DBU aktuell Nr. 3 | 2015

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Sehen Sie selbst... © Alexander Habermehl
Sehen Sie selbst... © Deutsche Bundesstiftung Umwelt
PIUS-Experten bei der DBU: Dr.-Ing. Jörg Lefèvre (links) und Dr. Michael Schwake

2.) PIUS verleiht der vielzitierten Nachhaltigkeit Substanz

Anlässlich der Hannover Messe unterhielt sich DBU aktuell mit den beiden DBU-Experten für produkt- und produktionsintegrierten Umweltschutz (PIUS), Dr.-Ing. Jörg Lefèvre und Dr. Michael Schwake.

DBU aktuell: PIUS – das Thema ist ja weder im Umweltschutz noch für die DBU selbst wirklich neu?
Lefèvre: Das stimmt, aber es ist dennoch hochaktuell, kontinuierlich nachgefragt und insgesamt enorm wichtig.

Schwake: Denn es ergeben sich durch Entwicklerkreativität und die Verfügbarkeit neuer technischer Möglichkeiten wie Werkstoffe oder neue Sensorik zur Prozesssteuerung immer wieder innovative Ansätze, die das Thema weiterbringen.

DBU aktuell: Das heißt, die DBU wird in diesem Zusammenhang auch weiterhin zahlreiche Förderprojekte haben und die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Punkt verstärken?

Lefèvre: Definitiv ja. Auch wenn die Strategie seit Jahren bekannt ist: PIUS zählt zu den besten Möglichkeiten, gleichzeitig das Umweltschutzniveau und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und somit die Basis für künftige Weiterentwicklungen zu stärken.

Schwake: Das weltweite Marktvolumen für Umwelt- und Effizienztechnologien lag 2012 schon bei rund 2 Billionen Euro. Es wird sich nach Schätzungen des Greentech-Atlas 3.0 (BMUB 2012) in zehn Jahren mehr als verdoppeln. PIUS hat einen erheblichen inhaltlichen Anteil daran.

DBU aktuell: Was sind für Sie die Kerncharakteristiken von PIUS?

Schwake: Zunächst einmal die eher bekannten Punkte: PIUS setzt am
Ausgangspunkt der Umweltbelastung an und vermeidet damit die Verlagerung von Belastungen in andere Medien. Außerdem verringert es Abfälle durch produktionsinternen Kreislaufschluss und substituiert umweltschädliche Einsatzstoffe und Prozesse. Insgesamt lässt sich also sagen, dass PIUS für ressourcenschonendere und energieeffizientere Prozesse steht.

Lefèvre: Weniger bekannt ist, dass PIUS tatsächlichen Klimaschutz zu vergleichsweise kleinen betriebs- und volkswirtschaftlichen Kosten erreicht, weil er effizienzsteigernd in die Verfahrensabläufe eingreift. Unsere Erfahrungen zeigen, dass das Umweltschutzniveau bei gleichzeitiger Absenkung der produktionsspezifischen Kosten überproportional wächst.

DBU aktuell: Gibt es weitere Plus­punkte?

Lefèvre: Typisch für PIUS sind sehr vielseitige und umfassende Verbesserungen. Zum Beispiel verdient er Geld dadurch, dass weniger Abfälle oder Emissionen entstehen. Und was nicht entsteht, muss auf der Seite des Materialeinkaufs auch nicht bezahlt werden. Aber PIUS erreicht auch Minder­belastungen im Arbeitsplatzumfeld – beispielsweise durch den Entfall von organischen Lösemitteln. Im PIUS steckt also nicht allein Poten­zial für die Umwelt und den wirtschaftlichen Erfolg, sondern ebenso für die Perspektive und Sicherheit der Arbeit – das verleiht der vielzitierten Nachhaltigkeit Substanz.

Schwake: PIUS-Maßnahmen betreffen im Übrigen nicht nur »neue« oder
»umwelttechnikfokussierte« Branchen, sondern sind typisch für die produzierende Wirtschaft in nahezu allen klassischen Branchen.

DBU aktuell: Bei so vielen überzeugenden Vorteilen fragt man sich, warum PIUS-Maßnahmen in der Vergangenheit nicht noch stärkere Verbreitung gefunden haben. Wo also liegen die Hemmnisse oder Schwachpunkte?

Lefèvre: Wer in Produktionsabläufe eingreifen will, um sie zu verbessern, muss sie zunächst tiefgreifend verstehen und exzellent beherrschen. Das kann im Einzelfall mit hohen Kosten
für die Informationsbeschaffung und die Investition selbst verbunden sein.

Schwake: Außerdem verändern Betriebe etablierte, gut funktionierende Produktionsabläufe verständlicher­weise nur ungern.

Lefèvre: Hinzu kommt, dass PIUS durch die hohe Spezifizierung und Individualisierung schwierig standardisierbar und nicht ohne Weiteres transferierbar ist.

DBU aktuell: Das sind durchaus ernstzunehmende Nachteile ...

Schwake: Sicher, andererseits fungiert die ökonomische Attraktivität der PIUS-Maßnahmen in der Gesamtbilanz doch immer wieder als Motor für weitere Innovationen. Die DBU hat in vielen praxisorientieren Projekten innovativen PIUS-Technologien zum Durchbruch verholfen. Viele der geförderten Verfahren sind weltweit präsent und haben den Stand der Technik vorangebracht.

Lefèvre: Und die DBU kann über die jahrelange Fördererfahrung bei PIUS mit konkreten, messbaren Projekt­ergebnissen aufwarten.

DBU aktuell: Als da wären ...

Lefèvre: Im Prinzip die schon genannten: Substitution umwelt- und gesundheitsschädlicher Medien, Minder-Inanspruchnahme von nicht-erneuerbaren stofflichen und energetischen Ressourcen, Stoffkreisschließung etc. Entscheidend ist dabei aber vor allem, dass wir diese Effekte über unsere zahlreichen Förderprojekte hinweg immer wieder aufs Neue belegen und bestätigen konnten.

DBU aktuell: Nennen Sie uns bitte zum Abschluss noch ein konkretes Beispiel.

Schwake: Die Firma H&S Anlagentechnik zeigt auf unserem Messestand in Hannover ein Verfahren zum Recycling von PUR-Weichschaumstoffen. Bis zu 25 % des herkömmlichen Polyols zur Produktion von Matratzen- und Möbel-PU-Schaum lassen sich durch innerbetriebliche Kreislaufschließung ersetzen. Wiedergewonnenes Polyol ist zudem zwischen 25 und 30 % kostengünstiger als Neumaterial.

 

DBU-Talk
»Energiewende – Chancen für Unternehmen«

mit Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel,
Dr. Christoph Zschocke, Vorstand der DENEFF, und
DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann
•    Dienstag, 14. April von 13 bis 14 Uhr am DBU-Stand

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