wissenschaften genutzt, die Klima, Landnutzung und das Vorhandensein von möglichen Ausbreitungskorridoren (Straßen, Eisenbahn, Flüsse) beschreiben. Alle diese Daten wurden als digitale Layer in einem Geographischen Informationssystem (GIS) aufbereitet. Die Variablen wurden in einer Auflösung von 50 x 50 m genutzt. Als Klimavariablen wurden Daten zu Temperatur und Niederschlag genutzt. Als Verbreitungsdaten wurde die Datenbank benutzt. Diese enthält 1671 Vorkommensdaten aus der Slowakei. Aus dem Grund, und auch um reale Absenzdaten zu bekommen, wurden 200 Transekten konstruiert, die im Zeitraum von August bis Oktober begangen wurden.

Für die Erstellung von Habitatmodellen werden Verbreitungsdaten sowie Daten zu Umweltparametern, von denen angenommen wird, dass sie die Verbreitung der Art mitbestimmen, benötigt. Die Verbreitungsdaten der Neophyten (Vorkommen und Pseudo-Absenz, und Vorkommen und Absenz für die Transekten) werden mit den Werten der erklärenden Raster-Variablen überlagert. Mit Hilfe statistischer Verfahren werden Variablen identifiziert, die die Verbreitung dieser Art bestimmen. Dazu wurden Modellierungsmethoden benutzt - Logistische Regression (engl. logistic regression model, LRM), Support Vector Machines, im Deutschen auch gelegentlich Stützvektormaschinen genannt, und andere Machine-Learning-Methoden - Random-Forest. Modelle waren kalibriert mit 70% der verfügbaren Datensätze für Fallopia-Art, die restlichen 30% wurden für die Modellprüfung einbehalten. Der AUC-Validierungstest wurde unter Verwendung von An- und Abwesenheitstestdaten angewendet. Der AUC-Wert zeigt ein GLM Modell und ist ein Model mit besserer Prognosegüte. Die Hypothese, dass Straßen und Flüssen die Korridore die Ausbreitung von Fallopia-Arten sind, wurde durch die Habitatmodellierung bestätigt. Diese Korridore besitzen einen großen Erklärungsgehalt hinsichtlich des Vorkommens oder Fehlens der Arten. Über alle Arten hinweg waren das die Distanz-Variablen, die die Entfernung zu großen Straßen (Autobahn, sonstige asphaltierte Straßen) oder Gewässern (Bäche oder Flüsse) beschreiben. Sie sind in fast jedem Modell enthalten und besitzen meist einen höchst signifikanten Einfluss auf das Vorkommen/Fehlen der Art.

Das Ziel des Projekts war es, mit Hilfe geeigneter Habitatmodellierungstechniken das Vorkommen invasiver Neophyten in der Slowakei zu beschreiben. Diese Methode wurde noch nicht verwendet, um eine Prognose des Vorkommens dieser Arten in der Slowakei zu machen. Die Erkennung der Habitate ist wichtig für das Managment der Neophyten, als Grundlage zur Konzeptionserstellung zur Bekämpfung sowie Ausbreitungsprävention invasiver Pflanzen. Gebiete mit hohen Vorkommenswahrscheinlichkeiten Fallopia-Arten können so z.B. gezielt begangen und Bekämpfungsmaßnahmen gegebenenfalls durchgeführt wurden.

Förderzeitraum:
07.02.2018 - 06.08.2018

Institut:
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Abteilung für Biometrie und Umweltsystemanalyse

Betreuer:
Prof. Dr. Carsten Dormann

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