DBU aktuell Nr. 10 | Oktober 2014

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

4.) Der Biber als Motor für Moorschutzkonzepte

Moore sind Lebensräume für hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten und gelten als wichtige Kohlenstoffspeicher. Der Erhalt dieser Lebensräume ist deshalb ein zentrales Anliegen des Natur- und Umweltschutzes. Vormals versuchte der Mensch Moore nutzbar zu machen. Torfabbau, aber auch ein Flächengewinn für Land- oder Forstwirtschaft setzt die Entwässerung der Moore voraus. Allein in Deutschland wurden durch Entwässerung 95 % der nach den Eiszeiten entstandenen Moore zerstört oder zumindest nachhaltig beeinträchtigt. Die Anstrengungen seitens des Naturschutzes zum Erhalt und zur Renaturierung von Mooren sind beträchtlich. Die Maßnahmen zur Wiedervernässung ehemals genutzter Moorlebensräume sind jedoch aufwändig und mit erheblichen Kosten verbunden.

Wie nur wenige andere Tierarten ist der Biber in der Lage, Lebensräume zu gestalten. Aufgrund ihrer Dammbautätigkeit können Biber den Wasserhaushalt ganzer Regionen beeinflussen. Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt erkunden derzeit Wissenschaftler der Professur für Landespflege der Universität Freiburg im Schutzgebiet Wurzacher Ried, inwieweit die vor rund 15 Jahren in die Region eingewanderten Biber die dortigen Moorlebensräume beeinflussen und welche Wechselwirkungen mit anthropogen durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen auftreten. Umfassende Freilanduntersuchungen kombiniert mit Methoden der Fernerkundung und hydrologischen Modellierungen ermöglichen erstmals einen direkten Vergleich technischer Renaturierungsmaßnahmen mit den Effekten des Bibers. Die Zwischenergebnisse weisen auf ein enormes Renaturierungspotential der Nagerspezies hin. Der Biber bewirkt bis zu 86 % der momentanen Wiedervernässungsleistungen im Untersuchungsgebiet. Unter anderem bewirkt dies, dass sich das Artenspektrum vor allem in den gestörten Quell- und Niedermoorbereichen wieder in Richtung einer natürlichen Zusammensetzung entwickelt. Die von der DBU geförderten Untersuchungen liefern die Grundlage, den Biber als Faktor in moderne Renaturierungskonzepte für Feucht- und Moorgebiete zu integrieren. Es deutet sich an, dass bei entsprechender Einbindung des Bibers in Pflege und Entwicklungspläne die Kosten für Renaturierungen in erheblichem Umfang reduziert werden können.

Die weiteren Arbeitsschritte des Vorhabens gehen über den Moorschutz hinaus: So sollen die im ‚Freilandlabor‘ Schutzgebiet gewonnenen Erkenntnisse in die vom Menschen genutzte Kulturlandschaft übertragen werden. Außerhalb von Schutzgebieten ist der momentane Umgang mit dem Biber geprägt von Konflikten mit der Landnutzung. Ziel der Freiburger Forscher ist, die Ökosystemleistungen des Bibers systematisch für eine Landschaftsentwicklung im Wirkungsfeld von Naturschutz, Landnutzung und Wasserbau nutzbar zu machen. Der prinzipielle Ansatz besteht darin, das Dammbaupotential des Bibers in der Landschaft zu analysieren und die damit verbundenen ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen zu prognostizieren. Dieses Vorgehen ermöglicht Planungen auf Landschaftsebene und liefert die Entscheidungsgrundlagen für einen nachhaltigen Interessensausgleich von Naturschutz und Landnutzung.

Weitere Informationen unter:
www.landespflege-freiburg.de/forschung/biber.html