DBU aktuell Nr. 6 | 2016

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Sehen Sie selbst... © Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Diskutierten aktuelle Fragen des Klimaschutzes (v. l.): Dr. Jens Libbe (DIFU), Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund, BMUB-Vertreter Berthold Goeke und DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann.
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Kommunikation stand in vielen Vorträgen und Workshops der Sommerakademie im Fokus des Interesses.
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Klimaschutz schwierig ...
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... und einfach.

1.) »Wichtig ist der Wille, in größeren Zeithorizonten zu denken«

Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und: Das Pariser Klimaschutzabkommen kann funktionieren, wenn es folgerichtig umgesetzt wird. Allerdings: Jeder Einzelne kann und muss zum Gelingen dieser Jahrhundertaufgabe beitragen. In diesem Sinne lassen sich die Kernbotschaften der diesjährigen DBU-Sommerakademie »Klimaschutz im urbanen Raum im Jahr Eins nach Paris« verstehen. Sie fügen sich in die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission vom 20. Juli 2016 ein. Danach soll Deutschland bis 2030 insgesamt 38 % an Treibhausgasen einsparen auf Basis des Vergleichsjahrs 2005.

DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann ging in seiner Einführung zur Sommerakademie zunächst auf das Konzept des Anthropozäns ein. Diesem liege zugrunde, so Bottermann, dass der Mensch auch im geologischen Maßstab zur gestaltenden Kraft auf dem Planeten Erde geworden sei. Auch aus dieser Debatte resultiere die Einsicht, dass die Menschheit das fossile Zeitalter beenden müsse. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dorthin seien die Pariser Klimaschutzvereinbarungen von 2015. Sie markierten den Startpunkt für einen tiefgreifenden globalen Transformations­prozess, den Deutschland bereits begonnen habe. Das in dem Abkommen formulierte Ziel der globalen Treibhausgasneutralität in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bedeute, dass Deutschland bis 2050 auf den Einsatz fossiler Brennstoffe weitestgehend verzichten müsse. Dazu werde nicht nur die Stromerzeugung auf regenerativen Quellen basieren müssen. Auch der Wärme- und Verkehrssektor müsse bis 2050 im Wesentlichen auf regenerativen Strom umgestellt sein. Die weitere Steigerung der Energieeffizienz sei eine notwendige Voraussetzung, um diese Ziele zu erreichen, fasste der DBU-Chef zusammen.


Konkrete Schritte zur Umsetzung von Innovationen seien insbesondere im urbanen Raum notwendig, erklärte Bottermann in weiteren Statements während der Sommerakademie. Das Erreichen der international vereinbarten Klimaschutzziele sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der jeder Verantwortung übernehmen müsse. Bottermann wörtlich: »Wenn wir es richtig anpacken, dann wird das Pariser Abkommen funktionieren. Die DBU wird ihren Beitrag dazu leisten.«

Bottermann erläuterte außerdem die Ergebnisse von Paris ausführlich. Dieser Part war ursprünglich für BMUB-Staatssekretärin und DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter vorgesehen, die kurzfristig verhindert war.

Anja Siegesmund, Umweltministerin in Thüringen, unterstrich in ihrem Vortrag und im Laufe der Podiumsdiskussion, dass den Kommunen beim Klimaschutz mehr Gestaltungsspielraum eingeräumt werden müsse – zum Beispiel durch kommunales Energiemanagement mit Klimaschutzmanagern. Ressorts sollten sich abstimmen, miteinander reden, nicht nur eigene Interessen im Blick haben. Wichtig sei der Wille, über längere Zeiträume zu denken und verschiedene Formen der Beteiligung zu nutzen, so Siegesmund. Aus Sicht der Ministerin sollten die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengefasst und gleichzeitig andere Zielkonflikte damit aufgelöst werden. Schließlich kündigte Siegesmund an, Thüringen werde den Wärmebereich im Klimagesetz festschreiben.

Berthold Goeke, Leiter der Unterabteilung Klimaschutzpolitik im Bundesumweltministerium (BMUB), stellte in St. Marien­thal das »Aktionsprogramm Klimaschutz 2020« des BMUB vor, nach seinen Worten ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Erreichung der Ziele des 2050-Klimaschutzplans. Aktuell allerdings seien die teilweise widersprüchlichen Forderungen aus dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium sowie aus den Ländern unter einen Hut zu bringen, sagte Goeke.

