Newsletter der DBU-Nachwuchsförderprogramme vom 19.07.2022

Infos aus den DBU-Nachwuchsförderprogrammen - Nr. 84 - Ausgabe III 2022

Stipendiatenseminar Papenburg März 2022  © Jannik Petry
Stipendiatenseminar Papenburg März 2022
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10.) Logbuch der schriftführenden Stipendiatinnen des Seminars in der Historisch-Ökologischen Bildungsstätte (HÖB) Papenburg vom 20. 03. bis 25.03.2022

Teilnehmende: 20 Stipendiat*innen, Leitung: Dr. Hedda Schlegel-Starmann

Sonntagnachmittag: Ankunft am HAUPTbahnhof Papenburg (Ems), City Center

Kalt und windig, so stellt man sich den Norden vor. Weit und breit kein Bus, da werden 1 ½ h Wartezeit auch schnell mal lang. Irgendwann tritt ein mutiger Teil der Gruppe den Fußmarsch an… und wird 5 Minuten später auf offener Strecke vom Bus eingesammelt. So ist das Abendessen mit Kartoffelpuffer-Frisbees zum Glück auch nicht mehr weit. Der Versammlungsort befindet sich am äußersten Rand des Siedlungsgebiets, aber wir sind heute Abend komplett alleine hier und ab 18:00h schließen die Türen automatisch… zu unserer eigenen Sicherheit. Kein weiterer Kommentar nötig.

19:30h: Bei der Kennenlernrunde zeigt sich, die Herkunftsorte reichen vom Iran bis Oldenburg und die Lieblingstiere inkludieren Kühe und Florfliegen. Bei Bier und Wein rücken alle näher zusammen. Selbst die ersten Vortragenden bewerten ihre Anspannung für den nächsten Tag als „gar nicht mehr so schlimm“. Allerdings zeigt sich ein erstes Aufflammen von Rivalitäten kurz nach der Entdeckung des Kickers (zu Deutsch: Tischfußballtisch).

Montag, 7:45h: Die gesamte Mannschaft wird von strahlendem Sonnenschein wachgeküsst. Laut Vorhersage das zu erwartende Wetter für die ganze Woche. Glücklicherweise hat ein Teilnehmer mitgedacht und eine kleine Tube Sonnencreme dabei… für die ganze, ansonsten unvorbereitete Gruppe.

Bis auf hitzige Diskussionen bzgl. der Vor- und Nachteile von E- und Wasserstoff-Motoren ist ein weitestgehend ruhiger und reibungsloser Ablauf der Vorträge (Themen von Reifenabrieb, über Windkraft bis hin zur Attraktivität von Erdbeerpflanzen) und weiterer Rahmenprogrammpunkte zu verzeichnen. Auffällig ist nur, dass auch ausdrücklich als „Pause“ und zur Nahrungsaufnahme vorgesehene Zeiten einfach weiter für fachliche Diskussionen missbraucht werden. Interessanter Fakt: Wombats kacken Würfel Quader.

14:30h: Geschlossen verlässt die Gruppe das Tagungshaus und begibt sich für eine Reise in die moorige Vergangenheit Papenburgs in die Von-Velen-Anlage (Freilichtmuseum für Lokalgeschichte). Dort wird (natürlich nur zu Demonstrationszwecken) ein Spaten zerbrochen und eine Stipendiatin ins Moor geschickt, wo sie gerade nicht versinkt. Bei Besichtigung der alten Behausungen erfahren wir, früher schliefen in den kleinen Bettnischen 12 Kinder im Sitzen und Teil der Neuerungen im moderneren Steinhaus sind ein Plumpsklo und eine Seitenkammer für die Großeltern, „die gab‘s da nämlich schon“. Vorher lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei 25 Jahren. Die Abtorfung des riesigen Hochmoores war eindeutig ein erbitterter Kampf gegen die Natur. Anschließend gibt es ein Stück Kuchen und ein Tässchen Ostfriesentee, natürlich mit Kluntje (zu Deutsch: Kandiszucker) und Sahne, im Uhrzeigersinn eingeträufelt für die Wölkchen. „Dat weer toll wesen“. Inklusive gab es auch eine Strapazierung der Kaffeetrinker mit typischem Ostfriesenkaffee. Gut, dass man in der HÖB einen Espresso aus dem Automaten bekommt. Viele benutzen die Maschine kostenlos, andere füttern die Metalldose daneben mit 2 €, welche frecherweise auch gleich die 0,50 € Wechselgeld behält.

Abends zeigt sich die DBU zur Freude der ganzen Mannschaft höchst spendabel bzgl. des Getränkegenusses. Während sich Frau Schlegel um 22:00h zurückzieht (und natürlich die Liste mitnimmt) und das bunte Treiben etwas später zur Ruhe kommt, bleibt die Spätschicht standhaft bis 3:00h.

Dienstag 9:00h: Bei einer weiteren Serie hervorragender Vorträge von Biologie, Chemie und Recht bis hin zur Literatur verfliegt die Zeit im Nu. Auch die mit Spannung erwartete Enthüllung des Kampfläufer-Mysteriums wird endlich gelüftet. Gemäß dem neuesten Sicherheitsstandard kann die Luft im Raum bedenkenlos veratmet werden, solange die kleine Box grün leuchtet.

