DBU aktuell Nr. 4 | April 2014

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Entnahme einer Gewässerprobe © Bilddatenbank UFZ
Entnahme einer Gewässerprobe: Mehr als 150 unterschiedliche Arzneimittelrückstände lassen sich in Umweltproben nachweisen.

1.) Pharmarückstände sind in Gewässern unerwünscht

Anfang der 1990er Jahre wurde erstmals ein Arzneimittelwirkstoff in Oberflächengewässern nachgewiesen. Heute lassen sich einer Studie des Umweltbundesamtes zufolge bereits mehr als 150 unterschiedliche Arzneimittelrückstände in Umweltproben finden. Viele von Ihnen treten in Oberflächengewässern auf, einige aber auch im Grund- und Trinkwasser. »Die gemessenen Konzentrationen liegen in Deutschland zwar in einer Größenordnung, bei der man eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen nach heutigem Kenntnisstand ausschließen kann«, erklärt DBU-Chemiefachmann Dr. Maximilian Hempel. Dennoch sei ihr dauerhaftes Vorkommen in Gewässern unerwünscht. Andere Lebewesen sind nämlich nachweislich durch die Mikroschad­stoffe beeinträchtigt. Zwei weniger bekannte Beispiele dazu: Das Antidepressivum Fluoxetin stimuliert die Eiablage bei Muscheln, und der Betablocker Propanolol beeinflusst die Vermehrung bei Fischen.


Nur jeder Vierte genießt technisch aufbereitetes Trinkwasser

Berücksichtigt man aber, dass weltweit nur etwa jeder vierte Mensch Zugang zu einem Abwasser- bzw. Trinkwasser­system hat, so wird deutlich, dass End-of-pipe-Technologien nur einen begrenzten Beitrag zur Lösung des wachsenden globalen Problems leisten können.

Die DBU befasst sich daher bereits seit sieben Jahren ganzheitlich mit dem Thema Pharmaka in der Umwelt, zuletzt verstärkt durch die Förderinitiative »Nachhaltige Pharmazie«. Die Initiative zielt im Sinne eines vorsorgenden und integrierten Umweltschutzes auf Vermeidung und Verminderung von Arzneimittelrückständen in der Umwelt ab. Wie immer sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen angesprochen, entsprechende Anträge einzureichen. Im Kern geht es um

  • die ressourcenschonende und emissionsarme Herstellung von Arzneimitteln (soweit möglich ohne Tierversuche),
  • die Verbesserung der Absorption und Metabolisierung von Wirkstoffen im Körper,
  • optimierte Darreichungs- und Applikationsformen
  • und den Ersatz von umweltproblematischen durch umwelt­verträglichere Stoffe.



Initiative hat bereits Erfolge

Die Förderaktivitäten der DBU haben bereits einige Erfolge vorzuweisen. So konnte Prof. Klaus Kümmerer von der Leuphana Universität Lüneburg zeigen, dass ein nicht biologisch abbaubares und kanzerogenes Zytostatikum zur Krebsbehandlung durch Modifikation seiner Struktur nicht nur umweltverträglicher ist, sondern auch viel besser verträglich für den Patienten.
Positive Ergebnisse zum Kapitel Arzneimitteloptimierung steuert auch eine weitere DBU-Förderinitiative bei: Im Rahmen des Biotechnologie-ChemBioTec-Schwerpunkts der DBU hat ein Verbundvorhaben mit sechs Partnern die Profen­synthese verbessert. Profene wie Ibuprofen und Naproxen sind gängige Antirheumatika und Schmerzmittel. Dank der biotechnologischen Synthese lassen sich gezielt die wirk­samen S-Enantiomeren dieser Wirkstoffe gewinnen, während die chemische Synthese immer ein Gemisch aus S- und den im Molekülbau spiegelbildlichen R-Enantiomeren erbringt. Die Vorteile dieses biokatalytischen Verfahrens sind:

  • die verdoppelte nutzbare Ausbeute,
  • die um 80 % verringerte Abfallmenge,
  • der Ersatz bisher verwendeter Schwermetallkatalysatoren durch Enzyme und nichttoxische Lösungsmittel.

Das bedeutet eine gesteigerte Effizienz und eine deut­liche Umweltentlastung sowie daraus folgend geringere Produktions­kosten.



Ansprechpartner für Projekte zum Schwerpunkt »Nachhaltige Pharmazie« ist:
Dr. Maximilian Hempel, m.hempel@dbu.de

 

Derzeit werden hierzulande und in anderen Industriestaaten bei der Trinkwasseraufbereitung und der Abwasserreinigung zusätzliche Reinigungsstufen erprobt und eingeführt, um Arzneimittel und andere Spuren­stoffe zu entfernen. Einige Projektbeispiele hierzu finden sich im Innenteil dieses Newsletters. Die Vorhaben werden auch bei der internationalen Umweltmesse IFAT in München (4. bis 9. Mai 2014) auf dem Messestand der DBU (Halle A5, Stand 310) gezeigt.