Anlässlich der diesjährigen Sommerakademie hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine Erklärung zur Nachhaltigen Landwirtschaft veröffentlicht, die nachfolgend im Originalwortlaut wiedergegeben wird:
Die gegenwärtige Landwirtschaft, die adäquat zu anderen Teilen der Gesellschaft den technischen Fortschritt nutzt und entsprechende Effizienzsteigerungen aufzuweisen hat, wird dafür in Teilen der Öffentlichkeit als industrialisierte Landwirtschaft stark kritisiert. Eine klare Trennung zwischen sachlich gerechtfertigten Kritikpunkten und emotional motivierten Meinungen scheint derzeit kaum möglich. Für die Zukunft mit einem allseits anerkannten Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung ist es deshalb von großer Bedeutung, die Nachhaltigkeitsdefizite der Landwirtschaft klar zu benennen, sachlich fundierte Ziele zu definieren und praktikable Lösungsansätze für eine nachhaltige Landwirtschaft zu erarbeiten.
Von nachhaltiger Landwirtschaft sprechen wir, wenn im globalen Maßstab und über Generationen hinweg betrachtet die Nahrungsmittelversorgung und Nahrungsmittelqualität aller Menschen gesichert ist und die Produktivität der Böden und die Artenvielfalt dauerhaft erhalten werden. Dazu gehört auch, dass Umweltbelastungen auf ein unvermeidbares Maß reduziert sind, Tiere artgerecht gehalten werden, die ökonomische Existenzfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe sichergestellt ist und die in der Landwirtschaft tätigen Menschen gerechte und zufriedenstellende Lebensbedingungen im Kontext ihrer Gesellschaft vorfinden. Aus ethischer Sicht unstrittig ist die Rangfolge der Nutzungen.
Nahrungsmittel haben Vorrang vor Futtermitteln, diese vor der stofflichen und schließlich der energetischen Nutzung von Biomasse. Fast überall auf der Welt ist die Landwirtschaft noch mehr oder weniger weit von diesem Leitbild entfernt. Die abnehmenden Nährstoffgehalte vieler Böden in Afrika, die Versalzung und übermäßige Nutzung fossiler Wasserreserven in ariden Gebieten und die Stickstoffüberschüsse in Ostasien sind Beispiele dafür. In Mitteleuropa, einer im globalen Maßstab günstigen Region für Landwirtschaft, sind der Artenrückgang in der Agrarlandschaft und die Stickstoffüberschüsse bei der konventionellen Bewirtschaftung als wichtigste Nachhaltigkeitsdefizite zu nennen. Aber auch der Ökolandbau, der bei diesen Kriterien die Anforderungen der Nachhaltigkeit sehr gut erfüllt, hat bisher ungelöste Nachhaltigkeitsprobleme in Form systembedingter Rückgänge der Phosphor- und Kaliumgehalte der Böden und der ungenügenden Flächeneffizienz, die bei stärkerer Ausdehnung zu Lasten bisher nicht genutzter Naturlandschaften ginge.
Mit Blick in die Zukunft steht die globale Landwirtschaft vor einer großen Herausforderung. Einer global stark steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln mit hohen Ansprüchen an Qualität und günstigen Preisen und gleichzeitig steigendem Bedarf nach Futtermitteln sowie nach Rohstoffen zur industriellen und energetischen Nutzung stehen weltweit nur begrenzte Flächenressourcen gegenüber.
Aus Nachhaltigkeitsgründen kommt ein Landnutzungswandel, d. h. die Umwandlung von Flächen mit natürlichen Ökosystemen (Regenwälder, Savannen, Moore) aufgrund der damit einhergehenden Freisetzung von Treibhausgasen und der negativen Wirkungen auf die Biodiversität nicht in Frage.
Die Konsequenz daraus ist, diesen zusätzlichen Bedarf auf den heute existierenden landwirtschaftlichen Flächen zu befriedigen und gleichzeitig schädigende Wirkungen auf Wasser, Boden, Luft, Arten und Biotope auf ein dauerhaft tragfähiges Maß zu reduzieren. Diese enorme Aufgabe kann nur durch eine nachhaltige Landwirtschaft bewältigt werden, die in der erforderlichen Form bisher nur in Konturen erkennbar und folglich möglichst schnell zu entwickeln ist. Sie wird sich durch hohe Erträge bei gleichzeitiger Einhaltung anspruchsvoller Nachhaltigkeitsstandards auszeichnen müssen. Eine Lösung ohne die Zuhilfenahme des biologischen und technischen Fortschritts ist nicht vorstellbar.