13:00h: Nach der Stärkung mit Vanillepudding mit Schokosoße oder Schokopudding mit Vanillesoße? bricht die Truppe erneut gesammelt auf. Diesmal für eine Radtour quer durch Papenburg. Es gibt hier eine Windmühle und dort noch eine, die Kirche soll wohl eine besondere Orgel haben, wenn das jemanden interessiert, sonst waren die Infos spärlich. Ach ja, da im Kanal liegt noch ein neues, altes Schiff. Als Finale der Tour erreichen wir die Meyer Werft. „Die Delegation der Deutschen Bundesstiftung für UMWELT gratuliert zum neuen Disney-Wish-Kreuzfahrtschiff mit Wasserrutsche ohne Steigung auf Deck!“

20:00h: Hier die Highlights des abendlichen Tag-Ausklingen-Lassens: Die HÖB gibt eine Runde aus als Entschuldigung für das Busdebakel am Anreisetag und es bilden sich zwei volle Wizard Runden zu je 6 Teilnehmer*innen. Unglücklicherweise ziehen ein kaputter Laptop und der damit einhergehende Verlust der kompletten Präsentation eine ungewollte Nachtschicht nach sich. Trotzdem wird der Vortrag am nächsten Tag bestens gemeistert.

Mittwoch 7:30h: Erneut werden wir lieblich geweckt, als unsere Gläser vom Vorabend auf einem Rollwagen klimpernd über den gefliesten Flur davongefahren werden. Etwas später um 9:05h trudelt dann auch der letzte Teilnehmer unter kritischen Blicken zu den Vorträgen ein. Obwohl, er kam nach dem Tadel, also war es wohl wieder ok. Neben Weißklee und Waldvögeln stehen heute intergenerationelle Solidarität und Nachhaltigkeitssoftware auf dem Programm. Erneut wird den ganzen Tag gegessen. Es gab folgende Anmeldungen: 2x vegan, 12x vegetarisch, 6x mit Fleisch. Immer noch ist eine leichte Überforderung der Küche zu beobachten, so ist das eben bei der Pionierarbeit.

14:00h: Schnell herrscht gebannte Stille im Raum. Vom ehemaligen Wissenschaftsastronauten und Missionsspezialisten Hans Schlegel werden wir in unbekannte Welten entführt, bis hinauf zur Internationalen Raumstation (ISS). Aus diesem Blickwinkel geht die Sonne jeden Tag 16-mal auf und unter oder unter und auf? Obenende/Untenende ist da völlig einerlei. Am Ende sind wir alle Astronauten auf unserem Mutterraumschiff Erde. Nicht vergessen, davon haben wir nur ein einziges und es gibt keinen Ersatz.

17:00h: Ein Teil der Gruppe wird rastlos, kein Tag darf ohne erlebtes Abenteuer zu Ende gehen. Kurzerhand wird hinaus auf den See und dann weiter in den Kanal gerudert. Bei voller Fahrt geht ein Mann über Bord, zum Glück landet er trockenen Fußes an Land. Was tut man nicht alles bei einer dringenden/drückenden Angelegenheit. Nachtrag: Natürlich nicht in einem Vorgarten. Totgeschwiegen wird außerdem Folgendes: Ein gewisses Kicker-Team hat sich SEHR für sein erstes und einziges Kicker-Tor gefreut.

Donnerstag 9:00h: Zum letzten Mal versammelt sich die ganze Seminargruppe für die letzten vier spannenden Vorträge. Heute zu Gesundheitseffekten durch menschengemachte Umweltveränderungen, magnetischen Hybridnanopartikeln, neuronal geschädigten Insekten und spekulativem Design.

13:15h: Direkt nach dem Mittagessen drängt die Zeit, die letzte Exkursion steht an: Eine Führung in der Esterweger Dose, dem größten übrig gebliebenen Moorgebiet der Umgebung. Leider wird es in Teilen noch immer weiter abgetorft, ein Ende ist erst 2036 in Sicht. Trotz naturkundlicher Highlights wie Krötenknäulen, blauen Moorfröschen und besonderen Vogelarten wie Raubwürger, Großer Brachvogel, Goldregenpfeifer und Kleinspecht ist die allgemeine Gefühlslage tendenziell deprimiert und ein Akzeptieren der Situation fällt schwer. Teile der Exkursionsgruppe ziehen es vor, die KZ-Gedenkstätte Esterwegen zu besuchen. Kurze Randnotiz: Aus gegebenem Anlass stellen wir fest, „CAT“-Handyhüllen schützen vor Vielem, aber nicht vor Busüberrollungen. Weiter verfahren wird nach §§ 280 I, 241 II BGB iVm. Werkvertrag mit Busunternehmen auf Schadensersatz.


20:00h: Nach einer schönen, auch ein wenig emotionalen Abschlussrunde gehen wir ein letztes Mal über zum abendlichen Pflichtprogram im Wintergarten mit Bier, Wein, Kickern und den besten Gesprächen. Wichtiger Diskussionspunkt: Wie sieht der Nachlauf eines St. Hubertus-Tropfen-Turms im Windkanal aus und wie lange hält er stand? 6,1 m/s sollten da schon drin sein, da kann man fast schon Kitesurfen. Fazit: Wir brauchen einen echten Architekten. Sind da welche hier? Nein, nur ein Designer.

Ausblick auf Freitag 8:00h: Die komplette Stipendiat*innengruppe versammelt sich pünktlich und frisch herausgeputzt vor dem Gästehaus zum Fototermin. Nach dem Frühstück erreichen alle ihre Züge ohne Zeitstress mit den schon bereitstehenden Taxen. – Ein Traum

Es bleibt nicht mehr zu sagen als Danke für die Organisation dieses wundervollen Seminars! Nach zwei Jahren Onlinemeetings und -tagungen wegen Covid-19 ist uns jetzt wieder bewusst, was wir vermisst haben,

und

Danke für unser täglich Brot.

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