DBU aktuell Nr. 07 | 2019

Die Bodenwissenschaftlerin Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner und der Unternehmer Reinhard Schneider teilen sich in diesem Jahr den Deutschen Umweltpreis der DBU. © Andreas Heddergott/TU München und Herbert Piel/P!ELmedia
Die Bodenwissenschaftlerin Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner und der Unternehmer Reinhard Schneider teilen sich in diesem Jahr den Deutschen Umweltpreis der DBU.
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Die Umweltpreisträgerin Kögel-Knabner auf Exkursion mit Studenten © Astrid Eckert, München
Auch die Lehrtätigkeit liegt ihr am Herzen: Kögel-Knabner bei einer Geländeexkursion mit Studierenden.
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Schneider und Mitarbeiter © Herbert Piel/P!ELmedia
Qualitätscheck an der modernsten Abfüll-Linie für »Frosch«-Produkte im neuen Produktionszentrum
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Foyer des Werner und Mertz Verwaltungsgebäudes © Werner & Mertz
Im Zeichen der Nachhaltigkeit: Foyer der Werner & Mertz- Hauptverwaltung mit Baumstämmen, Zierpflanzen und Wasserlauf.

1.) Deutscher Umweltpreis 2019 an Bodenwissenschaftlerin und Reinigungsmittel-Unternehmer

Die Bodenwissenschaftlerin Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner (60) von der Technischen Universität München (TUM) und der Unternehmer Reinhard Schneider (51) aus Mainz, der mit seiner Firma Werner & Mertz in der Wasch- und Reinigungsmittelbranche auf ganzheitliche nachhaltige Produktion setzt, erhalten im Jahr 2019 je zur Hälfte den mit 500.000 Euro dotierten Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). DBU-Generalsekretär Alexander Bonde betonte bei der Bekanntgabe der neuen Preisträger, sie seien „Schrittmacher im Umweltschutz, die Zukunftslösungen liefern für die enormen ökologischen Herausforderungen der Gegenwart. Wir brauchen fundamentale ökonomische, politische und technologische Veränderungsprozesse auf allen Ebenen, um zu einer wirklich nachhaltigen Entwicklung zu finden.“ Den Preis wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 27. Oktober in Mannheim überreichen.

Wissenschaftlerin mit herausragenden Talenten

„Ihre exzellente Forschung stellt die immense Bedeutung des Bodens als Wasser- und Nährstoffspeicher, Lebensspender, Schadstofffilter und Garant für die Welternährung heraus. Ein Meilenstein sind dabei neue Erkenntnisse zur Kohlenstofffixierung im Boden“, sagte Bonde in seiner Würdigung der Geoökologin Kögel-Knabner, Inhaberin des Lehrstuhls für Bodenkunde am Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt der TUM in Freising. Denn Böden seien über die Aufnahme des klimaschädigenden Kohlenstoffdioxids aus der Luft durch Pflanzen zwar einerseits einer der weltgrößten Speicher für Kohlenstoff, aber beim Zersetzungsprozess der Pflanzen gäben sie andererseits auch Treibhausgase frei. Deshalb sei ihre Funktion wichtig für das Klima – und den Verlauf des Klimawandels. Bonde: „Aus der Forschungsarbeit von Frau Kögel-Knabner ergab sich ein völlig neues Verständnis für die Kapazität von Böden, Kohlenstoff aufzunehmen und zu speichern. Vor allem aber lieferte sie Antworten auf die Frage, auf welchen Böden eine Kohlenstoffspeicherung nachhaltig möglich ist, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.“

Um den in den Pflanzenresten gebundenen Kohlenstoff im Boden zu halten, gibt es laut Kögel-Knabner mehrere Mechanismen. „Wenn ein Granit oder ein Basalt verwittert, dann bilden sich Tonminerale“, beschreibt die aus Franken stammende Forscherin einen davon. Tonminerale seien im Mikrometerbereich plättchenförmig aufgebaut, wie eine „Kartenhausstruktur“. In den winzigen Zwischenräumen würden sich pflanzliche Reste einlagern und mit Hilfe mikrobieller Schleime zu organisch-mineralischen Strukturen verkleben – Humus in Form von feinporigen „Krümeln“. Die Poren seien „so klein, dass die Mikroben da nicht mehr herankommen“, sodass diese die Pflanzenrückstände nicht „fressen“ können und der Kohlenstoff darin im Boden bleibe.

„Wenn wir einen Teil des Kohlenstoffs den Mikroben entziehen, dann kann man den im Boden länger halten. Und zwar für Jahrhunderte oder Jahrtausende“, betont die Bodenkundlerin. Doch je wärmer es werde, desto besser arbeiteten die Mikroorganismen im feuchten Boden und desto mehr Kohlendioxid setzten sie frei. Deshalb seien große Effekte auf das Klima durch Temperaturerwärmung in den Permafrostböden, in Alaska, Kanada, Nordskandinavien und Sibirien zu erwarten. In Klimamodellen sei der Boden noch weitgehend unterrepräsentiert, so Kögel-Knabner. Auch der im Juli veröffentlichte IPCC-Bericht des Weltklimarats weist diesbezüglich auf Schwachpunkte hin.

