DBU aktuell Nr. 9 | 2016

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Sehen Sie selbst... © Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender DBU-Generalsekretär und Fachlicher Leiter der DBU-Tochter, informiert über die Entwicklung der DBU-Naturerbeflächen.

2.) Wahmhoff: Der Naturschutz hat oberste Priorität

Anlässlich der Vertragsunterzeichnung (siehe Seite 1) unterhielt sich DBU aktuell mit Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Fachlicher Leiter sowie Prokurist des DBU Naturerbe.

DBU aktuell: Welche Naturschutzstrategien verfolgen Sie?


Wahmhoff: Grundsätzlich werden auf unseren Flächen offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, naturnahe Wälder ohne menschlichen Eingriff zu neuer Wildnis entwickelt, artenarme Forste in naturnahe Wälder überführt und Feuchtbiotope ökologisch aufgewertet und erhalten. Sobald also eine Waldfläche eine bestimmte Naturnähe aufweist, werden wir der Natur freien Lauf lassen. Bis dahin wird es aber weiterhin zu Holz­einschlägen kommen, um monotone Wirtschaftswälder renaturieren zu können. Wir verfolgen demnach zwei Naturschutzstrategien: im Wald ist es unser Ziel, langfristig der Natur freien Lauf zu lassen. Ganz anders im Offenland: Seltene Lebensräume wollen wir pflegen, um ihren Zustand zu erhalten, beziehungsweise zu verbessern.


DBU aktuell: Welche Beweidungsarten sind geplant?


Wahmhoff: Auf unseren Flächen agieren Weidetiere wie Schafe, Ziegen, aber auch Heckrinder, Konik- oder Przewalski-Pferde als Landschaftspfleger. Die bestehenden Pachtverträge etwa mit den Schäfern werden wir übernehmen. Nach und nach entwickeln wir für alle Liegenschaften sogenannte Naturerbe-Entwicklungspläne, die die konkreten Maßnahmen vor Ort der kommenden zehn Jahre festschreiben. Grundlage für die Planung sind flächendeckende Kartierungen, um die Ist-Situation aufzunehmen und die notwendigen Maßnahmen abzuleiten. Bis wir diese Planungen abgeschlossen haben, werden aber alle Pflegemaßnahmen durchgeführt, die notwendig sind, um jegliche Verschlechterung der Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu verhindern.


DBU aktuell: Werden die Flächen für die Bevölkerung geöffnet?


Wahmhoff: Der Naturschutz hat auf Flächen des Nationalen Naturerbes oberste Priorität. Wir haben aber auch einen Umweltbildungsauftrag. Da, wo es naturschutzfachlich und sicherheitstechnisch möglich ist, wollen wir Naturerlebnisse ermöglichen. Die Besucherlenkung ist auch Teil des Managementplans, den wir natürlich auch vor Ort abstimmen werden. Ich kann mir vorstellen, dass wir einige Wege sondieren und vom Kampfmittelräumdienst räumen lassen, um auch unter Sicherheitsaspekten ein Betreten der Flächen verantworten zu können.


DBU aktuell: Wird es eine touristische Nutzung geben können?


Wahmhoff: Inwiefern eine DBU-Natur­erbefläche für sanften Tourismus geeignet ist, entscheiden nicht nur wir als Eigentümer, sondern vor allem auch die Regionalentwickler vor Ort. Wenn naturschutzfachlich und sicherheitstechnisch keine Risiken bestehen, unterstützen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten das lokale Engagement. Grundsätzlich kann man sagen: Natur erleben gerne, aktives Sporttreiben etwa mit Mountainbikes zeigte sich bislang als eher schwierig umsetzbar.


DBU aktuell: Viele Flächen sind wegen der ehemals militärischen Nutzung munitionsbelastet. Wie vereinbart sich das mit dem Naturerbe-Titel?


Wahmhoff: Die Kampfmittelbelastung variiert nicht nur von Fläche zu Fläche, sondern auch innerhalb der Liegenschaft. Die naturschutzfachlichen Besonderheiten haben sich oft auch aufgrund der militärischen Nutzung entwickeln können. Von daher ist es kein Widerspruch, dass eine munitionsbelastete Fläche trotzdem zum Natio­nalen Naturerbe gehört. Wie wir vor Ort mit der Thematik umgehen, ist ganz unterschiedlich.


DBU aktuell: Auf den Flächen stehen oft auch noch alte Kasernenanlagen. Es gibt Panzerwaschanlagen oder auch lange Fluglandebahnen. Was passiert mit dieser Infrastruktur?


Wahmhoff: Der Rückbau beispielsweise von Kasernen, Bunkern, Straßen oder auch militärischen Stellungen ist für uns seit einigen Jahren ein relevantes Thema. Wir haben insgesamt bereits über 2 Mio. Euro in die Hand genommen, um der Natur ihren Raum wiederzugeben und Teilflächen zu entsiegeln. Allerdings sind unsere Mittel begrenzt, und ihr Einsatz sollte immer wohl bedacht werden.


DBU aktuell: Welche Lebensräume sind für Sie von besonderer Bedeutung?


Wahmhoff: Vor allem die großen, zusammenhängenden Offenlandbereiche mit ihren unterschiedlichen Lebensräumen in ihrer mosaikartigen Verzahnung mit Wäldern halten wir für besonders schützenswert.