Newsletter der Nachwuchsförderprogramme vom 10.09.2021

Infos aus den Nachwuchsförderprogrammen - Nr. 81 - Ausgabe II 2021

Dr. Matthias Stier  © Variolytics GmbH
Dr. Matthias Stier
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8.) Alumni-Portrait Dr. Matthias Stier

Mein Name ist Matthias Stier (39), ich bin Bioverfahrenstechniker und hatte im Zeitraum 2011 bis 2014 ein Promotionsstipendium der DBU. Heute bin ich CEO eines Deep Tech Startups mit Anwendungsfällen in den Bereichen Umweltschutz und Biotechnologie. Bevor ich etwas zu meinem Werdegang berichte, möchte ich sagen: Herzlichen Glückwunsch an alle aktuellen Stipendiatinnen und Stipendiaten! Ihr seid Teil einer einmaligen Gelegenheit mit tollen Möglichkeiten!

Für mich war das Stipendium der alles bestimmende Grundstein meiner beruflichen Karriere. Und das ist nicht übertrieben, denn ohne das Stipendium hätte ich meine damalige Idee nicht umsetzen können. Ich habe mich damals mit dem Thema „Stoffliche Verwertung von Biogas“ beworben. Für mich stand schon früh fest, dass ich mich mit den Themen nachwachsende Rohstoffe, Nachhaltigkeit und Bioökonomie beschäftigen wollte. Wie umfänglich und vielseitig diese Begriffe beleuchtet werden können, lernte ich in meiner Stipendiaten-Zeit durch die Sichtweisen der Mitstipendiatinnen und Mitstipendiaten aus den unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen in den Seminaren und Kolloquien kennen. Ein Leitbild der DBU hat sich schon mit der Einführungsveranstaltung in meiner Sichtweise eingebrannt und hält bis heute an: der „Produktionsintegrierte Umweltschutz“.

Mit der Idee, das Bestehende besser zu machen, entwickelte ich an der Universität Stuttgart Verfahren zur Herstellung von chemischen Speicher- und Rohstoffen aus Biogas. Im Zeitraum meiner Doktorarbeit entstanden weitere Ideen und es gelang mir, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom Fraunhofer Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) weitere Förderprojekte zu akquirieren. Auf diese Weise war es für mich möglich, auch nach meinem Stipendium weiter an diesem Thema zu forschen, eine kleine Arbeitsgruppe aufzubauen und meine Karriere als Wissenschaftler zu starten.

Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen entstand sukzessive noch etwas anderes, nämlich ein Produkt. Für die Pilotanlagen, die wir entwickelten, bestand der Bedarf nach einer Messtechnik, die nicht auf dem Markt erhältlich war. Und wir waren gezwungen, eine eigene Lösung für unser Analytik-Problem zu finden, was letztendlich in einem Patent mündete. Das Messgerät ist in der Lage, in Echtzeit die Konzentrationen aller flüchtigen Stoffe direkt aus Flüssigkeiten und simultan die Zusammensetzung von Gasen zu bestimmen. Es zeigte sich, dass es unzählige Einsatzmöglichkeiten für die flexible Messtechnik gibt, vor allem aber in den Bereichen Umweltmonitoring und Biopharma-Produktion. Dabei stehen vor allem zwei Anwendungsfälle im Vordergrund: zum einen die energetische Optimierung und Reduzierung von Treibhausgasemissionen von Belebungsbecken in Kläranlagen und zum anderen die Ausbeutesteigerung von Bioreaktoren zur Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen. Beflügelt von der Idee, eine Technologie auf den Markt zu bringen, die einen Beitrag zum produktionsintegrierten Umweltschutz leistet, wuchs mein Interesse für Forschungstransfer und Entrepreneurship. Gleichzeitig stellte sich die Frage, weiter die wissenschaftliche Karriere zu verfolgen oder es zu wagen, in die Selbstständigkeit zu wechseln.

Besiegelt wurde die Entscheidung letztendlich, als sich ein vierköpfiges Gründerteam formierte und wir als Fraunhofer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter das zweijährige Förderprojekt Exist Forschungstransfer akquirierten. Auf diese Weise erhielten wir die Möglichkeit, im geschützten Rahmen unsere Prototypen zu entwickeln, die Infrastruktur von Fraunhofer zu nutzen, im März 2020 parallel zur Förderung die Variolytics GmbH zu gründen und an unseren Geschäftsmodellen zu arbeiten. Letzteres fällt selbst einem Natur-/Ingenieurwissenschaftler gar nicht so schwer, vor allem dann nicht, wenn man u. a. aus DBU Seminaren gewohnt ist, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Seit August dieses Jahres ist der Transfer von Fraunhofer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu Vollzeit-Gründern vollzogen. Mittlerweile sind wir ein achtköpfiges Team und es gelang uns, Investoren für das Vorhaben zu gewinnen. Mit dem Investment führen wir Pilotprojekte durch und versuchen uns, am Markt zu etablieren. Die Herausforderungen sind vielfältig, aber der Spaß an der Sache und der Erfahrungsgewinn ist ebenso vielfältig.

Weitere Informationen über mich und mein Unternehmen gibt es auf LinkedIn und auf der Homepage von Variolytics.

Dr. Matthias Stier
DBU-Alumni Promotionsstipendienprogramm