3.) Bericht zur Tagung der Nobelpreisträger in Lindau
"Laureatentreffen reloaded", titelte Die Zeit über das Treffen der Nobel-
preisträger in Lindau. Vom 26.6. bis 01.7.05 fand das 55. Laureatentreffen
in Lindau statt, mit dabei 49 Nobelpreisträger, 720 Nachwuchswissenschaftler,
darunter vier DBUler.
Dieses Jahr war das Treffen als Interdisziplinäres Treffen gestaltet und
es hat sich auch hier wieder gezeigt, dass in der Interdisziplinarität die
Zukunft der Wissenschaft liegt. Darauf wurde auch von den Preisträgern immer wieder hingewiesen. Manche ausgezeichnete Arbeit eines Laureaten hatte ihren Ausgang oder spätere Anwendungen in der Interdisziplinarität.
Trotz interdisziplinärer Ausrichtung des Treffens 2005 dominierten die Chemie und besonders die Biochemie. Gerade aber die sehr guten Vorträge, die eben nicht zu fachspezifisch waren, haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Insbesondere war es interessant zu sehen, dass auch Nobelpreisträger ganz normale Menschen sind. Also eben nicht solch verwirrte abgedrehte Wissenschaftler, wie man sie sich vielleicht vorher vorgestellt hätte. Alle Nobelpreisträger waren sich einig, dass ein Nobelpreis nicht zu planen ist. Gerade aus den Vorträgen, die etwas tiefer auf die Entstehung einer ausgezeichneten Arbeit eingegangen sind, wurde deutlich, dass einer mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Forschungsarbeit zu allererst eine Fragestellung aus der Natur, Forschung oder Anwendung zugrunde lag. Dieses Problem wurde auf dem bekannten Weg abgearbeitet. Zuerst wurde nach einer Finanzierung gesucht, dann nach Lösungsansätzen und zuletzt nach fachübergreifenden Anwendungen. Einen Nobelpreis gab es letztlich entweder für den fundamentalen Lösungsansatz oder für eine grundlegende Anwendung oder sogar für ein Ergebnis, dass als Nebeneffekt bei der Untersuchung der Grundfragestellung durch Zufall entdeckt wurde. Eines der Hauptanliegen der Laureaten ist die Nachhaltigkeit, so wurde neben „Evolution of Matter, Universe and Life“ und „Biology in the Post-genomic Era“ vor allem „Energy Shortfall and Global Warming“ heiß diskutiert. Eine Woche Lindau Nobelpreisträgertagung vermittelte einem das Gefühl, als junger Wissenschaftler viel für die Zukunft der Menschheit bewirken zu können.
Andererseits wurde am Thema Klimaerwärmung aber auch klar, das man selbst als Nobelpreisträger kaum Gehör findet, wenn den Entscheidungsträgern der politische Wille zum Wandel fehlt. Etwas frustrierend waren hier die Einblicke in Gespräche mit US-Vizepräsident Dick Cheney zum Thema CO2-Emmissionen. Oftmals wurde nur allzu klar, dass die nobelpreisträchtige Grundlagenforschung weit davon entfernt ist, konkrete Lösungen für die unmittelbaren Probleme zu liefern, wie sie in unmittelbarer Zukunft als Auswirkung des Klimawandels auf uns zu kommen. Dieses Dilemma wurde auch von den Laureaten klar erkannt und offen zugegeben, wobei ein ganz klarer Auftrag von der „alten“ an die „junge“ Forschergeneration ging, die Sir Kroto bei der Podiumsdiskussion so formulierte: „We are in big shit. And you young guys better start working to get us out of it. Now!” Besonders schön war zu erleben, dass diese Botschaft durchaus Gehör fand, was sich in vielen abendlichen Diskussionen widerspiegelte. Und in diesem Zusammenhang tat es auch gut, selbst an einem Thema zu arbeiten, das eine gewisse Relevanz in Bezug auf Umweltfragen hat, was uns DBUler von den meisten anderen Jungwissenschaftlern unterschied. Wie vor allem Sir Kroto am Beispiel von der Nanotechnologie eindrucksvoll präsentierte, sollte man trotz aller Widrigkeiten engagiert versuchen, die Freude an der Wissenschaft auch an die Jugend weiterzugeben.
Einen sehr schönen Abschluss fand die Tagung mit einer Besichtigung der Insel Mainau. Um nicht zu sehr darauf einzugehen, welche Alternativen am Bodensee bei 30°C und mehr zur Verfügung stehen, hier nur eine kurze Erwähnung der schwierigen Beziehung DBU-Stipendiat vs. Lindauer-Stechmücke.
Die nachhaltige Befreiung wäre uns (am Happy End) mindestens den Friedensnobelpreis wert gewesen.
Christian Schneider, Cathrin Mucha, Steffen Hettler, Annika Frech - Nobelpreisträgertagung Lindau 2005