DBU aktuell - Nr. 3 | März 2007

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Zukunftslösung: Ionische Flüssigkeiten
Das besondere Phasenverhalten von ionischen Flüssigkeiten eröffnet neue verfahrenstechnische Möglichkeiten.
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6.) Zukunftslösung: Ionische Flüssigkeiten

Ionische Flüssigkeiten ermöglichen ökonomisch effizientere und umweltfreundlichere Verfahren zur Produktion und Reinigung von Pharmaka, Chemikalien und Brennstoffen. Als eine faszinierende neue Materialklasse bieten »flüssige Salze« eine einzigartige Kombination von Eigenschaften: Wie herkömmliche Salze leiten sie den elektrischen Strom, liegen aber bei Raumtemperatur flüssig vor.

Vor allem zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu konventionellen Lösungsmitteln nicht verdampfen und weder brennbar sind noch zur Verunreinigung der Atmosphäre beitragen. Ihre Nichtflüchtigkeit und ihre besonderen Löslichkeitseigenschaften, gepaart mit ihrem Phasenverhalten bieten besondere verfahrenstechnische Vorteile. Das eröffnet beispielsweise neue Möglichkeiten, Katalysatoren abzutrennen und wiederzuverwerten. Die ionische Flüssigkeit selbst kann in den meisten Fällen zurückgewonnen und erneut eingesetzt werden. Je nach gewählter Kation-/Anion-Kombination ändern sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften. Die große Anzahl an Synthesemöglichkeiten – theoretisch 1018 unterschiedliche Verbindungen – bietet die Chance, gezielt umweltfreundliche Aspekte zu berücksichtigen.

Am Beispiel der Entschwefelung von Dieselöl erarbeitete die Firma Solvent Innovation GmbH (Köln) gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik der Universität Bayreuth und dem Lehrstuhl für chemische Reaktionstechnik der Universität Erlangen-Nürnberg eine neuartige Extraktionsprozedur auf der Basis ionischer Flüssigkeiten. Konventionelle Verbrennungsmotoren emittieren vor allem Stickoxide (NOx) und Schwefeldioxid (SO2), die immer noch erheblich zur Luftverunreinigung beitragen. Sollen niedrige SO2-Konzentrationen erreicht werden, ist beim aktuellen Stand der Entschwefelungstechnik ein hoher energetischer Aufwand notwendig.
Den am Projekt beteiligten Wissenschaftlern gelang es, die Schwefelkonzentration im Diesel auf deutlich unter 10 ppm* zu reduzieren. Dabei halfen ihnen ionische Flüssigkeiten: Wird ein für die Schwefelaufnahme »maßgeschneidertes« flüssiges Salz in das Dieselöl gegeben, erhält man zwei getrennte Phasen; in der einen Phase befindet sich das nun weniger schwefelhaltige Dieselöl, die andere ist aufgrund ihres hohen Aufnahmevermögens stark mit Schwefelverbindungen angereichert. Aufgrund der Dichteunterschiede können die Phasen einfach getrennt werden. Der Vorgang lässt sich nun stufenweise so oft wiederholen, bis der Schwefelgehalt dem geforderten Grenzwert entspricht. Den drei Projektpartnern gelang es, die grundsätzliche Machbarkeit des Verfahrens mit halogenfreien ionischen Flüssigkeiten zu demonstrieren.

Die Vortragsfolien einer vor kurzem im Zentrum für Umweltkommunikation (ZUK/Osnabrück) stattgefundenen Tagung über ionische Flüssigkeiten
finden sich unter:

www.dbu.de/550artikel26069_147.html

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