DBU aktuell Nr. 09 | 2018

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Gruppenfoto © Deutsche Bundesstiftung Umwelt/ Peter Himsel
Gemeinsame Freude über den Deutschen Umweltpreis (v.l.): DBU-Generalsekretär Alexander Bonde, DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter, Prof. Dr. Antje Boetius, Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, Prof. Dr. Roland A. Müller, Dr. Mi-Yong Lee, Dr. Manfred van Afferden, Wolf-Michael Hirschfeld und Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund.
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Deutscher Umweltpreis 2018: Festrede Steinmeier © Deutsche Bundesstiftung Umwelt / Peter Himsel
»Wasser ist Leben!« Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Festrede.
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Deutscher Umweltpreis 2018: Prof. Dr. Heidi Foth und Bettina Lorenz © Deutsche Bundesstiftung Umwelt / Peter Himsel
Die Mitglieder der Jury des Deutschen Umweltpreises, Prof. Dr. Heidi Foth (l.) und Bettina Lorenz (r.) im Gespräch mit Moderatorin Judith Rakers
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1.) Perspektiven für eine bessere Zukunft – Bundespräsident verleiht Deutschen Umweltpreis

»Sie alle gehen neue Wege beim Umwelt- und Klimaschutz. Sie vollbringen dabei nicht nur Pionierleistungen, Sie zeigen Wege und Auswege, Perspektiven für eine bessere Zukunft. Und das ist unendlich wichtig in dieser Zeit voller Krisen, Umbrüche und Verunsicherung.« Mit diesen Worten würdigte Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier Arbeit und Einsatz der Preisträgerinnen und Preisträger des 26. Deutschen Umweltpreises der DBU. Vor rund 1 200 Festgästen – darunter der jordanische Botschafter Basheer Zoubi, der Parlamentarische Staatssekretär des jordanischen Wasserministeriums, Ali Subah, Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund und der frühere DBU-Umweltpreisträger und Bundesminister a. D. Prof. Dr. Klaus Töpfer – überreichte Steinmeier in Erfurt den höchstdotierten, unabhängigen Umweltpreis Europas an die Meeresbiologin Prof. Dr. Antje Boetius (Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremer­haven) und ein interdisziplinäres Abwasser-Expertenteam aus Leipzig mit Prof. Dr. Roland A. Müller, Dr. Manfred van Afferden, Dr. Mi-Yong Lee und Dipl.-Ing. Wolf-Michael Hirschfeld.

Die DBU betont mit der Auszeichnung die Bedeutung der Meere für Klima, Lebensvielfalt und Nahrungsversorgung und warnt vor Klima­wandel, Umweltverschmutzung und Überfischung. Gleichzeitig soll auch der weiteren Forderung der Vereinten Nationen (UN) Nachdruck verliehen werden, bis zum Jahr 2030 für die Weltbevölkerung sauberes Wasser zur Verfügung zu stellen und eine angemessene Sanitärversorgung für alle und damit deutlich bessere Lebensbedingungen zu gewährleisten.

Meeresschutz ist Klimaschutz

»Wasser ist Leben: Lebenselixier, Lebensmittel, Lebensfreude«, sagte Steinmeier. Daher freue er sich, den Deutschen Umweltpreis Wissenschaftlern zu überreichen, die sich mit dem Schutz von Wasser und den Meeren beschäftigten. In seiner Würdigung der Meeresbiologin Boetius zeigte der Bundespräsident auf, dass der Meeresschutz zugleich Klimaschutz ist: »Von Ihnen habe ich gelernt, dass Bakterien eine ganz wichtige Rolle beim Klimaschutz spielen. Sie bauen Methan ab, ein Treibhausgas, das am Grunde des Ozeans in großen Mengen vorkommt. Diese winzigen Organismen da unten tragen ganz entscheidend dazu bei, dass sich die Atmosphäre nicht noch schneller aufheizt.«

Leitthema der Forschungsarbeiten von Boetius ist die Rolle des Meeresbodens und seiner Bewohner im Ökosystem Tiefsee. Ihre meistzitierten wissenschaftlichen Veröffentlichungen befassen sich mit der marinen Mikrobiologie, speziell mit der sogenannten anaeroben Methanoxidation. Dabei geht es um das Erforschen von Mikroorganismen in der Tiefsee, die unter Ausschluss von Sauerstoff für den Abbau von Methan verantwortlich sind. Das Treibaus­potenzial von Methan ist 25-mal so hoch wie das von Kohlendioxid.