„Dieses bessere Verständnis klimarelevanter Prozesse ist eng verknüpft mit der besonderen Leistung von Kögel-Knabner, neuartige Technologien wie ein hochsensibles Nano-Sekundärionen-Massenspektrometer mit Mitteln der Deutschen Forschungsgesellschaft und innovative spektroskopische Methoden in der Bodenkunde auf Nanometer-Ebene zu etablieren“, hob Bonde hervor. An der TUM habe sie eines der international bedeutsamsten bodenwissenschaftlichen Labore aufgebaut, das sich durch ein breites Spektrum modernster analytischer Methoden auszeichne und ein Mittelpunkt für Wissenschaftler der ganzen Welt sei. „Sie hat quasi Licht ins Erddunkel gebracht und den Boden-Nanokosmos sichtbar gemacht.“

 

Als „Unternehmenspionier“ Neuland betreten

„Mit seiner unternehmerischen Rundum-Nachhaltigkeitsstrategie und hohem persönlichen Engagement hat er den Weg dafür geebnet, dass in einer kompletten Wirtschaftsbranche Umweltinnovationen auf immer höherem Standard etabliert werden konnten. Er hat konsequent ökologische Produkte in einem Massenmarkt mehrheitsfähig gemacht, lebt Nachhaltigkeit in allen unternehmerischen Entscheidungen und sichert sich so das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher.“ Mit diesen Worten würdigte DBU-Generalsekretär Bonde den Inhaber der Firma Werner & Mertz, Reinhard Schneider. Mit zahlreichen Initiativen zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung habe Schneider als „Unternehmens-Pionier“ Neuland betreten: konsequentes Wiederverwerten von Altplastik etwa aus dem Gelben Sack für neue Verpackungen, umwelt- und gesundheitsfreundlich bedruckte Etiketten, regionale Pflanzenöle statt des umstrittenen Palmkern- oder Kokosöls aus tropischen Regionen für die Wasch- und Reinigungsmittel, freiwillige Umweltbetriebsprüfungen des Unternehmens nach den Vorgaben der Europäischen Union – der gelebte Nachhaltigkeitsgedanke sei „national wie international sichtbar“, so Bonde. Diese Haltung manifestiert sich auch in der 2010 eröffneten Hauptverwaltung in Mainz: Dank Sonnenkollektoren, Windrädern und Geothermie erzeugt das Gebäude mehr Energie, als es für Heizung und Kühlung verbraucht.

Trotz um bis zu 20 Prozent erhöhter Produktionskosten des recycelten Plastiks rief Schneider im Jahr 2012 eine Rezyklat-Initiative ins Leben mit Partnern aus Industrie, Handel und Nichtregierungsorganisationen. „Jeder kann das Verfahren nutzen und weiterentwickeln, um den Anteil an Recyclingprodukten schnell zu erhöhen und im Massenmarkt zu etablieren. Damit wird ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Lösung der Plastikproblematik entwickelt“, erläuterte Bonde. Rund 293 Millionen Flaschen rein aus Altplastik – inzwischen auch Verschlusskappen – seien verkauft und liefen seit Juli dieses Jahres in einem neuen Produktionszentrum des Unternehmens vom Band, das ebenfalls wieder selbst hohen Nachhaltigkeitsanforderungen Rechnung trage mit Photovoltaik-Anlagen zur Stromproduktion, Ladestationen für Elektroautos und dem Einsatz von Recyclingbeton. Bonde: „Damit schuf Schneider mit seinem mittelständischen Unternehmen eine der größten Rezyklat-Flaschen-Fertigungen der Welt.“

Zum Gesamtbild des „Pioniers der Kreislaufwirtschaft“, der Circular Economy, gehöre aber auch, dass Schneider seit 2013 in den Rezepturen der Dachmarke „Frosch“ auf heimische Pflanzenöle als Rohstoffbasis setze – auf Stoffe aus Erdöl werde schon seit 1986 ganz verzichtet. „Obwohl Schneider als Unternehmer mit dem Herstellen von Wasch- und Reinigungsmitteln in einem schwierigen ökologischen Umfeld agiert, verkörpert er den Mittelständler mit Haltung, der mit seiner erkennbaren und durchgängigen Einstellung für das Thema Umweltschonung steht“, betonte Bonde und unterstrich: „Die von Schneider ins Leben gerufenen Initiativen zeigen, dass es auch anders geht – und werden sich langfristig ökologisch wie ökonomisch lohnen.“

 

Presstexte, Fotos und O-Töne zum Umweltpreis 2019 finden sich hier.