DBU aktuell Nr. 03 | 2019

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Constanze Fuhrmann © Michael Münch/DBU
Neue Leiterin des DBU-Fachreferats "Umwelt und Kulturgüter": Constanze Fuhrmann
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9.) Neues aus Kuratorium und Geschäftsstelle: „Dem Kulturgüterschutz wieder mehr Sichtbarkeit verschaffen“ – drei Fragen an Constanze Fuhrmann

Die Bewahrung und Sicherung national wertvoller Kulturgüter ist eines der zwölf expliziten DBU-Förderthemen und bereits im Gründungsgesetz der Stiftung verankert. Seit dem 1. April präsentiert sich das traditionsreiche Thema mit einem neuen Gesicht: Constanze Fuhrmann, M.A., M.Sc., leitet ab sofort das DBU-Fachreferat „Umwelt und Kulturgüter“. DBU aktuell sprach mit ihr über ihre Schwerpunkte und Ziele.


DBU aktuell: Frau Fuhrmann, vor Ihrer Tätigkeit bei der DBU waren Sie im Fraunhofer Büro in Brüssel und dann am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt tätig. Woran haben Sie gearbeitet?

Constanze Fuhrman: In Brüssel habe ich Forschungspolitik insbesondere im Hinblick auf Kultur- und Nachhaltigkeitsthemen betrieben. So versuchten wir beispielsweise, Kulturerbeforschung in das 8. Forschungsrahmenprogramm der EU, Horizont 2020, einzubringen. Denn im Vorschlag der Europäischen Kommission fand dieser für Europa und für Deutschland so wichtige Forschungsbereich keine Berücksichtigung mehr. Das war verheerend. Dank umfassender politischer Aktivitäten ist es uns letztendlich gelungen, Kulturerbeforschung wieder erfolgreich zu verankern.

Weiter war ich in Brüssel für die Entwicklung und Koordination von Forschungsprojekten zuständig. Ein wichtiger Punkt ist für mich immer die Verbindung von Kulturgüterschutz und Nachhaltigkeitsaspekten, schon während meines Studiums am Centre for Sustainable Heritage des University College London. Umso spannender war es für mich daher, an dem EU-Projekt „Climate for Culture“ intensiv mitzuarbeiten. Erstmals wurden hier die Auswirkungen des Klimawandels auf Kulturgut untersucht und Erhaltungsstrategien entwickelt.

Am Fraunhofer IGD habe ich die Abteilung für Digitalisierung von Kulturerbe aufgebaut, die Scantechnologien zur 3-D-Digitalisierung für die Industrie und für Kulturgüter entwickelt. 3-D-Scans ermöglichen es, Kulturgüter zu visualisieren und zu dokumentieren, Restaurierungsmöglichkeiten zu erkunden und archäologische Fundstücke nachzubilden, deren Originale nicht ausgestellt werden können.

DBU aktuell: Was fasziniert Sie an einer Tätigkeit für die DBU?

Fuhrmann: Die DBU arbeitet auf der Höhe des Zeitgeistes zu gesellschaftlich relevanten Themen wie Klimawandel und Digitalisierung und nimmt sie in ihre Förderung auf. Sie ist eine der wenigen Einrichtungen, die erkannt haben, dass Natur- und Kulturerbe von klimatischen Veränderungen beeinflusst werden und dass neue Methoden im Kulturgutschutz notwendig sind, um unser kulturelles Erbe nachhaltig zu bewahren. Die DBU trägt hier mit dem Referat „Umwelt und Kulturgüter“ wesentlich dazu bei, historische Zeugnisse vor schädlichen Umwelteinflüssen zu bewahren. Auch ist die DBU in Deutschland der einzige potenzielle Fördermittelgeber für Forschung und Innovation im Kulturgüterschutz, da es kein nationales Forschungsprogramm in dem Bereich mehr gibt. Das macht die Stiftung einzigartig.

DBU aktuell: Was möchten Sie mit Ihrer DBU-Tätigkeit erreichen?

Fuhrmann: Ich möchte durch meine Arbeit bei der DBU einen Beitrag zu Natur- und Kulturschutz in Deutschland leisten und Einrichtungen die Möglichkeit geben, in ihrer Disziplin zu forschen. Dies ist sehr wichtig, denn es bedarf der kontinuierlichen Forschung, um restauratorische Fragestellungen zu ergründen und neue Restaurierungs- und Konservierungstechniken für sich wandelnde Herausforderungen zu entwickeln. Innovative Erhaltungsstrategien aus der Wissenschaft sind unabdingbar, damit die Potenziale des kulturellen Erbes überhaupt genutzt werden können. Dazu möchte ich das DBU-Förderprogramm weiter etablieren und dabei an meine Vorgänger anknüpfen. Es geht mir besonders darum, den Kulturgüterschutz stärker in der Gesellschaft zu verankern und ihm wieder mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Die Appelle „Kulturerbe ist die Zukunft Europas“ sowie „Zukunft braucht Heimat: Forschung für den Erhalt des Kul-turerbes“, die beide im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres formuliert wurden, sind bereits wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Darüber hinaus ist es mir eine Herzensangelegenheit, das Thema Digitalisierung stärker in meiner Fachdisziplin zu platzieren. Denn der Einsatz digitaler Technologien bietet eine große Chance für den Kulturerbebereich, beispielsweise für präzise Bauaufnahmen, die Visualisierungen von Bauzuständen oder die Schadensdokumentation.

 

Zur Person:

Constanze Fuhrmann verfügt über langjährige Berufserfahrungen in der Denkmalpflege und Restaurierung sowie im Programm- und Projektmanagement im Bereich Forschungs- und Kulturpolitik. Bis zu ihrem Einstieg bei der DBU arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Digitalisierung von Kulturerbe des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt. Zuvor war sie als wissenschaftliche Referentin im Fraunhofer Büro in Brüssel, Netzwerk Nachhaltigkeit und Forschungsallianz Kulturerbe, tätig, wo sie EU-Forschungsprojekte und die Entwicklung von Forschungsanträgen verantwortete sowie Interessensvertretung betrieb.

Nach ihrer Ausbildung zur Restauratorin absolvierte Constanze Fuhrmann ihr Magisterstudium 2007 in Kunstgeschichte, Geschichte und Kulturwissenschaften an der Technischen Universität und der Humboldt-Universität in Berlin und erhielt 2009 einen Master of Science vom University College London, Centre for Sustainable Heritage. In ihren Abschlussarbeiten »Der Erhalt der Nachkriegsmoderne in New York City – eine denkmalpflegerische Debatte« und »Public-Private Partnerships: a suitable option for heritage management?« widmete sie sich Themen zur Denkmalpflegetheorie und zum Kulturerbemanagement.

Seit 1997 ist Constanze Fuhrmann wissenschaftlich und praktisch tätig gewesen im Bereich Denkmalpflege, Restaurierung und Baukulturvermittlung, so unter anderem bei der Fraunhofer-Gesellschaft, der Bundesstiftung Baukultur, dem National Trust UK und verschiedenen Restaurierungsfirmen.