»Die Folgen des Klimawandels sind längst auf der ganzen Welt spürbar, und sie sind existenziell«, mahnte der Bundespräsident. Und fügte hinzu: »Und natürlich ist es fatal, wenn sich einer der größten Treibhausgasemittenten der Welt zurückzieht und die multilaterale Zusammenarbeit sogar insgesamt in Frage stellt. Und dennoch: Wir können und wir werden auch weiterhin Fortschritte machen, wenn wir mit all denen zusammenarbeiten, die weiterhin an multilaterale Lösungen glauben – und die gibt es in allen Teilen der Welt, auch in den USA!«

Dezentrales Abwassersystem als nachhaltige Lösung

Zusammenarbeit über Grenzen zwischen Ländern und Forschungsdisziplinen hinweg, dafür steht auch das Team um die Forschergruppe des Departments »Umwelt und Biotechnologisches Zentrum« des Helmholtz-Zentrums für Umwelt­forschung (Müller, van Afferden, Lee) und den Initiator des Bildungs- und Demonstrationszentrums für dezentrale Abwasserbehandlung, Hirschfeld. »Ihnen ist es gelungen, ein neues flexibles System zu entwickeln, mit dem Abwasser direkt vor Ort geklärt und dann zur Bewässerung verwendet werden kann. Dank Ihres dezentralen Systems wird Jordanien die Menge seines gereinigten Abwassers bis zum Jahr 2025 fast verdoppeln können«, zeigte sich Steinmeier begeistert.

In Jordanien gelang es, die bestehenden Systeme mit dezentralen, flexiblen Abwassersystemen zu ergänzen. Dadurch lässt sich das Abwasser am Entstehungsort behandeln und das Grundwasser vor Verunreinigungen schützen und so als Trinkwasserressource sichern. Bundespräsident Steinmeier verwies darauf, dass die Arbeit der Leipziger Abwasser-Experten viel dazu beitrage, dass Jordanien als eines der wasserärmsten Länder der Welt dem erklärten Ziel der Vereinten Nationen nach sauberem Wasser für alle näher komme, obwohl es durch den Krieg in Syrien mehr als 650 000 Menschen Zuflucht gegeben habe. »Dass Jordanien dennoch Hilfsbereitschaft zeigt, das ist eine Leistung, die gar nicht hoch genug zu schätzen ist«, so Steinmeier.

Als Mitglieder der Jury des Deutschen Umweltpreises gingen Prof. Dr. Heidi Foth, Direktorin des Instituts für Umwelttoxi­kologie an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle, und Bettina Lorenz, Mitbegründerin des Vereins »Zukunft selber machen – Junge Nachhaltigkeits­ideen e. V.« und DBU-Promotionsstipendiatin, auf die Leistungen der Preisträger 2018 ein. Foth würdigte Boetius, weil es ihr gelinge, einen eigentlich sperrigen Forschungsgegenstand in die Gesellschaft hineinzutragen. Zu den Leipziger Preisträgern sagte Bettina Lorenz, sie hätten nicht nur die technologische Leistung zur Entwicklung der Abwassersysteme erbracht, sondern sie auch vor Ort eingesetzt, was für eine technologieorientierte Gruppe eher ungewöhnlich sei.

Deutliche Positionen der Preisträger

Die Preisträger selbst machten in Filmen, die während des Festaktes eingespielt wurden, und im Gespräch mit Moderatorin Judith Rakers ihre Positionen noch einmal deutlich. Antje Boetius sagte, die Tiefsee sei der größte belebte Raum der Erde, von dem aber erst weniger als der Bruchteil eines Prozentes überhaupt erforscht sei. »Während wir erst Entdecker sind, müssen wir schon die ganze Zeit Müll zählen«, berichtete Boetius von der zunehmenden Verschmutzung der Meere. Auf die Frage, was ihr im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen am meisten Sorgen mache, antwortete sie: »Dass alles schneller ist, als unsere Erdsystemmodelle vorhersagen. Das schrumpft unseren Zeitraum, in dem wir noch handeln können.«

Roland Müller vom Leipziger Preisträger-Team wies darauf hin, dass weltweit etwa 90 Prozent des Abwassers nicht oder schlecht behandelt in die Umwelt entlassen würden. Deswegen müsse es das Ziel sein, den Anteil des geklärten, sauberen Wassers für die nächsten Generationen deutlich zu erhöhen. Müller zusammenfassend: »Wir können natürlich als Forscher nicht die Welt retten, aber ich denke, dass unsere Arbeiten gezeigt haben, wie man konkret Beiträge zum Ressourcen­schutz, zur Abwasserbehandlung leisten kann.«

Zu den Gratulierenden gehörten auch die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter, die im Namen des DBU-Kuratoriums eine Erklärung für Vielfalt und Toleranz verlas, sowie DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Musikalisch begleitet wurde die Preisverleihung von dem Berliner Quartett GlasBlasSing, das allein mithilfe von unterschiedlichen, mit Wasser gefüllten Flaschen musizierte – und damit seinen eigenen Weg zu Müllvermeidung und Recycling demonstrierte.

 

Weitere Informationen, Bilder, Videos und die Broschüre zum Umwelt­preis 2018 finden Sie auf der Umweltpreiswebseite oder in unserem flickr Album. Mehr zur Arbeit der Preisträgerinnen und Preisträger auch in DBU aktuell 07/2018.