DBU aktuell Nr. 4 | 2021

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Dr. Gunter Mann Vorstandsmitglied, Präsident, Bundesverband GebäudeGrün e.V. ©BuGG, S. Herfort © BuGG, S. Herfort
Dr. Gunther Mann, Präsident des Bundesverbands GebäudeGrün e.V.
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6.) Interview: Dachbegrünung in Deutschland – Weltspitze mit großen Potenzialen

Dr. Gunter Mann, Geschäftsführer vom Bundesverband GebäudeGrün, Berlin, im Interview über Dachbegrünungen als Überflutungsvorsorge, passende Bepflanzungen und Solar-Gründächer.

DBU aktuell: Guten Tag, Herr Dr. Mann, warum sind Gründächer vor allem für das Stadtklima sinnvoll?

Dr. Gunther Mann: Dach- und auch Fassadenbegrünungen sind tolle Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel: Einmal als Überflutungsvorsorge – hier vor allem die Gründächer mit ihrem großen Wasserspeichervermögen, und einmal als Hitzevorsorge – hier besonders die Fassadenbegrünungen mit ihren hohen Verdunstungsleistungen. Schon einfachere extensive Dachbegrünungen speichern etwa die Hälfte des Jahresniederschlags im Gründachaufbau, entlasten damit die Kanalisation und verbessern die Umgebung durch Verdunstungskühlung und Luftbefeuchtung. Doch auch das bedeutende Thema „Artenschutz/Biodiversität“ wird von Gebäudebegrünung, insbesondere durch sogenannte Biodiversitätsgründächer gut abgedeckt.

DBU aktuell: Welche Pflanzen eignen sich für die Begrünung und müssen Dächer bestimmte bauliche Voraussetzungen haben?

Mann: Bei Extensivbegrünungen nimmt man in der Regel trockenheitsverträgliche Sedum- und Kräuter-Arten, wie man sie aus dem Steingarten kennt. Doch wenn ausreichend Wasser in Form von zusätzlicher Bewässerung zur Verfügung steht, können anspruchsvollere Stauden mit höherer Verdunstungs- und damit Kühlleistung verwenden werden – bei Intensivbegrünungen auch Rasen und Gehölze.
Die zwei wichtigsten baulichen Voraussetzungen für die Umsetzung von Dachbegrünungen sind eine ausreichende Statik, bei Extensivbegrünung etwa 80 – 170 kg/m², bei Dachgärten ab etwa 300 kg/m², und eine wurzelfeste Dachabdichtung. Weitere Punkte sind eine bauphysikalisch geeignete Dachkonstruktion, Entwässerung, Absturzsicherung und Zugang zur Dachfläche.

DBU aktuell: Dachbegrünungen sieht man bisher eher selten im Stadtbild.  Woran liegt das?

Mann: In Deutschland wurden in 2019 immerhin 7,2 Millionen Quadratmeter Dachfläche neu begrünt. Das ist Weltspitze! Jedoch: Das sind nur etwa neun Prozent der im gleichen Jahr entstandenen Flachdachfläche. Wir haben also noch große Potenziale. Es wurde bisher nicht mehr begrünt, weil es leider immer noch viele Vorbehalte gibt, die größtenteils auf Wissensdefizite zurückzuführen sind. Wir müssen also weiterhin Bauende und Planende umfassend informieren und überzeugen – und aus diesem Grund planen wir für Mai 2022, also für nächstes Jahr, eine „Aktionswoche Gebäudegrün“.

DBU aktuell: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell?

Mann: Neben dem vorgenannten Ausgleich der Wissenslücken beschäftigen uns aktuell verschiedene Entwicklungen und Trends der Dachbegrünung, wie beispielsweise Retentionsgründächer, Biodiversitätsgründächer und ganz besonders die Solargründächer! Immer mehr Länder und Städte führen Photovoltaikpflichten ein und übersehen dabei, dass in dem Zuge auch Dachbegrünungen mit vorgeschrieben werden könnten – PV und Begrünung lassen sich nämlich gut miteinander kombinieren. Mit Beachtung bestimmter Planungsgrundsätze, wir nennen es Erfolgsfaktoren, lassen sich dauerhaft funktionierende Solargründächer schaffen.