Das WBGU-Gutachten »Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte« präsentierte Prof. Dr. Sabine Schlacke, Institut für Umwelt- und Planungsrecht IUP Uni Münster. Statt auf immer mehr Verdichtung solle der Städtebau auf Entwicklung in der Region setzen, betonte Schlacke.

Prof. Dr. Ralf Holzhauer, Westfälische Hochschule, stellte die VDI-Initiative Stadt:Denken vor. Die Initiative befasst sich mit der Städteplanung von gewachsenen Städten in Mittel­europa und setzt hier unter anderem auf Schwerpunktthemen wie Mobilität, Energie, Bauen, Demografie und Ressourcen­effizienz.

Prof. Dr. Klaus Sedlbauer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP, wies darauf hin, dass sich die Aspekte des Bauens im Laufe der Zeit verschoben hätten: von der Betrachtung des reinen Baukörpers hin zum Menschen und seinen Wohlfühlansprüchen im Baukörper. Dass es keine Energiewende ohne Wärmewende geben könne, machte Andreas Lücke, Bundesverband der Deutschen Heizungs­industrie, deutlich. Dr. Jens Libbe, Deutsches Institut für Urbanistik, erklärte, dass die Diskussion über eine zentrale oder dezentrale Wärmeversorgung über rein technische und wirtschaftliche Aspekte hinaus auch über politische und soziale Determinanten geführt werden müsse.

Prof. Dr. Markus Große Ophoff, fachlicher Leiter des DBU-Zentrums für Umweltkommunikation, unterstrich in seinem Vortrag die Bedeutung der Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen. Wichtig sei es, Menschen frühzeitig in Prozesse einzubinden und Kommunikation nicht zum Legitimieren von bereits getroffenen Entscheidungen zu missbrauchen.


Das haben die vier Workshops erarbeitet:

Arbeitskreis 1: Erneuerbare Energien/Wärmewende
•    Für eine sinnvolle Entwicklung werden Quartierstypologien (ähnlich Gebäudetypologien), Weiterbildung der Gebäudeenergieberater zu Energiekonzepterstellern und neue Beteiligungsformen benötigt. Ziel dabei ist es, erfolgreiche ländliche Formate auf die oft heterogenere Bevölkerung und die anderen Sozialstrukturen im urbanen Raum übertragen zu können.
•    Betrachtete Szenarien zu den Herausforderungen der Wärmewende im Kontext der Energiewende unter Kosten­aspekten zeigen: Das Erreichen des Klimaschutzziels im Wärmebereich erfordert neben einer Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes einen erheblichen Anstieg der Nutzung erneuerbarer Energien.

Arbeitskreis 2: Klima- und ressourcenschonendes Bauen
•    Die Bau- und Wohnungswirtschaft muss mit neuen innovativen Maßnahmen und Methoden dazu beitragen, dass die in Paris verabschiedeten Klimaziele erreicht werden können.
•    Um den Flächenverbrauch durch den Rohstoffabbau signifikant zu reduzieren, sind Recyclingkonzepte notwendig. Interessante Projekte zur Thematik »multifunktionale Flächen­nutzung« sind auch im Jahresbericht 2015 zu finden sowie hier.

Arbeitskreis 3: Zukunft Quartier – das nachhaltige Quartier 2050
•    Quartiersentwicklung ist kein statischer Ansatz, sondern ein permanent andauernder, dynamischer Prozess.
•    Innerhalb von Leitplanken sollten »Ermöglichungs­räume« beispielsweise in Form von Reallaboren oder Experimentierfeldern geschaffen werden, um Entwicklungen von unten Freiräume zu geben.

Arbeitskreis 4: Kommunikation für den Klimaschutz
•    »Akteure müssen zu Beteiligten« gemacht werden.
•    Im Kommunikationsmix auch und gerade im digitalen Zeitalter hat die persönliche Ansprache weiterhin einen hohen Stellenwert.

Zum Thema »Nachhaltigkeit erfahren« ist vor kurzem auch ein neues Buch in der Buchreihe »DBU-Umwelt­kommunikation« erschienen (Näheres siehe Seite 4).

Die ausführlichen Ergebnisse der Arbeitskreise sind hier nachzulesen.